FPÖ-Chef Norbert Hofer
APA/Roland Schlager
Tauziehen um Sidlo

Hofer war laut Chatprotokoll informiert

FPÖ-Chef Norbert Hofer ist in seiner Zeit als Infrastrukturminister und Regierungskoordinator über das Tauziehen um den Finanzvorstand der teilstaatlichen Casinos Austria offenbar zumindest informiert gewesen. Das geht aus Chatprotokollen hervor, die das von JETZT gegründete Onlinemedium Zackzack am Mittwoch veröffentlichte. Zuletzt hatte bereits die „Presse“ die entsprechenden Passagen zitiert. Hofers Sprecher wollte die Protokolle nicht kommentieren.

Dem Bericht zufolge informierte der FPÖ-nahe ÖBB-Finanzvorstand Arnold Schiefer am 6. Februar 2019 sowohl Ex-Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als auch Hofer darüber, dass die Bestellung von Peter Sidlo in den Casinos-Vorstand wackelt.

„Habe gehört sidlo kommt nicht durch“, heißt es laut dem online veröffentlichten Chatprotokoll. In weiterer Folge leitete Strache eine bereits ältere Nachricht von Novomatic-Chef Harald Neumann an Schiefer und Hofer weiter, in der dieser über den Widerstand der tschechischen Sazka-Gruppe gegen Sidlo informierte.

Hofer las offenbar mit

Den Chatprotokollen zufolge beteiligte sich Hofer selbst nicht aktiv an der Diskussion. Er wird in dem Protokoll aber als Empfänger der Nachrichten angeführt. Zuletzt hatte Hofer im APA-Interview betont, in die Causa nicht involviert gewesen zu sein und nur aus den Medien über die Postenbesetzungen erfahren zu haben: „Das ist nicht über meinen Tisch gegangen im Rahmen der Koordinierung“, sagte er. Und: „Ich habe es erst aus den Medien erfahren, welche Position wie besetzt ist.“

Über seinen Sprecher bekräftigte Hofer diese Darstellung am Mittwoch abermals. Das nun neu aufgetauchte Chatprotokoll kommentierte er auf APA-Anfrage nicht.

Kurz äußert sich zur Causa nicht weiter

ÖVP-Chef Sebastian Kurz will sich zur Causa Casinos unterdessen vorerst nicht weiter äußern. „Ich hab’ eh schon am Freitag Stellung genommen. (…) Ich hab nichts hinzuzufügen“, sagte Kurz am Mittwoch am Rande des Parteitags der Europäischen Volkspartei (EVP) in Zagreb zu österreichischen Journalisten.

Kurz hatte vergangenen Freitag bei den Koalitionsverhandlungen mit den Grünen vor Medien erklärt, die „Systematik“ zu kennen. Zunächst gebe es eine anonyme Anzeige und später würden sich die Behauptungen dann „in Luft auflösen“, so der ÖVP-Obmann.

In der Zwischenzeit sind weitere Chatnachrichten von Strache bekanntgeworden, in denen auch Kurz namentlich erwähnt wird. „Bitte alle Vereinbarungen, welche mit Löger (Hartwig, Ex-Finanzminister, Anm.), Schmidt (Thomas, Lögers Ex-Kabinettschef, Anm.) und co getroffen worden sind sammeln und für mich dokumentieren. Kurz will davon nichts wissen und das geht nicht“, schrieb Strache zu Postenbesetzungen der ÖVP/FPÖ-Regierung.

Hofer verteidigt Personalentscheidungen

Zuvor war Hofer in Sachen Personalentscheidungen in die Offensive gegangen: In seiner Zeit als Verkehrsminister seien alle Personalentscheidungen „transparent durchgeführt“ worden, so Hofer in einer Aussendung.

Zuvor war eine WhatsApp-Nachricht von Strache an den damaligen Finanzminister Löger aufgetaucht, die das Gegenteil nahelegte. „Wir haben bei der ÖBB; Asfinag, Donau, etc alle eure 30 AR sofort umgesetzt…in euren Ressorts warten wir bis heute…auch Telekom!“, schrieb Strache am 19. März 2019, um von Löger Aufsichtsratsneubesetzungen bei Verbund, Post, OMV und BIG einzufordern. Die genannten Unternehmen sind dem Finanzministerium unterstellt.

„Qualifizierte Personen entsendet, denen ich vertraue“

Hofer zählte die Gesellschaften auf, die in seinen Verantwortungsbereich als Verkehrsminister fielen. Er habe sämtliche unter seiner Verantwortung getroffenen Personalentscheidungen auf Vorstands- und Geschäftsführungsebene noch einmal ausgewertet und kam zu folgendem Schluss: „In erster Linie davon profitiert hätten dadurch Managerinnen und Manager, die der Sozialdemokratie zuzurechnen seien“, wurde Hofer in der FPÖ-Aussendung indirekt zitiert.

