Der frühere FPÖ-Parteichef Heinz Christian Strache
APA/Herbert Neubauer
Whirlpool, Einkäufe, Nachhilfe

Neue Details in Spesenaffäre um Strache

Während die FPÖ die Entscheidung über den Parteiausschluss ihres früheren Obmanns Heinz-Christian Strache verschoben hat, sind am Donnerstag neue Details aus dem Ermittlungsakt zu Straches Spesenabrechnungen bekanntgeworden. Strache selbst meldete sich am Vormittag via Facebook zu Wort: Er habe „nachweislich“ alles selbst bezahlt.

Laut einem Bericht des Ö1-Morgenjournals sollen Strache beziehungsweise seine Mitarbeiter der Partei nicht nur private Einkäufe verrechnet haben, sondern auch Wartungsarbeiten an einem Swimmingpool, eine Whirlpoolreparatur sowie das Schulgeld und Nachhilfestunden für eines seiner Kinder. Die Vorwürfe sollen aus Einvernahmeprotokollen hervorgehen, berichtete Ö1 unter Berufung auf eine mit den Ermittlungen vertraute Person. Einvernommen wurden insbesondere Straches ehemaliger Leibwächter und die frühere Assistentin des Ex-FPÖ-Chefs.

Der frühere Bodyguard soll Ersatzbelege für Einkäufe Straches organisiert haben, die von der Partei nicht als Spesen akzeptiert worden wären, so der Verdacht der Ermittler. Ö1 liegt ein Aktenteil vor, in dem Kriminalisten beispielhaft skizzieren, wie die Verrechnung funktioniert haben soll: „Strache lässt von seinem Leibwächter Einkäufe um 300 Euro beschaffen. Der liefert Strache den Einkauf und übergibt die Rechnung an Straches Assistentin. Sie gibt ihm 300 Euro, teilt ihm aber mit, dass sie einen anderen Beleg braucht für die Buchhaltung. Der Leibwächter hat Kontakte in die Gastronomieszene, beschafft so eine 300-Euro-Originalrechnung von einem Lokal und übergibt sie der Assistentin. Die verbucht ein Arbeitsessen. Dabei hat Strache die auf der Rechnung angeführten Speisen und Getränke nicht selbst konsumiert. Die FPÖ hat also einen privaten Einkauf finanziert“ – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Rechnung für „Grabstelle Strache“

Die Zeitung „Österreich“ berichtete zudem von angeblich seitenweise kopierten Strafzetteln für Falschparken und einem mutmaßlich verrechneten 500-Euro-Einkauf in einem Gucci-Geschäft.

Und dem „Kurier“ zufolge taucht der Posten „Winterservice Bewässerungsanlage“ in der Abrechnungsliste auf, ebenso die Rechnung einer Friedhofsgärtnerei für die „Grabstelle Strache“ für 167 Euro. Auch stellte ein Steinmetzmeister dem Bericht zufolge dem Freiheitlichen Parlamentsklub eine Rechnung über 570 Euro zu, die über das Spesenkonto verrechnet wurde. Im Portfolio des Steinmetzmeisters: Grabsteine und „Wohnen mit Natursteinen“.

Intensive Ermittlungen

Der Verdacht der Staatsanwaltschaft Wien und der „SoKo Ibiza“ lautet Untreue oder Veruntreuung. Durch die Verrechnung von Spesen, die eigentlich Privatausgaben waren, soll der FPÖ ein Schaden von Zehntausenden Euro entstanden sein. Zudem geht es um die mutmaßliche Überschreitung der Spesenobergrenze von 10.000 Euro, die das Parteipräsidium Strache zugestanden haben soll.

Aufgeflogen sein soll die Affäre durch Telefonabhörmaßnahmen im Rahmen der „Ibiza“- und Causa-Casinos-Ermittlungen. Ein Staatsanwalt oder Ermittler soll sich laut Ö1 dabei an eine vier Jahre zurückliegende Anzeige gegen Strache erinnert haben. Anklage sei damals nicht erhoben worden, weil die Vorwürfe nicht konkretisiert werden konnten. Jetzt werde – auch nach einer neuen anonymen Anzeige – intensiv ermittelt. Im Ausland sollen Hunderte Rechnungen beschlagnahmt worden sein, die von Straches ehemaligem Leibwächter aufbewahrt worden seien. Die Ermittler wollen sie nun auswerten.

Strache: „Hatte niemals persönliches Spesenkonto“

In einem ausführlichen Facebook-Posting wies Strache zurück, ein Spesenkonto geführt zu haben. Lediglich seine Referentin habe eine „Handkassa mit Verrechnungsgeld“ geführt, um die laufenden Bargeldauslagen („Rechnungen für Benzin, Übernachtungen, Essens- und Restaurantrechnungen, Getränkeeinladungen, Musikspenden und ‚Lokalrunden‘, Blumen und Mitbringsel für Gastgeber, Bewirtung bei Einladung in der Dienstwohnung etc.“) abzudecken.

