Finanzminister Eduard Müller im Rahmen einer Sondersitzung des Nationalrates zur „Causa Casinos Austria“
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Causa Casinos

Müller lässt Gutachten zu Bestellung prüfen

Die Causa Casinos hat am Dienstag das Parlament erreicht – erstmals wurde im Plenum in einer Sondersitzung darüber diskutiert. Und es ging emotional zur Sache: Finanzminister Eduard Müller sicherte auf Dringliche Anfrage der SPÖ zu, sein Ministerium werde die Behörden und das Parlament bei der Aufklärung der Causa Casinos „vollumfänglich“ unterstützen – er habe eine Prüfung durch die Finanzprokuratur eingeleitet.

Dabei gehe es um ein übermitteltes Privatgutachten „zur glücksspielrechtlichen Beurteilung der Bestellung eines Vorstandsmitgliedes der CASAG (Casinos Austria, Anm.)“, so der Finanzminister – wohl mit Blick auf die Bestellung des ehemaligen FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria. Diese Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, berichtete Müller. Das Gutachten wurde von Verwaltungsrechtler Thomas Müller von der Uni Innsbruck im Auftrag der Sazka-Gruppe angefertigt.

Im April sei bereits eine erforderliche Redlichkeits- und Eignungsprüfung nach dem Glücksspielgesetz erfolgt, sagte Müller. Die glücksspielrechtlichen Anforderungen wurden seitens der CASAG bescheinigt, so Müller. Zum Zeitpunkt der Bestellung lagen laut den Angaben keine Gründe vor, die einer möglichen Bestellung widersprachen.

Kaum Antworten auf Fragen

„Im Rahmen unserer Verantwortung werden wir darauf achten, dass die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Gesellschaften geschützt und die Interessen der Republik im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gewahrt werden“, sagte Müller. „Außerdem dürfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht die Leidtragenden der Causa sein.“

Viele Fragen der SPÖ-„Dringlichen“ konnte Müller nicht beantworten – er berief sich etwa darauf, dass ihm keine Informationen vorliegen würden, dass er sich an die Amtsverschwiegenheit halten müsse, dass er Medienberichte nicht kommentiere und dass es in der Causa ein als „Verschlusssache“ geführtes Verfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gebe. Aus diesen Gründen hatte Müller auf viele Fragen „keine inhaltlichen Antworten“.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner im Rahmen einer Sondersitzung des Nationalrates zur „Causa Casinos Austria“
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Die SPÖ (hier Parteichefin Pamela Rendi-Wagner) pocht auf einen U-Ausschuss

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte zuvor in ihrer Rede im Nationalrat „schonungslose Aufklärung“ gefordert. Einen Untersuchungsausschuss zur Causa Casinos nannte sie „unausweichlich“. In einem solchen U-Ausschuss sollten unter anderem Fragen beantwortet werden wie: „Welche Regierungsmitglieder haben hier mitgespielt?“ und „Haben sie Fäden gezogen oder sind sie nur informiert worden?“, so Rendi-Wagner.

„Jeder Tag, der vergeht, wirft einen Verdacht mehr auf“, sagte die SPÖ-Chefin und kündigte an: „Wir werden dafür sorgen, dass diese Aufklärung erfolgt.“ Der Verdacht des Gegengeschäfts wiege „sehr schwer“, sagte Rendi-Wagner in Bezug auf den Verdacht „Postenvergabe gegen Casinolizenzen“.

Müller: Löger erteilte keine Weisungen

Weiters berichtete Müller, dass die Staatskommissäre vom damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) „keine Informationen über die Eignung von Peter Sidlo erhalten“ hätten. Löger habe in dieser Causa keine Weisungen erteilt, so Müller. Ex-Minister Löger war unter Verdacht geraten, weil sich Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) bei ihm per SMS für „deine Unterstützung bezüglich CASAG“ bedankt hatte.

Nationalrat über Causa Casinos und Transparenz

Die Sondersitzung des Nationalrats zur Causa Casinos hat sich auch mit grundsätzlichen Möglichkeiten, mehr Transparenz in den staatsnahen Bereich zu bringen, befasst.

Angesprochen auf das Verhältnis zwischen Finanzministerium und der Staatsholding ÖBAG, deren Vorstand Thomas Schmid, Lögers früherer Kabinettschef, in der Casinos-Affäre ebenfalls ins Visier der Ermittler geraten ist, hielt Müller fest, dass durch die Umwandlung der Vorgängergesellschaft ÖBIB in die ÖBAG eine wesentliche Änderung in der Eigentümerrolle des Finanzministeriums eintrat.

