Kräne und Berge an Plastikmüll
Reuters/Willy Kurniawan
Giftiger Brennstoff

Müll aus Westen in Indonesiens Tofufabriken

Nach der Weigerung Chinas, weiter Müll aus westlichen Ländern zu importieren, hat zuletzt auch Indonesien Einschränkungen angekündigt. Derzeit landet in dem südostasiatischen Land allerdings noch so viel Plastikmüll wie nie zuvor. Durch die Müllberge verschwinden nicht nur grüne Reisfelder – der Müll aus dem Westen landet in Form giftiger Chemikalien auch in der Nahrungskette.

Hintergrund dafür sei, dass der zum Recyceln nach Indonesien geschickte Plastikmüll als Brennstoff genutzt werde, wie die „New York Times“ („NYT“) und die „BBC“ mit Verweis auf eine aktuelle Studie der international tätigen Umweltschutzorganisation IPEN berichteten.

Diese wies in Eiern aus Indonesiens Plastikabfallhotspots wie Bangun und Tropodo alarmierende Konzentrationen von Dioxinen, Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) und anderen verbotenen Chemikalien nach, wie aus der Studie „Plastic waste poisons Indonesia’s food chain“ (Plastikmüll vergiftet Indonesiens Lebensmittelkette, Anm.) hervorgeht.

Nur in Vietnam noch höhere Dioxinwerte

Besonders betroffen sei die Umgebung von Tofufabriken und -küchen, in denen die Plastikabfälle als Brennstoff genutzt werden. Alarmierend sei den IPEN-Angaben zufolge allein die Überschreitung der Dioxin-Grenzwerte. Diese liege bis zu 70-mal über den europäischen Sicherheitsstandards. Noch höhere Werte habe man in Asien bisher nur im vietnamesischen Bien Hoa, wo während des Vietnam-Krieges von den USA das Entlaubungsmittel Agent Orange eingesetzt wurde, nachgewiesen, wie es in dem IPEN-Report dazu weiter heißt.

Die Studie, an der auch die Umweltschutzorganisationen ECOTON, Nexus3 und Arnika beteiligt waren, „ist die erste, die eine Kontamination der Nahrungskette in Südostasien mit hohen Konzentrationen an gefährlichen Chemikalien als Folge von Misswirtschaft und Plastikmüllimporten nachweist“, wie IPEN dazu anmerkt.

Die Ergebnisse seien „eindeutig“ und „veranschaulichen die Gefahren von Kunststoffen für die menschliche Gesundheit und sollten die Entscheidungsträger dazu bewegen, die Verbrennung von Kunststoffabfällen zu verbieten, die Umweltverschmutzung anzugehen und Importe streng zu kontrollieren“, wie Studienmitautor Lee Bell gegenüber der „NYT“ dazu noch sagte.

Plastikmüll
APA/AFP/Juni Kriswanto
In Bangun wird Plastikmüll von den lokalen Tofuproduzenten als Brennstoff verwendet

Mikroplastik im Trinkwasser

Gleichzeitig handelt es sich nicht um die erste Warnung vor den folgenschweren Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen des internationalen Müllgeschäfts. Das Verbrennen von Plastikmüll hat etwa auch einen Anstieg von Atemwegserkrankungen zur Folge. Die Deutsche Welle verweist zudem auf Mikroplastik, das von ECOTON nahe Bangun im Grundwasser und einem nahe gelegenen Fluss nachgewiesen wurde, der von Millionen Menschen als Trinkwasserquelle genutzt wird.

Laut Prigi Arisandi von ECOTON sei mit Blick auf die überquellenden Müllhalden der großen Städte in Indonesien schon der eigene Müll ein großes Problem. Dazu liefern die USA, Kanada, Neuseeland, Australien und Europa einen immer größerer Müllberg. Geht es nach der indonesischen Statistikbehörde, gab es allein im Vorjahr einen Zuwachs von 141 Prozent.

142 Container wieder zurückgeschickt

Seit China seine Grenzen für praktisch alle verunreinigten Kunststoffreste im vergangenen Jahr dichtgemacht hat, wird immer mehr Müll aus Industrieländern nach Malaysia, die Philippinen und Indonesien verschifft. Doch auch diese Länder wehren sich zunehmend dagegen, den Müll reicher Industriestaaten zu entsorgen. Umweltschützer in Indonesien haben die Regierung dazu aufgerufen, die Einfuhr von Plastikmüll aus dem Ausland stärker zu regulieren.

Container mit Plastikmüll
APA/AFP/Dhany Krisnady
Verunreinigter Plastikmüll: In Indonesien wurde fraglichen Mülllieferungen zuletzt immer wieder die Einfuhr verweigert

Zuletzt mehrten sich Berichte über wieder zurückgeschickte Mülllieferungen. So verweigerten im September die indonesischen Zollbehörden die Einfuhr von 142 aus Australien, den USA, Großbritannien und Spanien stammenden Containern mit der Begründung, dass der geladene Plastikmüll zu stark mit giftigen Stoffen verunreinigt sei.

ASEAN-Kampfansage gegen Plastikmüll

Bereits im Juni kündigte zudem die Südostasiatische Staatengemeinschaft (ASEAN) eine härtere Gangart in Sachen Plastikmüll an. In der „Bangkoker Erklärung zum Kampf gegen die Meeresverschmutzung“ verpflichten sich die ASEAN-Mitglieder Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam allerdings nur, die in ihren Ländern produzierten Abfälle im Meer bis zum Jahr 2025 „in bedeutendem Umfang zu reduzieren“.

Nach einem Bericht der Organisation Ocean Conservancy sind fünf asiatische Staaten – China, Indonesien, die Philippinen, Vietnam und Thailand – für mehr als die Hälfte der geschätzten acht Millionen Tonnen Plastikmüll verantwortlich, die jedes Jahr in den Meeren landen. Ob und wie viel davon aus westlichen Ländern stammt, bleibt offen – die Exporte Richtung Südostasien seien laut Deutscher Welle aber wohl ein Grund, wieso Müll aus dem Westen „eben doch im Meer landet“.

Schließlich stellt die indonesische Umweltschutzorganisation Nexus3 infrage, ob beanstandete Mülllieferungen tatsächlich wieder in ihre Ursprungsländer zurückgeschickt werden. Hintergrund sei der Verdacht, wonach gestoppte Abfalltransporte nicht an ihre Absender zurückgegeben, sondern „nach Indien, Thailand, Südkorea und Vietnam umgeleitet“ worden seien.