Es sei „vereinzelt“ vorgekommen, dass er einen seiner Sicherheitsmänner oder besagte Referentin aus Zeitnot „private Erledigungen durchführen“ habe lassen, die er, Strache, ihnen aber stets „persönlich ersetzt“ hätte. Sein Ex-Bodyguard sei darauf angesetzt gewesen, ihn, Strache, zu bespitzeln und Beweise gegen ihn zu sammeln. Weil er keine „belastenden Beweise“ gegen ihn finden habe können, „begann er solche offensichtlich zu konstruieren“.

Neue Details in Spesenaffäre

Es gibt neue Details aus dem Ermittlungsakt zu Straches Spesenabrechnung. Er soll private Poolwartungsarbeiten und Nachhilfestunden der Partei verrechnet haben.

Ermittelt müsse werden, ob der Sicherheitsmann „Restaurantrechnungen ‚umgewandelt‘ und bei meiner Referentin ein zweites Mal eingereicht hat, um sich unrechtmäßig zu bereichern und mich falsch zu belasten“, so Strache. „Fest steht aber schon jetzt, dass die medial kolportierten Kosten für Pool, Schulgeld, Nachhilfestunden und sonstige Privatausgaben nachweislich von mir bezahlt wurden“, so Strache.

Anwalt: „Von meinem Mandanten privat bezahlt“

Gegenüber Ö1 nahm auch Straches Anwalt Johann Pauer zu den schweren Vorwürfen Stellung: „Die aufgezählten Belege wurden von meinem Mandanten privat bezahlt. Dieser Vorwurf kann ausgeschlossen werden, die Vorwürfe sind falsch.“ Straches Anwalt weiter: „Wenn sie vom Verrechnungskonto bzw. von der Kassa der Referentin geführt wurden, wurden sie alle ersetzt.“

Es sei „nie in die Buchhaltung hineingeflossen“, vielmehr sei die „Handkassa an den Steuerberater gegangen“, der sei für die „ordnungsgemäße Buchhaltung“ zuständig gewesen. Der Steuerberater hätte die Rechnungen dann in „privat“ und „politisch veranlasst“ getrennt und Ersteres Strache in Rechnung gestellt. Der Sicherheitsmann habe diesen Vorgang nicht erkannt und habe deswegen die Vorwürfe erhoben – mehr dazu in oe1.ORF.at.

Noch keine Entscheidung über Parteiausschluss

Die Entscheidung, ob Strache aus der Partei ausgeschlossen wird, wurde indes am Mittwoch vertagt. Bis in die Nacht tagte das für einen Ausschluss zuständige Schiedsgericht der Wiener FPÖ. Es sei wichtig, „dass alles statutenkonform passiert – und hier braucht es auch keine Eile“, sagte der designierte Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp gegenüber „Wien heute“ – mehr dazu in wien.ORF.at. Aus der FPÖ hieß es Mittwochabend, man wolle Zeugen befragen, möglicherweise soll auch Strache selbst vor dem Gremium aussagen.

„Versöhnliches Angebot“

Strache meldete sich Mittwochabend überraschend mit einer Stellungnahme gegenüber der ZIB2 zu Wort. Von einer Provokation durch sein Angebot, als Wiener FPÖ-Chef zurückzukehren, wolle er nichts wissen, hieß es. Er habe der FPÖ Wien ein versöhnliches Angebot unterbreitet, so Strache. Die Entscheidung über eine Aufhebung seiner Suspendierung oder einen Parteiausschluss sei alleine Sache der Wiener Freiheitlichen. Diese wolle er, egal wie sie ausfalle, akzeptieren, so der frühere Bundesparteichef in der Stellungnahme.

Strache meldet sich zu Wort

Strache erklärte in einem Statement gegenüber der ZIB2, er wolle die Entscheidung des Parteischiedsgerichts akzeptieren.

Weiters sagte Strache gegenüber der ZIB2, er sei „selbstverständlich“ bereit, sich einer Befragung durch das Wiener Landesparteigericht der Freiheitlichen zu stellen. Allerdings sei er bisher nicht dazu eingeladen worden.

Landbauer für „klaren Schnitt“

Nach Parteichef Norbert Hofer, Klubobmann Herbert Kickl und mehreren FPÖ-Landeschefs zuletzt sprach sich am Donnerstag der Landesobmann der niederösterreichischen Freiheitlichen, Udo Landbauer, bezüglich Strache für einen „klaren Schnitt“ aus. Ein solcher habe zu erfolgen, wenn der Ex-FPÖ-Chef „nicht endlich erkennt, dass er der Partei mehr Schaden als Nutzen zufügt“.

Fließe durch die Adern Straches noch freiheitliches Blut, „dann zieht er sich zurück und lässt die neue Mannschaft in Ruhe für die Bevölkerung arbeiten“, sagte Landbauer. Er sei dafür, dass man dem früheren Chef „einen Platz in der Galerie ehemaliger Bundesparteiobleute zuspricht und die Akte Strache jedenfalls endgültig schließt“.