SPÖ-Zentral in der Löwelstraße
APA/Herbert Neubauer
Krisenstimmung

Chaostage in der SPÖ

Der große Bruch in der SPÖ ist offenbar vorerst abgesagt. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner trotzt der internen Kritik. „Ich werde die Verantwortung in dieser schwierigen Zeit nicht an den Nagel hängen“, sagte sie am Freitag. Die Partei ist nach den Gerüchten über einen Rücktritt um Beruhigung bemüht. Doch die Woche hinterlässt Chaos in der Partei.

Die SPÖ müsse inhaltlich erneuert und finanziell auf eine stabile Basis gestellt werden, sagte Rendi-Wagner. „Falsche Gerüchte und Intrigen helfen niemandem, im Gegenteil: Sie schaden der Sozialdemokratie“, so die SPÖ-Vorsitzende. Niederösterreichs SPÖ-Chef Franz Schnabl sagte zuvor: „Es gibt einzelne Personen, die ihren Unmut geäußert haben. Aber ich kann Ihnen versichern, dass die Bundesländer und die Gewerkschaft eindeutig hinter ihr stehen.“ Rendi Wagner werde bleiben. Anderslautende Gerüchte seien „völliger Unsinn“.

Am frühen Nachmittag ist dem Vernehmen nach ein Treffen im Wiener Rathaus unter Beteiligung der Bundesparteichefin angesetzt. Dort sollen neben Rendi-Wagner und Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig auch Vertreter anderer Bundesländer und der Gewerkschaft dabei sein. Nicht nach Wien kommt Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Er ist nach Angaben seines Pressesprechers unter anderem mit den Gehaltsverhandlungen der Landesbeamten befasst und spricht sich ebenfalls gegen eine Personaldebatte aus.

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner will bleiben

Parteichefin Pamela Rendi-Wagner hat am Freitag betont, dass sie Vorsitzende der SPÖ bleiben will. Die Krise könne nicht mit einer Personaldiskussion gelöst werden, so Rendi-Wagner.

Eine Woche mit Problemen

Am Donnerstag mehrten sich Gerüchte, wonach Rendi-Wagner kurz vor einem Rücktritt stehe. Die jüngsten Probleme fingen schon am Montag an, der mit einem Rücktritt begann. Nach der Wahlschlappe nahm SPÖ-Landeschef Michael Schickhofer den Hut. Berichten zufolge war es nicht ganz freiwillig. „Er ging, obwohl er gar nicht wollte“, titelte etwa die „Presse“. Dass noch am selben Tag Medienmanager Gerhard Zeiler, der immer wieder als möglicher SPÖ-Chef genannt wird, eine Art Abrechnung mit der derzeitigen SPÖ in Buchform präsentierte, verstärkte den Eindruck einer desolaten SPÖ.

Doskozil äußert sich zur SPÖ-Krise

Die SPÖ ist derzeit mit ihrer Krise beschäftigt. Der burgenländische SPÖ-Chef Hans-Peter Doskozil rechnet mit internen und externen Kritikern ab.

Am Dienstag, jenem Tag, an dem man die Ex-Regierungsparteien FPÖ und ÖVP im Parlament mit einer Sondersitzung zur Causa Casinos grillen wollte, meldete die SPÖ: Ein Viertel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern müssen wegen der Parteischulden gekündigt werden. Die Art und Weise, wie die Bundespartei die Kündigungen präsentierte, sorgte für Kritik bei der SPÖ im Burgenland. Betroffene seien nämlich nicht entsprechend informiert worden, „wie man das vielleicht auch immer kritisiert als Sozialdemokratie“, hieß es.

Dass man die schon häufig kritisierten Beraterverträge mit Nedeljko Bilalic und der Leykam Medien AG nicht sofort auflöste, war für einige Basismitglieder der Grund, warum Mitarbeiter in der Löwelstraße nun ihren Schreibtisch räumen müssen. Der SPÖ-Betriebsrat sparte nicht mit Attacken gegen die Parteispitze. Man sei sich zwar bewusst, dass gespart werden muss. Doch sei man besonders enttäuscht, dass im Laufe des Jahres keinerlei Bemühungen der Parteispitze verzeichnet worden seien, eine Kündigungswelle abzuwenden.

