Den Landeshauptmann bekam die ÖVP bereits nach der Landtagswahl 2015 von der SPÖ überlassen. Nun ist die Volkspartei auch formal wieder die stärkste Partei im Land: Mit rund 36 Prozent laut Hochrechnung inklusive Briefwahlprognose konnte Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer die SPÖ klar auf den zweiten Platz verweisen. Knapp acht Prozentpunkte gewann die ÖVP dazu. Zweite große Gewinner sind die Grünen mit einem Plus von mehr als fünf Prozentpunkten und insgesamt deutlich über zwölf Prozent.
Triste Stimmung herrschte in der Grazer SPÖ-Zentrale. Der im Wahlkampf propagierte „Schichtwechsel“ gelang Parteichef Michael Schickhofer nicht. Mit rund 23 Prozent und einem Minus von mehr als sechs Prozentpunkten zählen die Sozialdemokraten zu den klaren Wahlverlierern.

FPÖ abgestürzt
Einen Absturz bescherten die Wählerinnen und Wähler in der Steiermark der FPÖ, die mit einem Minus von mehr als neun Prozentpunkten nur noch auf rund 17 Prozent kommt. Freude herrschte hingegen bei der KPÖ, die noch zulegen konnte und mit rund sechs Prozent im Landtag bleibt. Erstmals den Einzug schaffte NEOS mit etwas mehr als fünf Prozent – mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Die Wahlbeteiligung ist auf einem Rekordtiefststand. Auch wenn sie mit Auszählung der Briefwahl laut den Hochrechnern noch auf bis zu 63,3 Prozent steigen wird, ist das der niedrigste Wert seit 1945. Erstmals haben weniger als zwei Drittel der Steirerinnen und Steirer ihr Wahlrecht genützt.
Keine Mehrheit für Schwarz-Grün
Eine Regierung von ÖVP und Grünen, wie sie in Vorarlberg nach der dortigen Wahl fortgesetzt und für den Bund gerade verhandelt wird, geht sich in der Steiermark allerdings nicht aus: Mit den 18 Mandaten der ÖVP und sechs der Grünen hat man nur genau die Hälfte der Landtagssitze. Rechnerisch möglich wäre die Fortsetzung der bisherigen ÖVP-SPÖ-Zusammenarbeit, Schwarz-Blau nach dem Grazer Modell oder eine – eher unwahrscheinliche – Dreiervariante von ÖVP, Grünen und NEOS wie in Salzburg. Fraglich wäre, ob es zu Irritationen bei den Koalitionsverhandlungen im Bund kommen könnte, wenn die ÖVP in der Steiermark mit SPÖ oder FPÖ regiert.

Zu relevanten Mandatsverschiebungen dürfte es mit dem Auszählen der Briefwahlstimmen nicht mehr kommen, lediglich ein Sitz ist zwischen SPÖ und KPÖ noch nicht ganz fix. Nach Auszählung der Briefwahlkarten könnte allerdings den Grünen noch ein symbolischer Coup gelingen. Sie liegen in Graz nur ein paar hundert Stimmen hinter der ÖVP und könnten diese noch abfangen. In der Landeshauptstadt liegt die KPÖ zudem vor der FPÖ – mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Politologe Filzmaier kommentiert das Wahlergebnis
Peter Filzmaier zu den Koalitionsvarianten und welche Auswirkungen diese hätten.
Keine Koalitionsratschläge von Kurz
ÖVP-Spitzenkandidat Hermann Schützenhöfer kommentierte den Wahlsieg mit Tränen in den Augen. „Heute ist ein Tag der Freude und der Dankbarkeit“, sagte er in einer ersten Reaktion in der ÖVP-Zentrale von Bundesobmann Sebastian Kurz flankiert. Aber „wir brauchen einen Partner, wir sind nicht alleine auf der Welt. Ich werde morgen damit beginnen, gemeinsam die Steiermark zu entwickeln“, sagte Schützenhöfer. Empfehlung von Kurz gab es keine: Schützenhöfer werde mit allen Parteien Gespräche führen.

Der Ex-Kanzler sah einen „sensationellen Erfolg für Hermann Schützenhöfer und die steirische Volkspartei“. „Es zeigt, dass die Menschen honorieren, wenn ein guter Stil im Umgang miteinander gelebt wird“, sagte Kurz. Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ortete in dem steirischen Wahlergebnis auch einen „gewissen, kleinen“ türkis-grünen Bundestrend – „auch wenn man nicht zu viel hineininterpretieren sollte“, sagte Wallner.
Erstes Statement von Schützenhöfer
ÖVP-Spitzenkandidat Hermann Schützenhöfer gibt ein erstes Statement nach der geschlagenen Steiermark-Wahl ab.
Rückenwind für grüne Regierungsambitionen?
Grünen-Chef Werner Kogler sagte, er freue sich als Steirer über das Ergebnis besonders: „Eine Verdoppelung der Stimmen beinahe – also besser geht es nicht.“ Dass die Grünen mit dem Steiermark-Ergebnis Rückenwind für die Koalitionsverhandlungen im Bund haben, glaube er nicht, so Kogler. Einige Grüne in den Ländern sahen das Ergebnis schon als Bestätigung für die laufenden Verhandlungen.

