US-Botschafter der EU Gordon Sondland
Reuters/Loren Elliott
Ukraine-Anhörung

Schlüsselzeuge bringt Trump in Bedrängnis

In der öffentlichen Anhörung zur Ukraine-Affäre hat am Mittwoch mit Gordon Sondland eine Schlüsselfigur schwere Vorwürfe gegen US-Präsident Donald Trump geäußert. Der US-Botschafter bei der EU bekräftigte in seiner Aussage zentrale Vorwürfe der Demokraten: Laut Sondland sei auf Trumps Order Militärhilfe für die Ukraine von Gegenleistungen der Regierung in Kiew abhängig gemacht worden. Damit habe Trump Ermittlungen gegen Joe Biden, seinen potenziellen Herausforderer bei der Wahl 2020, erreichen wollen.

Sondland sagte, er habe im Umgang mit der Ukraine auf ausdrückliche Anordnung Trumps mit dessen persönlichem Anwalt Rudy Giuliani zusammengearbeitet. Giuliani habe ein „Quid pro quo“ – also eine Gegenleistung – für ein Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski mit Trump im Weißen Haus verlangt, sagte Sondland. Trump hat stets dementiert, dass es ein „Quid pro quo“ mit Selenski gegeben habe.

Sondland sagte unter Eid, Giuliani habe im Gegenzug für ein Treffen im Weißen Haus eine öffentliche Ankündigung gefordert, dass die Ukraine Untersuchungen auf den Weg bringen werde, die Trumps politischem Rivalen Biden schaden könnten. „Herr Giuliani brachte die Wünsche des Präsidenten der Vereinigten Staaten zum Ausdruck, und wir wussten, dass diese Untersuchungen für den Präsidenten wichtig waren.“ Giuliani habe das auch den Ukrainern direkt gesagt.

Nie von Trump persönlich gehört

Sondland betonte mit Blick auf einen Termin für ein Treffen im Weißen Haus: „Gab es ein Quid pro quo? (…) Die Antwort ist ja.“ Sondland unterstrich, er habe Außenminister Mike Pompeo und Trumps geschäftsführenden Stabschef Mike Mulvaney stets auf dem Laufenden gehalten. Sondland sagte weiter, er sei auch zu der Erkenntnis gelangt, dass eingefrorene Militärhilfe für die Ukraine erst freigegeben werde, wenn es eine Ankündigung der Ukraine zu Untersuchungen gebe.

Er habe seine Sorgen über dieses „potenzielle Quid pro quo“ mit den Ukrainern geteilt. In diesem Punkt allerdings bestätigte Sondland einen Verdacht der Demokraten nicht: „Ich habe nie vom Präsidenten gehört, dass die Hilfe von der Ankündigung von Untersuchungen abhängig ist“, sagte Sondland. Das sei vielmehr seine „persönliche Annahme“ gewesen. Dennoch bringen die neuen Aussagen Trump in Bedrängnis.

Der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland
AP/Andrew Harnik
Sondlands Aussage war gespannt erwartet worden

Sondland sagte am Mittwoch, er und andere mit der Ukraine befasste US-Regierungsvertreter hätten nicht mit Giuliani zusammenarbeiten wollen. „Ich war damals wie heute der Ansicht, dass die Männer und Frauen des Außenministeriums – und nicht der persönliche Anwalt des Präsidenten – Verantwortung für Ukraine-Angelegenheiten übernehmen sollten.“ Bereits vor Sondland hatten mehrere Zeugen Giuliani vorgeworfen, am Außenministerium und am Nationalen Sicherheitsrat vorbei eine parallele Ukraine-Politik verfolgt zu haben.

Sondland sagte zudem, er habe Besorgnis über die Vorgänge gegenüber Vizepräsident Mike Pence geäußert. Dieser dementierte: Pences Stabschef Marc Short teilte am Mittwoch mit, Pence habe nie ein Gespräch mit Sondland über Untersuchungen gegen Biden oder über Bedingungen für Militärhilfe für die Ukraine geführt. Sondland hatte davor unter Eid vor dem Repräsentantenhaus ausgesagt, er habe Pence vor dessen Treffen mit Selenski am 1. September in Warschau gesprochen.

Trump sieht sich entlastet

Trump sieht sich durch Sondlands Aussage entlastet. Trump zitierte am Mittwoch in Washington aus der laufenden Aussage Sondlands im Kongress, als dieser von einem Telefonat mit Trump Anfang September berichtete. Sondland sagte, er habe den Präsidenten in jenem Gespräch gefragt, was dieser von der Ukraine wolle. „Ich will nichts“, habe Trump geantwortet. „Ich will kein Quid pro quo. Sagen Sie Selenski einfach, dass er das Richtige tun soll.“ Trump sagte dazu, genau das habe er in jenem Telefonat mit Sondland gesagt. Die Angelegenheit sei damit erledigt.

Sondlands Aussage lief noch, als sich Trump bei seiner Abreise zu einem Besuch in Texas äußerte. Der Präsident versuchte dabei auch erneut, auf Distanz zu Sondland zu gehen. „Ich kenne ihn nicht gut. Ich habe nicht viel mit ihm gesprochen“, sagte er. „Das ist niemand, den ich gut kenne. Scheint aber ein netter Kerl zu sein.“

Demokraten sehen Amtsmissbrauch

Die Anhörung Sondlands und weiterer Zeugen sind Teil der Ermittlungen, die die Demokraten im September für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump begonnen haben. Sie werfen dem Präsidenten vor, sein Amt missbraucht zu haben, um die ukrainische Regierung dazu zu drängen, sich zu seinen Gunsten in den US-Wahlkampf einzumischen. Ob die Demokraten mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus tatsächlich ein Amtsenthebungsverfahren eröffnen werden, ist noch nicht beschlossen.

Dass Trump des Amtes enthoben wird, wäre nach jetzigem Stand selbst für den Fall eines Amtsenthebungsverfahrens ausgesprochen unwahrscheinlich. Dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit im Senat notwendig, den Trumps Republikaner dominieren. Bisher stehen die Republikaner im Kongress fest zu Trump.