Justiz braucht 2020 laut Bericht 90,6 Mio. Euro mehr

Die Justiz braucht – nach langem „Niedersparen“ – 2020 um 90,6 Mio. Euro mehr, um den Status quo aufrechtzuerhalten. In den großen Problembereichen (Kanzleipersonal, Strafvollzug, Bundesverwaltungsgericht/Asyl, Sachverständigen- und Dolmetschermangel) wären aber damit noch nicht gedeckte größere Schritte nötig, geht aus dem Wahrnehmungsbericht von Justizminister Clemens Jabloner hervor.

55 Seiten mit Maßnahmen und Empfehlungen hat der Übergangsressortchef rechtzeitig vor Start der Budgetverhandlungen Bundespräsident, Bundeskanzlerin und den Parteien vorgelegt. Darunter findet sich auch eine für die laufenden Koalitionsverhandlungen interessante Empfehlung: Das Justizministerium sollte wieder auf seinen Kernbereich zurückgeführt werden – also der 2017 zur Justiz übersiedelte Verfassungsdienst ins Bundeskanzleramt zurückkehren.

Als ein Ergebnis der Arbeitsgruppe zum Bereich Staatsanwälte/Ermittlungen kündigt Jabloner an, dass die Staatsanwaltschaften künftig das bloße Einlangen einer Anzeige gegenüber Medien nicht mehr bestätigen. Anzeigen sind – nicht zuletzt im heurigen Wahlkampf – zu einem nicht selten auch gegen politische Mitbewerber eingesetzten Mittel geworden.

Sie führen aber nicht immer zu Ermittlungen, sondern werden oft auch wegen mangelnder Substanz zurückgelegt. Deshalb soll, wird im neuen Medienerlass verfügt werden, künftig erst dann Auskunft erteilt werden, wenn die Entscheidung – Einleitung der Ermittlungen oder nicht – gefallen ist.

Jabloner beklagt Personalmangel

Im Personalbereich habe das „Niedersparen“ des gerichtlichen Fachdienstes 300 Planstellen gekostet. Die Leistungsfähigkeit der Gerichte sei bereits schwer beeinträchtigt, es gebe „gravierende Qualitätseinbußen und Verfahrensverzögerungen“. Deshalb plädiert Jabloner für den „Stopp des Konsolidierungspfades“ und 100 neue Posten im Kanzleibereich.

20 Planstellen mehr brauchten Staatsanwaltschaften und Gerichte angesichts der neuen Bedrohungen wie Terrorismus und Cybercrime. Das Bundesverwaltungsgericht könnte nur mit zehn Richtern und 40 juristischen Mitarbeitern mehr den großen Rucksack an Asylverfahren aus der Flüchtlingswelle abbauen.

Auf mehr Personal pocht Jabloner auch für den Strafvollzug, außerdem sollte mittelfristig das Justizwachepersonal in die Schwerarbeiterregelung aufgenommen werden. Um die „sachlichen und personellen Schwachstellen“ in Griff zu bekommen, seien aber dringend Reformen, etwa jene des Maßnahmenvollzugs, geboten – die bisher aus Geldmangel nicht umgesetzt werden konnten. Einen „eklatanten Mangel“ stellte Jabloner – vor allem im Strafverfahren – an medizinischen Sachverständigen (vor allem Jugendpsychiatrie) und Dolmetschern fest.