Innenminister der Beamtenregierung Wolfgang Peschorn
ORF
Peschorn zu BVT-Prüfung

„Geht um Ursache, nicht um Netzwerke“

Innenminister Wolfgang Peschorn hat sich am Samstag im Ö1-„Journal zu Gast“ zu der von ihm veranlassten Sonderprüfung in der Causa BVT geäußert. Diese wurde eingeleitet, nachdem ein „sehr geheimer“ Bericht über gravierende Sicherheitsmängel im BVT an die Öffentlichkeit gelangt war. Bei der Prüfung soll es nun „um die Ursache“, „nicht um die Netzwerke“ gehen. Dass die Schuld am Leak beim BVT liege, stehe für ihn nicht fest: Theoretisch könne auch ein Auslandsgeheimdienst schuld sein.

Der Salzburger Landespolizeidirektor Franz Ruf soll laut Peschorn nun die Vorkommnisse im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) untersuchen, die zu dem Leak geführt haben. Ruf habe dafür alle Befugnisse. Darauf angesprochen, dass Ruf in der Vergangenheit die Unterstützung mehrerer ÖVP-Innenminister gehabt habe, betonte Peschorn, dass Rufs Ernennung seine alleinige Entscheidung gewesen sei. Dass er selbst der ÖVP nahe stehe, wie ihm die FPÖ unterstellt, wies er zurück. „Es gibt überhaupt keine Anhaltspunkte, dass ich eine Nähe zu einer politischen Partei hätte.“

Die Existenz von Parteinetzwerken im BVT bestätigte Peschorn aber erneut implizit. Darüber gebe es „sicherlich viel zu erzählen“. Aufs Tapet brachte er aber einmal mehr die Existenz eines „Beraternetzwerks in Österreich“, dessen „Interesse das Geldverdienen ist“ und „das seine Hände überall hat. Geld verbindet Menschen über Religion und Parteigrenzen.“ – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Schritte gegen „Freunderlwirtschaft“ gefordert

Gleichzeitig kündigte er an, den parteipolitischen Einfluss im BVT zurückzudrängen. Man müsse Rahmenbedingungen schaffen, welche die parteipolitische Einflussnahme in der täglichen Arbeit eingrenzen. Im Fokus hat Peschorn dabei die Personalpolitik: Er dürfe nicht möglich sein, „Freunderlwirtschaft auszuüben“ oder „den einen oder anderen in diese Organisationseinheit unterzubringen, der dann aber fachlich nicht geeignet ist“. Das Land brauche – im BVT, aber auch generell – „politische Verantwortliche, die im Sinne der Republik arbeiten“. Gleichzeitig müsse man „Realist sein. Ein Nachrichtendienst ist immer auch im Interesse der Politik“.

Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) in der ehemaligen Rennwegkaserne auf dem Rennweg in Wien
ORF.at/Carina Kainz
Das BVT – Heimat von Partei- und Beraternetzwerken?

Peschorn verteidigte in dem Interview auch den BVT-Direktor Peter Gridling. Viele der im Bericht kritisierten Punkte würden nicht im Einflussbereich eines Direktors liegen, so Peschorn mit einem Verweis auf die Bürokratie. Es gebe viele Abhängigkeiten, etwa Vorgaben budgetärer oder personeller Natur. Im Bund sei es oft nicht möglich, die richtigen Personen zur richtigen Zeit einzustellen. Der Direktor könne hierbei nur „teilweise ordnend eingreifen“. Eine „Kaltstellung“ Gridlings sei die Untersuchung jedenfalls nicht.

Katastrophale Sicherheitslücken

Das Innenministerium hatte am Freitag die Suche nach der undichten Stelle im BVT angeordnet, nachdem ein Bericht des Geheimdienstverbandes „Berner Club“ vom Februar an die Medien gelangt war. Dieser attestierte dem BVT gravierende Mängel in der Sicherheitsstruktur. Unter anderem sei das IT-System des BVT nicht für die Verarbeitung und Speicherung vertraulicher Daten ausgelegt. Es gebe zahlreiche Schwachstellen, über die Hacker an heikle Informationen gelangen könnten.

BVT-Sonderprüfung beauftragt

Beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) folgt Skandal auf Skandal. Innenminister Wolfgang Peschorn will deshalb durchgreifen.

Das BVT erlaube dem Bericht zufolge außerdem allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Mitnahme von privaten Mobiltelefonen und Laptops in Hochsicherheitszonen der Zentrale. Damit könnten Kopien von Topsecret-Dokumenten gemacht werden. Zudem verwende das BVT weiterhin Anti-Viren-Software des russischen Unternehmens Kaspersky, das unter anderen europäischen Geheimdiensten als Spionagerisiko gilt. Kaspersky weist diese Vorwürfe zurück.

Anzeige gegen oe24-Chefredakteur Schmitt

Teile des geleakten Dokuments waren auch ungeschwärzt auf der Nachrichtenseite oe24 und in „Österreich“ veröffentlicht worden. Deswegen brachte das Innenministerium am Freitag eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien „gegen unbekannte Täter“ ein. Der Vorwurf soll angeblich „Verrat von Staatsgeheimnissen“ lauten.

In der Anzeige soll auch oe24-Chefredakteur Richard Schmitt namentlich erwähnt sein. Schmitt verteidigte die Veröffentlichung: „Das geht einfach zu weit. Immerhin wurden hier grobe Sicherheitsmängel aufgedeckt, die uns alle interessieren sollten“, twitterte Schmitt in Reaktion auf den Artikel.

Causa Handy soll geprüft werden

Zuletzt hatte auch für Aufsehen gesorgt, dass – offenbar auf Druck aus dem BVT – das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) die Handys der NEOS-Abgeordneten Stephanie Krisper und einer „Presse“-Journalistin beschlagnahmen lassen wollte. Das BAK wollte damit einen möglichen „Maulwurf“ innerhalb des BVT, der Krisper Informationen weitergegeben haben soll, ausfindig machen. Die Beschlagnahmeversuche wurden von der zuständigen Staatsanwaltschaft nicht genehmigt.

Auch dazu äußerte sich Peschorn am Samstag: „Es liegt auf der Hand, dass es zu einer Anordnung gekommen ist, Handys sicherzustellen und auszuwerten.“ Nähere Vorgänge seien ihm aber nicht bekannt. Eine Kommission werde nun prüfen, wie die konkrete Vorgangsweise stattgefunden hat, wer den Anstoß gegeben habe und wie die Durchführung abgelaufen sei. Auf Basis des Ergebnisses werde er „Konsequenzen ziehen“.