Polizei in Bolivien setzt Tränengas gegen Trauerzug ein

In Bolivien hat die Polizei gestern Tränengas gegen die Teilnehmer eines Trauerzugs eingesetzt, der in eine regierungskritische Demonstration umgeschlagen war. Tausende Menschen beteiligten sich an der Gedenkveranstaltung für fünf bei Ausschreitungen am Dienstag getötete Angehörige einer indigenen Gruppe.

Am San-Francisco-Platz in der Nähe des Parlaments löste die Polizei die Versammlung auf. Die Teilnehmer des Trauerzugs, die zum Gedenken an die Todesopfer von der Stadt El Alto nach La Paz gekommen waren, wichen in Seitenstraßen aus. Im nahegelegenen Kongress fanden inzwischen Beratungen über eine angekündigte Neuwahl statt.

Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften waren am Dienstag acht Menschen getötet worden. Demonstranten warfen der Polizei vor, willkürlich auf Protestteilnehmer geschossen zu haben. Die Interimsregierung von Übergangspräsidentin Jeanine Anez wies die Verantwortung für die Todesfälle zurück.

Armee unterstützt Polizei

Anez hatte vergangene Woche ein Dekret erlassen, wonach die Armee die Polizei dabei unterstützen kann, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Soldaten werden laut dem Erlass vor Strafverfolgung geschützt. Menschenrechtsgruppen kritisierten den Erlass scharf.

Der inzwischen im Exil in Mexiko lebende, Anfang November gestürzte Staatschef Evo Morales warf den Sicherheitsbehörden einen „Genozid“ an seinen indigenen Unterstützern vor und rief die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf. Seiner Nachfolgerin warf Morales in einem Interview mit dem „Spiegel“ die Errichtung einer „Diktatur“ vor.