Protestierende Frauen
APA/AFP/Matthew Mirabelli
Malta

Mord an Caruana Galizia holt Regierung ein

Zwei Jahre nach dem Mord an der maltesischen Aufdeckerjournalistin Daphne Caruana Galizia kommt wieder Fahrt in den Fall. Caruana Galizia hatte über Korruption recherchiert und Vorwürfe gegen höchste politische Kreise erhoben. Nun zwangen jüngste Ermittlungsergebnisse den Stabschef von Premier Joseph Muscat sowie einen Minister zum Rücktritt. Muscat steht nun vor den Ruinen seiner Regierung – und selbst unter Druck.

Der Mord an Caruana Galizia hatte Malta erschüttert und Schlagzeilen in der ganzen Welt produziert. Die regierungskritische Bloggerin war am 16. Oktober 2017 nahe ihrem Haus in Bidnija in ihrem Auto in die Luft gesprengt worden. Die 53-Jährige hatte unter anderem über Korruption bei der Regierung und in der Geschäftswelt auf Malta recherchiert. Ein Teil ihrer Berichte drehte sich um die Panama-Papers. Aus vor Gericht veröffentlichten E-Mails schien damals hervorzugehen, dass der damalige Energieminister Konrad Mizzi und Muscats bisheriger Büroleiter Keith Schembri Firmen in Panama unterhielten.

Drei Männer wurden festgenommen und angeklagt. Sie sollen den Sprengsatz gebaut und gezündet haben. Doch die Hintermänner wurden nicht bekannt. Seither wurde es auch ruhig um den Fall – bis jetzt.

Konzernchef auf Luxusjacht festgenommen

Am vergangenen Dienstag bestätigte Muscat die Festnahme von Melvin Theuma, einem möglichen Mittelsmann. Muscat gewährte ihm Straffreiheit, damit er Informationen zu den Auftraggebern des Mordes liefert. Theuma habe „wichtige Informationen“ geliefert, hieß es schließlich. Schon einen Tag später wurde im Morgengrauen ein prominenter Geschäftsmann auf seiner Luxusjacht festgenommen.

Maltesischer Businessmann, Yorgen Fenech
AP/Zigli Jonathan Borg
Yorgen Fenech (mit Sonnenbrille) wurde auf seiner Jacht festgenommen

Yorgen Fenech war gerade im Begriff, aus einer Marina nahe Valletta auszulaufen. Fenech ist der Chef und Mitbesitzer des Energieunternehmens Electrogas. Die Firma hatte 2013 einen Vertrag über mehrere Millionen Euro vom maltesischen Staat für den Bau eines Gaskraftwerks erhalten. Er war auch Chef des Konzerns Tumas, der unter anderem das Hotel Hilton und ein Casino in der Stadt Portomaso betreibt. Kürzlich übergab er diesen Posten an seinen Bruder.

Maltesischer Premier Joseph Muscat
AP/Julien Warnand, Pool Photo/Julien Warnand
Premier Muscat ist mit Rücktrittsaufforderungen konfrontiert

Maltas Finanzaufklärungsbehörde (FIAU) identifizierte Fenech zudem als Besitzer der in Dubai ansässigen Offshore-Gesellschaft 17 Black, über die Galizia vor ihrem Tod berichtet hatte. Fenech beantragte ebenfalls Immunität im Gegenzug für Informationen. Am Samstag kam der festgenommene Geschäftsmann ins Krankenhaus, nachdem er über Schmerzen im Brustkorb geklagt hatte. Der Nachrichtensender TVM berichtete, er sei in eine Infarktabteilung im nationalen Mater-Dei-Hospital gebracht worden.

Muscat will nicht zurücktreten

Fenechs Festnahme erhöhte den Druck auf Muscats Regierung enorm. Muscats Stabschef Schembri und Mizzi, damals Energieminister und bisher zuständig für Tourismus, wurden verdächtigt, von 17 Black Gelder erhalten zu haben. Caruana Galizia hatte unter anderem enthüllt, dass Mizzi und Schembri Briefkastenfirmen in Panama unterhielten. Beide haben das zurückgewiesen.

Schembri wurde verhört, eine Hausdurchsuchung angeordnet. Am Dienstag trat erst Schembri zurück, wenig später auch Mizzi – ohne öffentliche Angabe von Gründen. Auch Wirtschaftsminister Chris Cardona will sich aus der Regierung zurückziehen, bis die Causa geklärt ist. Damit kamen Muscat an einem Tag drei seiner vierzehn Minister abhanden.

Zuvor hatte Muscat noch ausgeschlossen, dass Schembri und Mizzi in den Fall Caruana Galizia verwickelt sein könnten. Dafür gebe es „gegenwärtig“ keine Anhaltspunkte. Am Dienstag schloss der Premier zudem einmal mehr seinen eigenen Rücktritt aus. „Meine Rolle ist in diesem Moment, eine stabile Führung für das Land sicherzustellen“, so Muscat.

Söhne schaffen Aufmerksamkeit

Die Rücktrittsaufforderungen gegen Muscat aber werden immer lauter. Besonders die Familie Caruana Galizias hält das Thema in der Öffentlichkeit am Leben. Im September ordnete die Regierung eine unabhängige Untersuchung des Falls an, nachdem die Angehörigen Zweifel an der Unabhängigkeit der Ermittlungen geäußert hatten.

Die drei Söhne der Aufdeckerjournalistin fordern die strafrechtliche Verfolgung von Schembri, dem sie offen kriminelle Vergehen vorwerfen. „Muscat, der drei Jahre lang die volle Verantwortung für Schembri trug, muss sofort gehen. Ihm kann nicht getraut werden, dass er die Justiz nicht behindert. Er tat es schon lange Zeit“, so Matthew Caruana Galizia auf Twitter.