Kündigungsinformation per E-Mail

Am Donnerstag steuerte man schließlich auf den medial kolportierten Krach in der Partei zu. Rendi-Wagner präsentierte zuerst gemeinsam mit der NEOS-Vorsitzenden Beate Meinl-Reisinger einen geplanten Untersuchungsausschuss zur Causa Casinos und der „Ibiza-Affäre“. Doch die Debatte über die Parteischulden hatte bereits Fahrt aufgenommen, weil sich auch Ex-SPÖ-Chef Christian Kern einmischte. Er habe gar nicht so hohe Schulden hinterlassen, wie nun behauptet werde, so Kern. Die SPÖ konterte: „Leider hast Du dich bei uns nicht genau erkundigt, bevor Du an die Öffentlichkeit getreten bist.“

Angesichts des Spardrucks in der Partei meldete sich noch SPÖ-Tirol-Chef Georg Dornauer zu Wort. Er werde „als Sofortmaßnahme“ ein Monatsgehalt als Klubobmann im Tiroler Landtag an die Bundespartei abgeben, kündigte er am Donnerstag an. Das sei Ausdruck seiner „hundertprozentigen Solidarität mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Löwelstraße“, so Dornauer. „Jeder Mitarbeiter, der gehen muss, ist einer zu viel. Krisen sind dazu da, gemeinsam schneller Lösungen zu finden.“

Das Fass lief am Donnerstagabend über, weil die 23 betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der SPÖ-Parteizentrale via E-Mail über ihre bevorstehende Kündigung informiert worden waren. Das Vorgehen sei so mit dem Betriebsrat vereinbart worden, sagte ein SPÖ-Sprecher. In Sozialen Netzwerken äußerten sich die Mitarbeiter über die Vorgehensweise der Parteispitze. Klubvize Andreas Kollross schrieb auf Twitter: „Manchmal muss man zur Kenntnis nehmen, dass es nicht mehr geht. Aus. Schluss.“ – womit er wohl auf Rendi-Wagner anspielte.

Kaiser weist Gerüchte zurück

Danach machten Gerüchte über einen bevorstehenden Abgang Rendi-Wagners die Runde. Kolportiert wurde am Abend, dass die SPÖ-Chefin bereits am Freitag ihr Amt los sein könnte. Kärntens Landeschef Kaiser ließ über seinen Pressesprecher mitteilen, dass er die Gerüchte, er könne den Posten als Parteichef übernehmen, zurückweise. „Aus unserer Sicht ist es genau das, was es ist: Es sind Gerüchte, die zu erwarten waren, anhand der Situation, die sich darstellt – und die wahrscheinlich auch von bestimmten politischen Mitbewerbern genutzt werden“, hieß es – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
APA/Helmut Fohringer
SPÖ-Chefin Rendi-Wagner will weitermachen, sagte sie am Freitag

Spekulationen, wonach Rendi-Wagner gehen wird, wies die SPÖ-Presse als „völlig falsch“ und „Unsinn“ zurück. „Pamela Rendi-Wagner ist fest entschlossen, den Weg der inhaltlichen Erneuerung der Partei und den leider notwendigen Konsolidierungs- und Stabilisierungskurs zur finanziellen Gesundung zu gehen“, ließ die Partei wissen. Dabei lasse sich die Vorsitzende „auch von solchen unwahren Gerüchten nicht beirren“. Auch Burgenlands SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil sprach sich für Rendi-Wagner aus – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Inwieweit nun innerparteilich Ruhe einkehrt, ist offen. Spätestens Montag übernächster Woche soll der Parteivorstand ein von Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch gestaltetes Sparprogramm absegnen. Zumindest noch verstummen die innerparteilichen Kritiker nicht, so etwa in Oberösterreich – mehr dazu in ooe.ORF.at. SPÖ-Mandatarin und SJ-Vorsitzende Julia Herr sagte, die Situation der Partei sei „inakzeptabel“. Die niederösterreichische Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) postete unterdessen auf Facebook: „Was DA jetzt passiert ist unpackbar!!!!!“