SPÖ-Zentrale
ORF.at/Sonja Ryzienski
14,9 Mio. Euro Schulden

SPÖ kündigt über Viertel der Mitarbeiter

Nach der schweren Niederlage bei der Nationalratswahl muss die SPÖ dringend sparen – die Partei kämpft mit hohen Schulden und sinkender Parteienförderung. Am Dienstag wurde das Ausmaß klar: Gut ein Viertel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurde beim AMS zur Kündigung angemeldet.

Bei einer emotional geführten Betriebsversammlung wurde die Belegschaft der Parteizentrale über den einschneidenden Sparkurs informiert: Wie Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch bei einem Pressegespräch am Vormittag bekanntgab, werden 27 der 102 Mitarbeiter beim AMS zur Kündigung angemeldet.

Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tatsächlich zu Jahresende gekündigt werden, ist noch unklar. Deutsch hofft, dass sich bis dahin etliche andere Jobs gefunden haben werden. Man arbeite hier mit dem Betriebsrat auch individuell an Lösungen.

Zusätzlich zu den 27 zur Kündigung angemeldeten Beschäftigten verliert die Löwelstraße auch noch weitere Mitarbeiter, deren Verträge auslaufen bzw. die in Pension gehen. Deren Zahl nannte Deutsch nicht. Auch sagte er nicht, in welchen Bereichen der Personalabbau erfolgen wird. Auch gab Deutsch den Schuldenstand der Partei bekannt: Dieser belaufe sich derzeit auf rund 14,9 Mio. Euro.

Rendi-Wagner: „Rucksack voller Steine übernommen“

„Das ist eine der schwierigsten Aufgaben, die ich in meinem beruflichen Leben zu bewältigen habe, vor allem wegen der menschlichen Komponente“, so Parteichefin Pamela Rendi-Wagner. „Die Maßnahmen sind leider alternativlos.“ Man werde künftig mit weniger Mitarbeitern mehr leisten müssen, sagte die Parteichefin.

SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner
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Rendi-Wagner bekam den Zorn der Belegschaft ab

Bei ihrer Amtsübernahme habe sie einen „Rucksack voller Steine“ übernommen, sagte Rendi-Wagner und meinte damit größtenteils die 14 Mio. Euro an Schulden, die sie vorgefunden habe. Dazu seien dann noch zwei bundesweite Wahlkämpfe gekommen, entschuldigte sie indirekt das Ansteigen auf 14,9 Mio. Euro aktuell.

Ziel erzürnter Angriffe

Dabei bekam Rendi-Wagner die Wut der Belegschaft ab: Nach Angaben von Sitzungsteilnehmern war sie Ziel von teils erzürnten Angriffen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die die wirtschaftliche Kompetenz der Parteiführung anzweifelten. Für weiteren Unmut sorgte, dass die Belegschaft im Unklaren gelassen wurde, wer von den Kündigungen betroffen sein könnte.

Vergangenheitsbewältigung wollte Rendi-Wagner nicht betreiben und damit ihre Vorgänger auch nicht direkt belasten. Das funktionierte indirekt, indem die Parteiführung darauf hinwies, dass 2016 der Mitarbeiterstab noch bei 86 Personen gelegen sei, von ihrem Vorgänger Christian Kern also deutlich aufgestockt wurde. Gleichzeitig entgegnete sie Spekulationen über einen Rücktritt: „Ich bin fest entschlossen, den seit Jahren notwendigen Sanierungskurs zu gehen, um die SPÖ auf gesunde Beine zu stellen.“

Beraterverträge werden gekappt

Neben den Kündigungen setzt die Partei auch bei den Beraterverträgen an, unter anderem beim umstrittenen des ehemaligen Kanzlersprechers Nedeljko Bilalic. Dieser soll mit Ende kommenden Jahres auslaufen und deutlich billiger werden. Statt 24.000 Euro im Monat werden 2020 nur 8.000 und damit ein Drittel ausbezahlt, bei entsprechend geringerem Arbeitsaufwand. Ob man danach einen neuen, billigeren Vertrag aufsetzen könnte, blieb offen.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch
APA/Herbert Neubauer
Deutsch hofft auf eine schuldenfreie SPÖ bis 2025

Ebenfalls auslaufen wird der Beratervertrag mit der Leykam, deren Vorstand der frühere SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher ist. Dieser geht Mitte 2020 zu Ende, allerdings geht ein Einzelprojekt noch eineinhalb Jahre weiter.

Partei soll 2025 schuldenfrei sein

Ziel ist für Deutsch, dass schon im kommenden Jahr ein ausgeglichenes Budget gelingt. Für Ende 2025 hofft der Bundesgeschäftsführer, dass die SPÖ schuldenfrei ist. Deutsch hofft bis dahin auch auf mehr Spenden. Vielleicht habe man in der Vergangenheit auf diesen Bereich zu wenig geschaut. Wie man mit den Räumlichkeiten in der Löwelgasse umgehe, wenn es nun weniger Personal gebe, ließ Deutsch offen. Ausziehen wird man aus der Parteizentrale jedenfalls nicht. Den genauen Budgetplan wird Deutsch der Partei am 9. Dezember vorlegen. Da tritt ein Parteivorstand zusammen.

Deutsch-Vize Brunner legt Funktion zurück

Unmittelbar vor Bekanntwerden der Maßnahmen wurde nach dem Abgang von Michael Schickhofer als steirischer SPÖ-Chef ein weiterer auch dem Sparkurs geschuldeter Rücktritt publik: Andrea Brunner, bisher Deutschs Stellvertreterin, legt ihre Funktion zurück, wie sie via Facebook bekanntgab.

„Ich habe mich immer als Mittlerin zwischen der Bundesgeschäftsführung und den MitarbeiterInnen gesehen“, heißt es da, „und das ist angesichts der aktuellen Situation nicht mehr möglich.“ Ihr Rückzug bringe auch eine Einsparung mit sich – sie verzichte damit auf den mit dieser Funktion verbundenen Teil ihres Gehalts. Im Sold der Partei bleibt sie freilich dadurch, dass sie als Bundesfrauensekretärin beschäftigt ist.