Touristen auf der chinesischen Mauer
AFP
Von der Innenstadt bis zum Everest

Das Jahrzehnt des Übertourismus

Der Tourismus hat vielen Weltregionen Wohlstand gebracht. In den vergangenen zehn Jahren aber haben sich die positiven Effekte vielerorts ins Gegenteil verkehrt: Von den Innenstädten Europas über die Strände Südostasiens bis auf die Gipfel des Himalaya-Gebirges sorgen Massen an Reisenden für Probleme und Proteste. ORF.at blickt zurück auf die Dekade des Overtourism, des Übertourismus.

Touristen in Venedig
Reuters/Manuel Silvestri
Der Begriff Overtourism bezieht sich auf die wachsenden Konflikte zwischen der lokalen Bevölkerung und Reisenden. Auch Tourismusdestinationen wie Venedig stoßen an ihre Kapazitätsgrenzen. Nach jahrelangen Debatten wird die Lagunenstadt ab kommendem Jahr Eintritt von Besucherinnen und Besuchern verlangen.
Touristen in Barcelona
AP/Manu Fernandez
Unter Europas Städten ist Barcelona besonders vom Übertourismus betroffen. Während sich in der Bevölkerung Widerstand gegen die Massen von Besucherinnen und Besuchern regt, versucht die Stadtverwaltung mit gezielten Maßnahmen, Reisende auch für das Umland der Metropole zu begeistern und so den Druck von der Stadt zu nehmen.
Touristen in Amsterdam
Reuters/Laszlo Balogh
Auch Amsterdam ist bei Reisenden überaus beliebt, sehr zum Unmut der Stadtbevölkerung. In der niederländischen Stadt kommen 16 Mio. Gäste auf 800.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Die Stadtverwaltung lässt die Reisenden spüren, dass es den Menschen zu viel ist: Im Vorjahr etwa wurde der als Fotomotiv beliebte große Schriftzug „I amsterdam“ vor dem Reichsmuseum abgebaut.
Touristen in Peru
AP/Martin Mejia
Dass Tourismus zugleich Segen und Fluch für eine Region sein kann, zeigt sich etwa in Peru. Die Regierung in Lima erließ heuer eine Besucherbeschränkung für einige Sehenswürdigkeiten in der Inka-Stadt Macchu Pichu, einem der beliebtesten Reiseziele Südamerikas. Fast gleichzeitig wurde der Bau eines neuen Flughafens in der Nähe der Ruinenstadt angekündigt – zu wichtig sind die Einnahmen aus dem Tourismus für die Region und das Land.
Landung eines Passagierjets auf Bali
APA/AFP/Sonny Tumbelaka
Der Boom der Billigfluggesellschaften gilt als einer der Gründe für den Tourismusboom. Mittlerweile ist eine Debatte über die negativen Auswirkungen des Flugverkehrs für das Klima entbrannt. „Flugscham“ aufgrund der negativen Folgen für die Umwelt wurde zum geflügelten Begriff. In den Fluggastzahlen spiegelt sich dieser Trend freilich nicht wider. Weltweit steigen sie seit Jahren, ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht.
Hafen von Dubrovnik
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In Dubrovnik dürfen seit dem Vorjahr nur noch zwei Kreuzfahrtschiffe pro Tag anlegen. Die riesigen Schiffe können bis zu 2.000 Passagierinnen und Passagiere aufnehmen. Mit ihren riesigen Motoren tragen sie viel zur weltweiten Luftverschmutzung bei. Der Beliebtheit tut das keinen Abbruch: Die Zahl der Reisenden, die eine Kreuzfahrt gebucht haben, dürfte heuer weltweit erstmals die 30-Millionen-Grenze überspringen.
Touristen vor dem Pariser Eiffelturm
Getty Images/Yoann Jezequel Photography
