CDU-Chefin stellt Machtfrage: Merz beteuert Loyalität

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat am Bundesparteitag in Leipzig ihren Rückzug vom Parteivorsitz angeboten. Wenn die Delegierten ihre Vorstellung von der Zukunft Deutschlands und dem Weg dorthin nicht teilten, „dann lasst es uns heute auch beenden“, sagte sie gestern. Die Delegierten reagierten mit stehenden Ovationen und stärkten Kramp-Karrenbauer damit den Rücken.

Abschluss langer Rede

Mit dem Rückzugsangebot schloss Kramp-Karrenbauer ihre rund anderthalbstündige Rede ab. „Wenn ihr der Meinung seid, dass dieses Deutschland, so wie ich es möchte, nicht das Deutschland ist, das ihr wollt – wenn ihr der Meinung seid, dass dieser Weg, den ich gemeinsam mit euch gehen will, nicht der Weg ist, den ihr für den richtigen haltet: Dann lasst es uns heute aussprechen, dann lasst es uns heute auch beenden“, sagte sie.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer
AP/Markus Schreiber

Kramp-Karrenbauer fügte hinzu: „Aber wenn ihr der Meinung seid, dass Ihr dieses Deutschland wollt, wenn ihr der Meinung seid, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen sollten, wenn ihr die gleiche Lust am Gestalten und Verantworten habt, wie ich das habe, dann lasst uns hier und jetzt und heute die Ärmel hochkrempeln und anfangen.“

Sieben Minuten Applaus

Die Delegierten reagierten mit rund sieben Minuten stehenden Ovationen und Jubel für die Parteichefin. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer wertete den Applaus so: „Heute wird nicht Schluss gemacht, heute geht’s erst richtig los.“ Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier lobte Kramp-Karrenbauer für eine „mutige und ehrliche“ Rede.

Gespräch mit „Stern“-Journalist Jörges

„Stern“-Journalist Hans Ulrich Jörges analysiert den CDU-Parteitag und die Frage nach der Führung der Partei.

Kramp-Karrenbauer warnte in der Rede unter anderem ihre Partei vor schädlicher Selbstkritik und Personaldebatten. Es sei „keine erfolgreiche Wahlkampfstrategie“, wenn sich CDU-Politiker nun von der Bilanz der 14-jährigen Regierungszeit von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel (CDU) distanzierten.

Kramp-Karrenbauers Rede spielte unter anderem auf ihren Gegenkandidaten bei der Wahl zum Parteivorsitz vor einem Jahr, Ex-Bundestagsfraktionschef Friedrich Merz, an. Er hatte unlängst die Arbeit der Bundesregierung als „grottenschlecht“ bezeichnet. Merz soll im Anschluss an Kramp-Karrenbauer am Parteitag reden.

Merz lobt Kramp-Karrenbauer

Merz beteuerte im Anschluss seine Loyalität zur CDU-Vorsitzenden. „Wir sind loyal zu unserer Vorsitzenden, zu unserer Parteiführung und zur Bundesregierung“, so Merz in der Aussprache nach der Rede der Parteichefin in Leipzig. Kramp-Karrenbauer habe eine „kämpferische, mutige und nach vorn zeigende Rede gehalten“, lobte er.

Merz hatte nach der Wahlschlappe in Thüringen das Erscheinungsbild der Bundesregierung als „grottenschlecht“ bezeichnet und dafür vor allem Merkel verantwortlich gemacht. In Leipzig sagte er, er habe für seine Worte viel Zustimmung, aber auch manche Kritik erfahren. Es habe ihn betroffen gemacht, dass manche gesagt hätten: „Jetzt werdet ihr wie die SPD.“

Merz weiter: „Wir werden nicht wie die SPD werden. Wir dürfen auch nicht wie die SPD werden.“ Er fügte hinzu: „Die SPD ist strukturell illoyal.“ Er bot an, sich weiter für die CDU zu engagieren und gemeinsam die Partei nach vorne zu bringen. Merz erhielt etwa eine Minute lang großen Applaus.