Kassiererin im Einzelhandel
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Handels-KV

Versammlungen sollen Verkauf stören

Nachdem auch die dritte Runde keine Einigung beim Kollektivvertrag für den Handel gebracht hat, hat es am Donnerstag zahlreiche Betriebsversammlungen gegeben. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlreicher Handelsketten machten mit. Forderung und Angebot bei den Gehältern liegen unterdessen immer noch weit auseinander.

Noch bevor die dritte Runde am Dienstag scheiterte, kündigte die Gewerkschaft mit den Versammlungen ihre nächsten Schritte an. Am Donnerstag gab es rund 30 Versammlungen, darunter bei Interspar, Sports Direct, Obi, Libro, Canon und BMW Wien, so die Gewerkschaft. Zu Mittag wurden diese unterbrochen. Jede einzelne bis zum nächsten Verhandlungstermin anberaumte Betriebsversammlung wird nach Versammlungsende für den jeweiligen Betrieb unterbrochen.

Insgesamt sind von den Verhandlungen 413.000 Angestellte und 15.000 Lehrlinge betroffen. Knapp zwei Drittel der Angestellten im Handel in Österreich sind Frauen, im Einzelhandel liegt der Frauenanteil noch etwas höher. Viele Frauen arbeiten Teilzeit. Die Gewerkschaft forderte ein „faires Angebot“ – das sah man nach den Verhandlungen am Dienstag aber offenbar nicht erfüllt.

Arbeitgeberseite erhöhte Angebot

Die Arbeitgeberseite erhöhte in der dritten KV-Runde ihr Gehaltsplus-Angebot um 0,1 Prozentpunkte auf 2,0 Prozent. Auch eine Steigerung der Lehrlingsentschädigungen von 7,33 Prozent wurde bestätigt. Damit ist man aber immer noch weit von der Forderung der Arbeitnehmerseite entfernt: Die Gewerkschaft wollte zu Beginn der KV-Verhandlungen Ende Oktober nämlich ein Plus von durchschnittlich 4,4 Prozent, drei Freizeittage und 130 Euro Schulstartgeld für Lehrlinge.

Kärntner Straße
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In über 200 Betrieben wurden Versammlungen genehmigt, das könnte auch den Einkauf beeinträchtigen

Verhandler loben positives Klima

Trotz der großen Differenz sah man die Gespräche auch positiv: „Die Verhandlungen fanden heute zwar in einem konstruktiven Klima auf Augenhöhe statt, dennoch liegt das letzte Angebot der Arbeitgeber von zwei Prozent Gehaltsplus noch immer weit von dem entfernt, was sich die Beschäftigten im Handel verdient haben“, so die gewerkschaftliche Verhandlungsleiterin der GPA-djp, Anita Palkovich, in einer Aussendung.

Palkovich machte vor allem auf die Situation in den unteren Gehaltsgruppen aufmerksam. Dort fordere man „eine faire Erhöhung, um ein Mindestgehalt im Handel von 1.700 Euro endlich umzusetzen“, so Palkovich.

Vonseiten der Wirtschaftskammer sah man unterdessen eine Annäherung. WKÖ-Handelsobmann Peter Buchmüller lobte „das gute Gespräch“ in der dritten Verhandlungsrunde. „Es hat eine leichte Annäherung gegeben“, sagte Buchmüller gegenüber der APA. Die nächste Verhandlungsrunde steht dann nächste Woche auf dem Programm. Buchmüller zeigte sich optimistisch, dass am 21. November ein Abschluss möglich sei.

Verweise auf Umsatz und Kaufkraft

Laut „Standard“ verwies Buchmüller zuletzt darauf, dass von den rund 80.000 Betrieben gut 40 Prozent mit Umsatzeinbußen kämpfen würden. Er beruft sich dabei auf Zahlen der KMU Forschung Austria, wonach 41 Prozent der Einzelhändler zwar Zuwächse erzielten, 41 Prozent aber auch Einbußen hinnehmen mussten.

Demgegenüber steht die Position der Gewerkschaft: „Die über 400.000 Handelsangestellten haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Konjunktur- und Kaufkraftentwicklung im Land. Die Umsatz- und Gewinnentwicklung des Handels gibt eine ordentliche Gehaltserhöhung her und die Arbeitgeber sollten bedenken, dass jeder zusätzliche Euro wieder in den Inlandskonsum fließt.“

Einigung im Vorjahr nach fünf Runden

Aktuell liegt das kollektivvertragliche Mindestgehalt für Vollzeitangestellte im alten Handels-KV bei 1.634 Euro brutto pro Monat, das sind 1.307 Euro netto laufender Bezug, und im neuen KV bei 1.677 brutto oder 1.334 Euro netto.

Seit Dezember 2017 gilt der neue, reformierte Handels-KV. Die rund 80.000 Handelsbetriebe haben allerdings bis Ende 2021 Zeit, auf das neue Schema umzusteigen. Die großen Handelsketten haben laut Gewerkschaftsangaben noch nicht auf den neuen Handels-KV umgestellt. Laut WKÖ-Angaben verwenden aber schon zahlreiche kleine und mittlere Händler sowie neu gegründete Handelsbetriebe den reformierten Handels-KV.

Im Vorjahr hatten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach fünf Verhandlungsrunden Mitte Dezember für 2019 auf ein Gehaltsplus zwischen 2,5 Prozent und 3,2 Prozent geeinigt. In der ersten Runde der KV-Verhandlungen fixieren die Sozialpartner üblicherweise die heranzuziehende Inflationsrate.