Die Hochwassersituation nach Unwettern und starken Regenfällen in Gurk im Ortsteil Sandboden
APA/BFK08
Unwetter in Österreich

Niederschläge teils so heftig wie alle 50 Jahre

In Teilen Österreichs hat es im laufenden Monat bereits viermal so viel geregnet und geschneit wie sonst im gesamten November. Mancherorts waren die Niederschläge seit Freitag gar so hoch wie sonst nur alle 50 Jahre. Die Unwettersituation in Süd- und Westösterreich ist weiter dramatisch.

Viermal so viel Niederschlag gab es etwa im Bezirk Spittal an der Drau im Bundesland Kärnten, sagte Thomas Wostal von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) am Montag der dpa. Das Problem sei, dass sich derzeit warme Luft aus dem Süden und kältere Luft aus dem Norden über dem Mittelmeer vermische und so Tiefdruckgebiete entstünden. „Die Alpen stehen dann da wie eine Staumauer, man spricht dann auch vom Südstau.“

Das Tiefdruckgebiet kann sich also nicht weiter nach Norden bewegen und sorgt stattdessen zwischen Lienz in Osttirol und Venedig für die starken Niederschläge der vergangenen Tage. „Prinzipiell ist das ein normaler Mechanismus, den wir in den vergangenen Jahren regelmäßig beobachten konnten. Die Mengen sind aber extrem“, sagte Wostal.

277 Millimeter an Niederschlägen in Kärnten

Statistisch betrachtet seien etwa im Raum Lienz in Osttirol die Niederschläge innerhalb von drei Tagen zuletzt so hoch gewesen wie sonst nur alle 40 bis 50 Jahre. Laut der ZAMG regnete es zwischen Freitag, 7.00 Uhr, und Montag, 7.00 Uhr, in Kornat (Gemeinde Lesachtal) in Kärnten am meisten – 277 Millimeter an Niederschlägen kamen hier runter. In Lienz waren es 206 Millimeter.

ORF-Wetterexpertin Christa Kummer

Im September und Oktober sind solche Niederschlagsmengen nichts Ungewöhnliches, sagte ORF-Wetterexpertin Christa Kummer. Ungewöhnlich seien sie „sehr wohl aber im November“.

Im September und Oktober sind solche Niederschlagsmengen nichts Ungewöhnliches, sagte ORF-Wetterexpertin Christa Kummer in der ZIB. Ungewöhnlich seien sie sehr wohl aber im November. Der November gelte sonst als ruhiger, nebeliger Monat, „wo wir normalerweise in den Winter-Blues starten“, so Kummer.

Für Dienstag rechneten die Meteorologen mit den nächsten Niederschlägen, allerdings nicht mehr im Ausmaß der Vortage. Die Warnungen vor Lawinen, Murenabgängen und Hochwasser bleibt in einigen Teilen des Landes dennoch bestehen. Ab Mittwoch sollten Regen und Schneefall dann rasch abklingen – mehr dazu in wetter.ORF.at.

Ein Todesopfer in Kärnten

Am Montag war die Lage in Salzburg, Osttirol, Oberkärnten und Teilen der Steiermark angespannt, die Lawinengefahr teils extrem hoch. Im Kärntner Bad Kleinkirchheim kam ein 79-jähriger Mann ums Leben, als sein Haus von einer Mure getroffen wurde. Die Mölltal Bundesstraße B106 bleibt noch tagelang gesperrt, teils bleiben auch die Schulen geschlossen. Zahlreiche weitere Straßen waren ebenfalls unpassierbar. Die Sperre der Tauernautobahn (A10) wurde hingegen aufgehoben.

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Mure bei Dorfgastein
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Am Dienstag blieb die Gefahr von Murenabgängen in den Unwettergebieten aufrecht – hier Dorfgastein
Reparatur von Stromleitungen in Thal Assling
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Die schweren Schneefälle machen dem Stromnetz zu schaffen. Die Lage normalisiert sich nur langsam.
Polizeihubschrauber in Thal Assling
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In Osttirol arbeiten die Einsatzkräfte zusammen, hier ein Hubschrauber der Landespolizei und Monteure der Tinetz
Passantin in Lienz
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In Teilen Österreichs war die Niederschlagsmenge so hoch wie nur alle 50 Jahre einmal
Beschädigte Stromleitung durch umgestürzte Bäume
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Auch Stromleitungen wie hier auf dem Großglockner wurden beschädigt
Hochwassersituation in Straßburg in Kärnten
APA/Unbekannt
Vielerorts wurden Straßen überflutet, Seen und Flüsse stiegen über die Ufer
Murenabgang an der B 311 bei Schwarzach
APA/FF SCHWARZACH
In Salzburg (hier bei Schwarzach) waren einige Gemeinden von Muren betroffen
Murenabgang
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In der Gemeinde Bad Gastein ging eine Mure auf zwei Wohnhäuser nieder
Hochwasser
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Die Hilfskräfte rückten zu Hunderten Einsätzen aus (hier St. Veit an der Glan)
Ein LKW lädt Schnee in der Drau ab
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Ein Räumfahrzeug in Lienz kippt den Schnee von der Straße in die Drau
Ein LKW lädt Schnee in der Drau ab
APA/EXPA/Jfk
Die Feuerwehr kämpft in zahlreichen Orten gegen Überschwemmungen nach den schweren Regenfällen, hier in Dölsach (Osttirol)
Ein Bagger beim Schneeräumen bei einem TIWAG Umspannwerk
APA/EXPA/Jfk
Im Bild ein Bagger beim Schneeräumen bei einem TIWAG-Umspannwerk in Huben (Tirol)

Am Montagabend wurde auch die Zivilschutzwarnung für die Gemeinde Baldramsdorf aufgehoben. Weiterhin aufrecht blieben die Zivilschutzalarme in Mallnitz, Obervellach, Reißeck, Berg im Drautal und Feld am See. Die Bewohner sollen weiterhin in ihren Häusern bleiben. Ebenfalls aufrecht blieb die Zivilschutzwarnung in Flattach, teilte das Land Kärnten mit. Weiters wurde beschlossen, die Verkehrssperren in Lavamünd am Abend aufzuheben – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Die Tauernbahn hingegen dürfte laut ÖBB noch einige Tage stillstehen. Brenzlig war die Situation auch etwas weiter südlich in Hinterrauth und am Faaker See.

