Boliviens Präsident Evo Morales
AP/Juan Karita
Bolivien

Morales kündigt Rücktritt an

Nach 13 Jahren als Präsident Boliviens hat Evo Morales seinen Rücktritt erklärt. Er habe dem Parlament ein Rücktrittsschreiben geschickt, sagte der linke Staatschef in einer Fernsehansprache am Sonntag. „Unser großer Wunsch ist es, dass der soziale Frieden wiederkehrt“, sagte er. Er sprach aber auch davon, dass seine Gegner einen „Bürgerputsch“ angezettelt hätten.

Auch sein Vizepräsident Alvaro Garcia Linera trat zurück. Zuvor hatte Morales eine Neuwahl nach der umstrittenen Präsidentenwahl vor drei Wochen angekündigt, nachdem die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in einem vorläufigen Bericht Manipulationen bei der Präsidentenwahl vor drei Wochen festgestellt hatte.

Dadurch hatte sich die Situation jedoch nicht beruhigt. Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Williams Kaliman, und der Polizeichef, Vladimir Calderon Mariscal, traten unabhängig voneinander am Sonntag vor die Kameras und forderten Morales im Sinne des Friedens zum Rücktritt auf.

Rücktrittswelle in der Regierung

Zudem erklärten mehrere Kabinettsminister sowie der Präsident der Abgeordnetenkammer, Victor Borda, und die Chefin des Wahltribunals, Maria Choque Quispe, ihre Rücktritte. Die Generalstaatsanwaltschaft kündigte Ermittlungen gegen Mitglieder des Wahltribunals wegen der Unregelmäßigkeiten bei der Wahl an.

Boliviens Präsident Evo Morales
AP/Enzo De Luca
Morales war am Wochenende zunehmend unter Druck geraten – auch die Chefs von Polizei und Armee forderten seinen Rücktritt

Der Oppositionsführer Luis Fernando Camacho brachte inmitten einer riesigen Menschenmenge ein Rücktrittsschreiben für Morales zum Präsidentenpalast in La Paz, wie die Zeitung „El Deber“ berichtete. Es gab auch Berichte von neuer Gewalt – unter anderem soll das Haus der Schwester von Morales angezündet worden sein.

Morales spricht von Haftbefehl

Morales selbst hatte auf Twitter erklärt, dass die Polizei einen „illegalen“ Haftbefehl gegen ihn erlassen habe und dass „gewalttätige Gruppen“ sein Haus angegriffen hätten. Der Chef der bolivianischen Polizei äußerte dagegen in einem Fernsehinterview, es gebe keinen Haftbefehl gegen Morales.

Mexiko bot Morales indes Asyl an, wie der mexikanische Außenminister Marcelo Ebrard gestern (Ortszeit) auf Twitter schrieb. Sein Land habe in seiner Vertretung im bolivianischen La Paz bereits 20 Angehörige der dortigen Regierung und des Parlaments aufgenommen. Sollte Morales sich so entscheiden, würde Mexiko auch ihm Asyl anbieten, schrieb Ebrard.

Zum Rücktritt von Morales twitterte er, Mexiko lehne die in Bolivien laufende „Militäroperation“ ab. Er sprach von einem Putsch – ebenso wie die Präsidenten der sozialistisch regierten Länder Venezuela und Kuba, Nicolas Maduro und Miguel Diaz-Canel. Auch Alberto Fernandez, der gerade gewählte nächste Präsident Argentiniens, schrieb, sein Land müsse jede Art von Putsch kategorisch ablehnen.

Seit 2006 Präsident

Nach der ersten Runde der Präsidentenwahl am 20. Oktober hatte sich Morales direkt zum Sieger erklärt, obwohl die Opposition, aber auch die OAS und die EU erhebliche Zweifel anmeldeten. Seitdem lieferten seine Anhänger und Gegner einander fast täglich heftige Auseinandersetzungen. Mindestens drei Menschen kamen ums Leben.

Demo in La Paz (Bolivien) gegen Präsident Evo Morales
Reuters/Carlos Garcia Rawlins
Die Protestbewegung gegen Morales wurde in den letzten Tagen größer

Morales regierte Bolivien seit 2006. Der 59-jährige frühere Koka-Bauer hatte sich zum dritten Mal zur Wiederwahl gestellt, obwohl die Verfassung höchstens eine Wiederwahl vorsieht. Morales überwand diese Hürde mithilfe der Justiz, die die Begrenzung der Amtszeiten als Verletzung seiner Menschenrechte bezeichnete.

Der linke Staatschef hatte offen gelassen, ob er bei der Neuwahl antreten wolle. Im Interview mit dem venezolanischen Fernsehsender Telesur betonte er, dass sein Mandat noch bis zum 22. Jänner laufe. Er verzichte auf seinen Wahlsieg, um den sozialen Frieden zu bewahren, sagte Morales. Einen Termin für die Neuwahl nannte er nicht.