In besonders gefragten Städten wie Paris wird der Wohnraum knapp. Der Grund: Viele vermieten ihre Appartements über Airbnb an Reisende. Die französische Hauptstadt, Amsterdam, Barcelona, Lissabon, München und auch Wien machen mittlerweile gemeinsam gegen die US-Plattform mobil.
Kletterer drängen sich am Gipfel des Mount Everests
APA/AFP/Project Possible
Das Foto einer „Warteschlange“ knapp unterhalb des Gipfels des Mount Everest löste in diesem Jahr Diskussionen über strengere Regeln für den Aufstieg auf den höchsten Berg der Erde aus. Die Bergsteigerinnen und Bergsteiger hinterlassen tonnenweise Müll. Zudem kommt es immer wieder zu tödlichen Unfällen.
Touristen in Thailand
APA/AFP/Mladen Antonov
Reisende auf einem Strand in Thailand: Dass Reisen im vergangenen Jahrzehnt so beliebt geworden ist, hat auch mit einer Verschiebung der Wertigkeiten in der Gesellschaft zu tun. Statt materiellen Gütern – das eigene Haus, das protzige Auto – ist für viele das Erleben in den Vordergrund gerückt. Das Zurschaustellen des Erlebten ist dank Sozialer Medien einfach wie nie zuvor geworden.
Müllberg auf der Touristeninsel Boracay
APA/AFP
Die perfekten Urlaubsfotos in den Sozialen Netzwerken haben für die einzelnen Destinationen enormen Werbewert. Bilder von traumhaften Stränden locken weitere Reisende an. Das bringt die Infrastruktur mancher Orte, wie hier etwa auf dem philippinischen Eiland Borocay, an ihre Grenze. Die gerade einmal zehn Quadratkilometer große Insel wurde 2017 von zwei Mio. Menschen besucht. Ein Jahr später wurde sie von den Behörden vorübergehend gesperrt.
Touristen am Strand von Mallorca
AP/Wong Maye-E
Überfüllte Strände gibt es auch in Europa – hier in El Arenal auf Mallorca. Die Menschenmassen haben auch auf der Baleareninsel für Proteste der lokalen Bevölkerung gesorgt.
Touristen in Australien
APA/AFP/Saeed Khan
Ebenfalls für Touristinnen und Touristen gesperrt wurde der Uluru in Australien. Der Inselberg in der zentralaustralischen Wüste gehörte zu den meistbesuchten Reisezielen des Kontinents.
Touristen vor dem Taj Mahal
APA/AFP/Pawan Sharma
Das Taj Mahal in der indischen Stadt Agra gehört zu den beliebtesten Reisezielen der Welt. Rund um den Globus hat die Tourismusentwicklung in den vergangenen Jahren stark zugenommen. 1,4 Mrd. Menschen werden Schätzungen zufolge kommendes Jahr auf Reisen gehen.
Touristen in Hallstatt
Reuters/Lisi Niesner
Reisende in Hallstatt: Der kleine Ort in Oberösterreich zählt zu den heimischen Tourismushotspots. Auch insgesamt hat die Zahl der Touristinnen und Touristen in den vergangenen Jahren zugenommen. 2018 wurden fast 45 Mio. Ankünfte in Österreich gezählt – um ein Drittel mehr als noch 2006.
Touristen in Luzern
AP/Peter Dejong
Im Mai sorgte eine 12.000-köpfige Reisegruppe aus China in der Schweiz für Aufsehen. Die stetig größer werdende Mittelschicht der Volksrepublik zeigt sich zunehmend unternehmungslustig, was viel zum weltweiten Tourismusboom beiträgt.
Touristen in China
AP/Imaginechina/Wang Gang
Auch die chinesische Metropole Schanghai lockt jährlich Millionen Besucherinnen und Besucher an. Ein Ende des weltweiten Tourismusbooms ist nicht absehbar. Fachleute schätzen, dass im Jahr 2030 schon 1,8 Milliarden Menschen auf Reisen gehen werden.