„Während die Geschäftsführung der in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung errichteten ÖBIB entsprechend den Bestimmungen des GmbH-Gesetzes den Weisungen des Bundesministers für Finanzen unterworfen war, ist der Vorstand der in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft errichteten ÖBAG grundsätzlich weisungsfrei“, so Müller.

ÖVP und FPÖ starteten Gegenangriff

In der anschließenden Debatte bliesen ÖVP und FPÖ zum Gegenangriff und attackierten jeweils die SPÖ wegen deren Beziehungen zur Glücksspielbranche. Die Grünen rechneten vor allem mit den Freiheitlichen ab, NEOS sah die ÖVP ebenso beteiligt.

Als Verteidiger schickte der ÖVP-Klub den Abgeordneten Wolfgang Gerstl ins Feld, der die Rolle Lögers als völlig normal darstellte – nämlich quasi als Mediator zwischen den Aktionären, der interessiert gewesen sei, eine gute Lösung unter Wahrung der österreichischen Interessen zu erzielen. Sollte es im Hintergrund der Postenbesetzung von Sidlo bei den Casinos kriminelle Absprachen der Freiheitlichen gegeben haben, wäre das schärfstens zu verurteilen.

„Durchschaubares Ablenkungsmanöver“

Dass es Kontakte zwischen ÖVP-Vertretern und Novomatic gegeben habe, sah Gerstl als nichts Ungewöhnliches. So habe es ja auch Treffen des Unternehmens etwa mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gegeben. Letztlich handle es sich seitens der SPÖ nur um ein „durchschaubares Ablenkungsmanöver“ von „schrecklichen“ Wahlergebnissen.

Auch eine bereits zuletzt geäußerte Warnung äußerte er: So behalte sich die ÖVP vor, den Rechtsweg gegen jene zu beschreiten, die Ex-Kanzler Sebastian Kurz oder Ex-Kanzleramtsminister Gernot Blümel bezichtigen, in die Vorgänge involviert gewesen zu sein.

FPÖ schießt sich auf Hoscher ein

Die FPÖ sprach von einem „Skandalisierungsgeschwurbel“, dabei sei „alles ganz banal“, so Klubchef Herbert Kickl. „Ein Blauer (Sidlo) ersetzt einen Roten (Dietmar Hoscher)“ – das habe den „linken Sektor in der Republik“ entsetzt. Kickl weiter: „Das darf es in Ihrer Welt einfach nicht geben.“ Daher werde auf Teufel komm raus kriminalisiert.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl im Rahmen einer Sondersitzung des Nationalrates zur „Causa Casinos Austria“
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Kickl: „Wir reden nicht von Postenschacher, sondern von Pfostenschacher“

Er erinnerte daran, dass Ex-SPÖ-Mandatar Hoscher von den externen Bewertern auch nicht als geeignet für seine Casinos-Funktion eingeschätzt worden sei. Wörtlich spottete der Klubchef von „Pfostenschacher“. Bestechung unter Beteiligung der FPÖ wollte Kickl schon daher nicht erkennen, dass es kein dazu gehöriges Amtsgeschäft gegeben habe. Das angeblich als Gegengeschäft für die Novomatic vorgesehene Gesetz gebe es nicht einmal abstrakt.

Kogler: „Geschäft und Gegengeschäft“

Grünen-Chef Werner Kogler sagte, es sollte so sein, dass die Bestqualifizierten in solche Jobs geschickt werden. Auf Ibiza seien „Dinge angekündigt worden, die dann in die Umsetzung gekommen“ seien, so Kogler. „Unfähige sollte man eher nicht nehmen.“ Doch sei hier mutmaßlich „Geschäft und Gegengeschäft“ entstanden – zumindest eine Anbahnung sei wohl passiert, darum sei die Causa „keine Kleinigkeit“.

„Immer dann, wenn die Blauen in die Regierung kommen, (gibt es) eine gewisse Häufung von unfähigen Personen und dass dem Staat Geld gefladert werden soll“, so Kogler. Die „Liste des blauen Fehlverhaltens“ sei lang. „Aufklärung, also U-Ausschuss und eine Rechnungshof-Prüfung“, stünden nun an.

