Nationalrat
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Hintergrund

U-Ausschuss als Minderheitenrecht

Die Zweite Republik kann auf bisher 23 Untersuchungsausschüsse zurückschauen. Zuletzt waren die Vorgänge im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Thema. Demnächst könnte ein U-Ausschuss zur Causa Casinos starten. Doch erst seit 2015 kann eine Minderheit im Nationalrat einen U-Ausschuss einsetzen.

Das Minderheitenrecht auf Einsetzung von U-Ausschüssen beschäftigte die Politik seit Jahrzehnten. Erhoben wird die Forderung vorzugsweise von der jeweiligen Opposition. So plädierte die SPÖ in den 1960er Jahren – damals regierte Kanzler Josef Klaus (ÖVP) mit absoluter Mehrheit – dafür, unter Kanzler Bruno Kreisky (SPÖ) in den 1970ern forderte wiederum die ÖVP das Minderheitenrecht.

Nach einem Reformbeschluss im Dezember 2014 kann nun ein Viertel der Nationalratsabgeordneten seit 2015 einen Untersuchungsausschuss auch dann einsetzen, wenn die Mehrheit das ablehnt. Parallel dazu gibt es weiterhin auch die Möglichkeit, eine Untersuchung per Mehrheitsbeschluss auszulösen. Allerdings wurde bei der Reform auch dieser „Mehrheitsausschuss“ mit Minderheitenrechten ausgestattet.

Minderheit kann Zeugenladungen verlangen

Ein Teil der Minderheitenrechte im U-Ausschuss ist unabhängig davon, ob der Ausschuss per Mehrheitsbeschluss eingesetzt wurde oder von einem Viertel der Abgeordneten (Minderheitsausschuss). Das betrifft etwa die Ladung von Zeugen und Zeuginnen sowie die Bestellung von Beweismitteln.

Egal ob es sich um einen Mehrheits- oder einen Minderheitsausschuss handelt, kann nämlich ein Viertel der Mitglieder jedes U-Ausschusses die Vorlage bestimmter Dokumente und die Befragung bestimmter Auskunftspersonen fordern. Die Mehrheit kann das zwar ablehnen – aber dann ist eine Berufung der Minderheit beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) möglich.

Größter Unterschied zwischen dem Mehrheitsausschuss und dem Minderheitsausschuss: Ersterer kann per Mehrheitsbeschluss beendet werden – auch wenn noch Zeugen und Zeuginnen auf der Ladungsliste stehen oder wenn noch nicht alle Themen abgearbeitet wurden. Bei einem Minderheitsausschuss ist ein Abdrehen durch die Mehrheit dagegen nicht möglich.

Nur ein Viertel kann U-Ausschuss beenden

Hier kommt nämlich die zweite Art der Minderheitenrechte ins Spiel, nämlich jene, die nur von der Einsetzungsminderheit im Minderheitsausschuss genutzt werden kann: Wenn ein Viertel der Abgeordneten einen U-Ausschuss einsetzt, dann kann auch nur dieses Viertel (46 Mandatare und Mandatarinnen, Anm.) ein vorzeitiges Ende beantragen.

Grafik zu Untersuchungsausschüssen der Zweiten Republik
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Grundsätzlich sind U-Ausschüsse nämlich auf 14 Monate befristet. Auch eine Verlängerung muss von der 46 Abgeordneten starken Einsetzungsminderheit beantragt werden. Der zweiten Verlängerung muss der Nationalrat aber mit Mehrheit zustimmen. Möglich sind maximal zwei Verlängerungen um jeweils drei Monate.

Gang vor dem Verfassungsgerichtshof möglich

Entscheidend ist die Einsetzungsminderheit auch im Fall eines Konflikts über die Zulässigkeit des U-Ausschusses, wie zuletzt bei der BVT-Affäre. Damals waren ÖVP und FPÖ der Meinung, dass der Antrag der SPÖ den zu untersuchenden Sachverhalt zu wenig konkret definiert.

Die Koalition hatte im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats daher ein Veto gegen den U-Ausschuss eingelegt. Die SPÖ hätte sich deshalb an den Verfassungsgerichtshof wenden können, zog es aber vor, gemeinsam mit NEOS und Liste Pilz einen neuen Antrag einzubringen.