Die Grünen in mehreren Bundesländern sehen das Abschneiden ihrer Partei bei der Landtagswahl in der Steiermark als Bestätigung für die Entscheidung zu Verhandlungen mit der ÖVP auf Bundesebene. Es handle sich auch um „eine Bestätigung, dass die ernsthaften Verhandlungen auf Bundesebene richtig sind, auch wenn es noch ein weiter Weg ist“, so Tirols grüne Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe. Auch Salzburgs Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn und der grüne Sprecher aus Oberösterreich, Stefan Kaineder, äußerten sich ähnlich.
„Schmerzliches“ Ergebnis für SPÖ
Die SPÖ steht in der Steiermark jetzt schlecht wie nie da. Sie erlitt mit mehr als sechs Prozentpunkten ihren zweitgrößten Verlust – und stürzte damit in ein historisches Tief. SPÖ-Chef Michael Schickhofer wirkte bei seinem ersten Statement gefasst: Mit dem Ergebnis könne man nicht glücklich sein, sagte er. Das vorläufige Ergebnis sei besser als die Umfragen, die die SPÖ bei 19 Prozent gesehen hätten. Auch habe man besser abgeschnitten als bei der Nationalratswahl im September.

SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner und Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch bezeichneten in einer gemeinsamen Aussendung das Resultat als „ein schmerzliches Ergebnis für die SPÖ Steiermark“. Als einen Grund machte Deutsch aus, dass die SPÖ 2015 der ÖVP den Landeshauptmann überlassen habe, obwohl sie stärkste Partei war. Zur Ruhe kommen wird die SPÖ mit diesem Ergebnis freilich nicht. Ob weitere Konsequenzen – in der Steiermark oder in Wien – anstehen, ist offen.
Die Landtagswahl beschert der SPÖ auch im Bund einen schweren Dämpfer: Im Bundesrat verlieren die Sozialdemokraten damit an Gewicht. Bisher hatte die SPÖ nämlich ein Drittel der Abgeordneten in der Länderkammer und konnte Verfassungsänderungen, die in Landeskompetenzen eingreifen, im Alleingang blockieren. Nun hat die SPÖ das entscheidende Mandat verloren.
Enttäuschte FPÖ
Ebenfalls als eine „schmerzliche Niederlage“ bezeichnete FPÖ-Spitzenkandidat Mario Kunsaek das Abschneiden seiner Partei. „Es hat während des Wahlkampfes immer wieder Themenlagen gegeben, die für uns nicht positiv gewesen sind“, versuchte Kunasek den Absturz in der Wählergunst zu erklären. Als Koalitionspartner für die ÖVP wollte sich Kunasek nicht aus dem Spiel nehmen: „Der Ball liegt jetzt jedoch beim Landeshauptmann, wir sind ergebnisoffen“, so der FPÖ-Spitzenkandidat – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer zeigte sich „enttäuscht“. „Die Nachwirkungen des Ibiza-Skandals haben nach der Bundespartei und unseren Freunden in Vorarlberg nun leider auch die Steiermark getroffen“, so Hofer. Noch deutlicher wurde Ex-Innenminister Herbert Kickl auf Facebook: „Der Mix aus Skandalen rund um Heinz-Christian Strache und in deren Windschatten aus Skandalisierungsversuchen gegenüber Personen, die sich nachweislich nichts zuschulden kommen haben lassen, haben leider unsere erfolgreiche Arbeit der letzten Jahre überschattet und nun auch in der Steiermark viel an Wählervertrauen gekostet.“
Freude bei NEOS und KPÖ
Hocherfreut zeigten sich hingegen jene beiden Parteien, die um den Einzug in den Landtag weniger zittern mussten als erwartet, KPÖ und NEOS. NEOS-Generalsekretär Nikola Donig zeigte sich „sehr erfreut“, dass seine Partei auch in der Steiermark den Einzug in den Landtag geschafft habe. Er sprach von einem „guten Tag“ und verwies darauf, dass NEOS nun den vierten Wahlerfolg in Folge und den sechsten Einzug in einen Landtag geschafft haben. Donig lobte den steirischen Spitzenkandidaten Nikolaus Swatek als „tollen Spitzenkandidaten“ und „jugendlichen Herausforderer“.
Als „kollektiven Erfolg“ bezeichnete die Spitzenkandidatin der KPÖ, Claudia Klimt-Weithaler, das Wahlergebnis. „Wir freuen uns sehr über den Wiedereinzug“, meinte sie in einer ersten Reaktion. „Ich freue mich nicht nur für uns, sondern auch für die Wählerinnen und Wähler, dass wieder eine Partei, die sich für die Menschen einsetzt“, den Einzug geschafft habe. „Unsere Arbeit der letzten 15 Jahre ist belohnt worden“, sagte Klimt-Weithaler.