„Türkis-blaues Casino Royal“

Österreich sei vom „türkis-blauen Casino Royal“ erschüttert, sagte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Der Staat werde zum Spielball einiger Personen, Parteien und internationalen Glücksspielkonzerne. In diesem konkreten Fall kämen strafrechtlich relevante Gegebenheiten hinzu, darum unterscheide sich das „vom üblichen Postenschacher der Parteien“ in Österreich. Den Grünen sei „im Zuge der Verhandlungen mit der ÖVP der scharfe Zahn gezogen“. Und zur ÖVP: Die Partei, die jetzt stets mit Klage drohe, könne die strafrechtlich relevanten Vorgänge zumindest „billigend zur Kenntnis genommen haben“.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im Rahmen einer Sondersitzung des Nationalrates zur „Causa Casinos Austria“
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Meinl-Reisinger: Unterschied zum „üblichen Postenschacher der Parteien“

Krainer: „Löger hat sich schuldig gemacht“

SPÖ-Budgetsprecher Kai Jan Krainer zog in seiner Rede Vergleiche zwischen dem Glücksspielgeschäft und der Luftfahrt. In einem Flugzeugcockpit müssten nun einmal beide Piloten fliegen können – so sei es im übertragenen Sinne auch bei Glücksspielkonzernen, so Krainer sinngemäß.

Ex-Finanzminister Löger habe sich wohl gedacht: „Sidlo muss nicht fliegen können, der macht eh nur die Durchsagen.“ Krainer weiter: „Ein einfacher Blick auf den Lebenslauf zeigt, der hat’s nicht gelernt, der erfüllt die Voraussetzungen nicht.“ Es werde „jemand ins Cockpit gelassen, der nicht fliegen kann, Löger hat sich schuldig gemacht“.

Schwere Vorwürfe

Die WKStA hegt den Verdacht, dass der Glücksspielkonzern Novomatic in der Zeit der ÖVP-FPÖ-Regierung versuchte, im Abtausch für eine FPÖ-freundliche Postenbesetzung bei den teilstaatlichen Casinos Austria zusätzliche Glücksspiellizenzen vom Staat zu erhalten. Die Novomatic hält 17 Prozent an den Casinos Austria und ist damit hinter der tschechischen Sazka-Gruppe (38 Prozent) und der Republik (33 Prozent) drittgrößter Aktionär des teilstaatlichen Konzerns.

Im Zentrum der Ermittlungen stehen neben Sidlo, der mit Hilfe der Novomatic zum Casinos-Finanzvorstand bestellt wurde, unter anderen auch Strache, Löger, Lögers Ex-Kabinettschef Schmid, nunmehr ÖBAG-Chef, sowie Novomatic-Eigentümer Johann Graf und -Vorstandschef Harald Neumann.

Ermittelt wird wegen Bestechung sowie gegen die Casinos-Aufsichtsräte Josef Pröll und Walter Rothensteiner wegen Untreue. Alle Beteiligten weisen die Vorwürfe zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Die meisten Anträge wurden abgelehnt

Die (ohnehin unverbindlichen) Entschließungsanträge, die bei der Sondersitzung zu den Casinos eingebracht wurden, sind zum größten Teil gescheitert. Angenommen wurde einzig ein Antrag, der eine volle Aufklärung der „Ibiza-Affäre“ verlangte.

Gescheitert ist hingegen beispielsweise ein Antrag, Sidlo als Finanzvorstand der Casinos abberufen zu lassen. Ebenso keine Mehrheit bekam das freiheitliche Ansinnen, den Rechnungshof Unternehmen mit mindestens 25 Prozent öffentlicher Beteiligung prüfen zu lassen. Hier verhinderten ÖVP und SPÖ einen Beschluss.

Schmid droht Sazka-Boss mit Klage

Unterdessen geht es mit den Klagsdrohungen in dieser Causa weiter. ÖBAG-Chef Schmid stößt sich an den Aussagen von Sazka-Chef Robert Chvatal im „Standard“ (Dienstag-Ausgabe). Dieser hatte im Interview gesagt: „Ich habe auch die Reaktion von Herrn Löger gesehen, dass er ebenfalls nicht wusste, was Herr Schmid getan hat. Darin bestand aber vermutlich der Hintergrunddeal, denn eine zusätzliche Onlinespiellizenz wäre ganz eindeutig gegen die Interessen der CASAG.“

Wie der „Standard“ am Dienstag online berichtete, ortet Schmid einen falschen Vorwurf durch Chvatal und droht nun mit rechtlichen Schritten. Chvatal würde seinem Mandanten unterstellen, „nicht nur, dass er Kenntnis von einem ‚Hintergrunddeal‘ zwischen FPÖ und der Novomatic AG gehabt habe, sondern sogar aktiv darin involviert gewesen sei“, schrieb Schmids Anwalt Thomas Kralik laut „Standard“ an Chvatal.

Und Kralik weiter: „Mein Mandant hatte zu keinem Zeitpunkt Kenntnis von einem angeblichen Hintergrunddeal zwischen FPÖ und der Novomatic AG und schon gar nicht daran aktiv mitgewirkt.“ Bei einer Wiederholung der Äußerungen werde Schmid gerichtlich gegen Chvatal vorgehen, da diese „massiv ehrenrührig und kreditschädigend“ seien, wie der Rechtsanwalt festhält.