Im Gurktal standen am Montagnachmittag sämtliche Feuerwehren im Hochwassereinsatz, berichtete das Bezirksfeuerwehrkommando St. Veit. Es gab Überschwemmungen, dazu kamen Verklausungen und kleinere Hangrutschungen. Der Lawinenwarndienst Kärnten warnte dringend vor Aktivitäten im Freien. Die Gefahr von Gleitschnee- oder Nassschneelawinen sei groß.

Verkehrshinweis

Einen Überblick der aktuellen Straßensperren bietet das Ö3-Verkehrsservice. Alle aktuellen Informationen zu Zugsverbindungen finden sich bei der ÖBB-Streckeninformation.

Entspannung in Osttirol

In Osttirol entspannte sich die Lage wieder leicht. Am Nachmittag waren noch rund 1.400 Haushalte ohne Strom. Die Wetterbesserung wurde genutzt, um mit Hubschrauberflügen Störstellen zu lokalisieren und zu beseitigen. Auch gab es weiter zahlreiche Straßensperren im Bezirk Lienz, etwa die Felbertauernstraße und die Gailtalstraße. Ebenfalls gesperrt blieb die Pustertalstraße auf Südtiroler Seite, Lienz war nur über Kärnten erreichbar – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Lebensmittel könnten knapp werden

Entspannung herrschte auch nach dem Lawinenabgang auf die Ranalter Straße in der Nähe der Talstation der Stubaier Gletscherbahnen. Hier waren zunächst Gäste und Mitarbeiter der Gletscherbahnen im Tal eingeschlossen. Lawinensprengungen wurden durchgeführt, Montagnachmittag waren die Räumarbeiten abgeschlossen, Gäste und Mitarbeiter konnten das Tal verlassen.

Dramatische Unwettersituation

Nach schweren Niederschlägen und Unwettern gibt es im Westen und Süden Österreichs zahlreiche Katastropheneinsätze.

Im Virgental hingegen, wo für Dienstag weitere Schneefälle angesagt sind, könnte es mit der Lebensmittelversorgung eng werden, so der Bürgermeister. Deshalb sei derzeit das Ziel, über eine Luftbrücke die Versorgung auch mit Medikamenten sicherzustellen – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Im Südtiroler Pustertal entgleiste Montagfrüh zwischen Kiens und Mühlbach ein Zug wegen einer Mure. Im Zug befanden sich drei Zugsbegleiter und ein Passagier. Sie wurden laut Medienberichten evakuiert, blieben aber unverletzt.

Bundesheer in Salzburg angefordert

In Salzburg hat sich die Hochwassersituation und Erdrutschgefahr etwas entspannt. Allerdings waren noch einige Straßen und auch Gleise blockiert. Auf der Straße nach wie vor von der Außenwelt abgeschnitten waren Bad Gastein und Hüttschlag im Pongau. Wieder erreichbar waren Zell am See und Saalbach im Glemmtal. Die Pinzgauer Straße B311 blieb zwischen Schwarzach und Lend weiter gesperrt, eine Umfahrung ist über das deutsche Eck möglich.

Die Aufräumarbeiten und Sicherungsmaßnahmen liefen am Montag auf Hochtouren. Die Bezirkshauptmannschaft Zell am See forderte das Bundesheer an. Die Zivilschutzwarnung für Großarl wurde aufgehoben, für Muhr, Hüttschlag und Bad Hofgastein blieb sie noch aufrecht. Eine 79-jährige Frau, die zwei Stunden nach einem Murenabgang in Bad Gastein aus ihrem zerstörten Haus befreit worden war, ist schwer verletzt, aber nicht in Lebensgefahr. In den Gebirgsgauen waren viele Güterwege und Forststraßen unpassierbar. Die Lawinengefahr in den Hohen Tauern und im Lungau ist groß, dafür sanken die Wasserstände der Flüsse – mehr dazu in salzburg.ORF.at .

Mure in der Gemeinde Bad Gestein im Salzburger Pongau
APA/EXPA/Johann GroderAPA/Feuerwehr Bad Gastein
Eines der Häuser in Bad Gastein: Es wurde von der Mure schwer beschädigt

Im Oberen Murtal blieb die Lage am Montag kritisch. Mit dem Nachlassen des Starkregens zeigte sich das Ausmaß der Schäden: Muren und Schlammlawinen, überflutete Keller und hohe Pegelstände der Mur. Bereits in der Nacht auf Sonntag hatten 50 Personen in Stadl an der Mur (Bezirk Murau) ihre Häuser verlassen müssen. Im Bereich Stadl-Predlitz wurden Teile der Murtalbahnstrecke zerstört, der Gleiskörper der Murtalbahn wurde an einigen Stellen unterspült, an anderen von Muren verlegt. Auch Schienenersatzverkehr war nicht möglich. Die Mur entlang gab es bis Zeltweg zahlreiche Überflutungen – mehr dazu in steiermark.ORF.at.