Die Abberufung der SPÖ-nahen ÖBB-Aufsichtsratschefin Brigitte Ederer verteidigte Hofer: „Es ist logisch, dass ich als Eigentümervertreter in dieses Gremium fachlich qualifizierte Personen entsende, denen ich vertraue.“ Die Bestellung des FPÖ-nahen Burschenschafters Arnold Schiefer als ÖBB-Vorstand sei erfolgt, weil er als Bestqualifizierter aus dem Auswahlverfahren hervorgegangen sei. „An Schiefers Qualifikation bestand kein Zweifel. Sogar Ex-SPÖ-Chef Christian Kern empfahl mir kurz nach meinem Amtsantritt Schiefer für höhere Weihen in der ÖBB“, so Hofer.

Gesellschaften ohne Personalwechsel hervorgehoben

Auch die Bestellung von Hartwig Hufnagl als ASFINAG-Vorstand verteidigte Hofer. „Hufnagl steht der FPÖ nahe. Ich wehre mich aber entschieden dagegen, dass jemand aufgrund seiner politischen Präferenz im Vorhinein von Positionen ausgeschlossen werden soll.“ Bei der Austro Control habe ein externer Personalberater Valerie Hackl und Axel Schwarz als beste Kandidaten ausgewählt. „Es wurde immer behauptet, Herr Schwarz sei FPÖ-Anhänger und mein Fluglehrer gewesen.“ Beides sei falsch. Auch Hackl zähle nicht „zum blauen Stammpersonal“.

Hofer nannte mehrere Gesellschaften wie Patentamt, via donau, AIT, FFG, AustriaTech und SCHIG, in denen SPÖ-nahe Personen im Amt geblieben seien. Auch an den SPÖ-nahen Sektionschefs des Verkehrsministeriums habe er nicht gerüttelt. „Die politische Zugehörigkeit spielt in der Facharbeit keine Rolle“, so Hofer. Das gelte im Übrigen auch für den aktuellen FPÖ-nahen Verkehrsminister Andreas Reichhardt. Reichhardt war – „als bekennender FPÖ-Mann“, so Hofer – von 2005 bis 2019 Leiter der Sektion Innovation und Telekommunikation im Ministerium, bevor er Hofer nachfolgte.

Umbau kostet Millionen

Der Personalumbau im Casinos-Vorstand gestaltet sich für das Unternehmen unterdessen äußerst kostspielig. Dabei geht es um Alexander Labak und Dietmar Hoscher, die für die Einsetzung der neuen Führung – Bettina Glatz-Kremsner, Sidlo und Martin Skopek – geschasst wurden. Ihnen stehen Millionenzahlungen zu.

Für die abberufenen Labak und Hoscher mussten Abfindungen bezahlt werden, weil sie über laufende Verträge verfügten und kein Grund für die Ablöse vorlag, wie der „Standard“ berichtet. Dass Manager mit laufenden Verträgen und ohne vorliegenden Abberufungsgrund Abfindungen erhalten, ist ein üblicher Vorgang.

Doch im vorliegenden Fall – in den Casinos Austria – gibt es laut „Standard“ eine Besonderheit: So hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Zuge des Vorgangs Ermittlungen aufgenommen, weil die Kosten „ohne wirtschaftlichen Grund und aus sachfremden Erwägungen“ entstanden seien.

Boni, Abfertigung, Urlaubsersatzleistung

Labak standen laut der Zeitung in Summe rund zwei Millionen Euro zu, die sich aus entgangenen Gehältern, einer „restlichen Bonuszahlung“ für 2018, dem Bonus für 2019 und der Abfertigung für die Einhaltung einer Konkurrenzklausel zusammensetzen.

Der frühere SPÖ-Abgeordnete Hoscher wurde und wird weiterbeschäftigt, das sehe sein Vertrag vor. Er habe zudem eine restliche Bonuszahlung für 2018 und eine Urlaubsersatzleistung für nicht verbrauchte Tage erhalten – in Summe rund 1,2 Mio. Euro. Ein Bonus „für das gesamte Jahr 2019“ stehe noch aus. Auch sämtliche Regeln zu den Pensionsrechten sollen für ihn bestehen bleiben.

Elf Beschuldigte

Der ehemalige Wiener FPÖ-Bezirksrat Sidlo war im Frühjahr mit den Stimmen der weiteren Casinos-Aktionäre Novomatic und Republik Österreich in den Vorstand gewählt worden, die Sazka-Aufsichtsräte enthielten sich der Stimme. Die WKStA ermittelt gegen elf Beschuldigte, ob für Sidlos Bestellung Novomatic Glücksspiellizenzen in Aussicht gestellt wurden. Unter den Beschuldigten sind unter anderen Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP). Die Betroffenen bestreiten die Korruptionsvorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.