Einsatzkräfte in London
AP/Kirsty O’Connor
Vorzeitig entlassen

Angreifer von London war verurteilter Terrorist

Zwei Attacken in europäischen Großstädten haben am Freitag für Entsetzen gesorgt. Während die Hintergründe zu einem Messerangriff in Den Haag auch am Samstag noch weitgehend ungeklärt waren, gab es zum Attentäter in London bereits Details. Usman K. war vor einem Jahr vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Er saß wegen Terrordelikten sechs Jahre im Gefängnis.

Der 28-jährige K. hatte am Freitagnachmittag auf der London Bridge mitten in der britischen Hauptstadt mit einem Messer zwei Passanten getötet und drei weitere verletzt. Die Polizei erschoss ihn nach einer Rangelei mit Passanten. Er habe eine Bombenattrappe am Körper getragen, sagte der Chef der britischen Anti-Terror-Polizei, Neil Basu.

K. war ein verurteilter Terrorist, der vor einem Jahr vorzeitig aus der Haft entlassen wurde. Er war im Jahr 2012 wegen Terrorstraftaten verurteilt und im Dezember 2018 vorzeitig zur Bewährung entlassen worden. Er hatte der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge Verbindungen zu islamistischen Terrorgruppen. Laut „Times“ war der Attentäter aus der Haft entlassen worden, nachdem er zugestimmt hatte, eine elektronische Fußfessel zu seiner Überwachung zu tragen. Die Polizei rief die Öffentlichkeit auf, weiter wachsam zu sein.

Bei Resozialisierungsprogramm angegriffen

Basu sagte, ein weiterer Täter werde nach dem Angriff derzeit nicht gesucht. Dennoch arbeite man schnell, um sicherzustellen, dass keine weiteren Menschen in den Angriff verwickelt gewesen seien und keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit bestehe. K. habe in der Gegend von Staffordshire gelebt.

Passanten fixieren Person am Boden
Reuters
Passanten überwältigten K., die Polizei erschoss ihn

Der Täter habe vor dem Angriff an der Veranstaltung „Zusammen lernen“ in der nahe der London Bridge gelegenen Fishmongers’ Hall teilgenommen. Laut Medien handelt es sich dabei um ein Resozialisierungsprogramm für Ex-Häftlinge, das von der Universität Cambridge organisiert wurde. „Wir gehen davon aus, dass der Angriff innen begann, bevor er das Gebäude verließ und auf der London Bridge weitermachte, wo er festgehalten und schließlich von bewaffneten Polizisten gestellt und erschossen wurde“, sagte Basu. Die „Times“ berichtete, K. habe in der Halle gedroht, das Gebäude in die Luft zu jagen.

Kampf mit Stoßzahn

Durch das beherzte Eingreifen von Zivilisten dürfte Schlimmeres vereitelt worden sein. Ein Mann bekämpfte den Attentäter Augenzeugenberichten zufolge mit einem Narwalstoßzahn, den er von der Wand der Fishmonger’s Hall, einer alten Gildenhalle der Fischhändler in der City of London, genommen hatte.

Ein Video, das auf Sozialen Netzwerken kursierte, soll die Auseinandersetzung wenig später draußen auf der London Bridge zeigen. Drei Männer versuchen darin einen vierten zu Boden zu bringen. Einer davon hat eine Stange in der Hand. Dabei soll es sich um den Stoßzahn gehandelt haben. Ein zweiter sprüht dem Angreifer mit einem Feuerlöscher ins Gesicht. Ein dritter geht mit bloßen Händen auf den Attentäter los. Die Tageszeitung „The Times“ berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, bei dem Mann mit dem Narwalstoßzahn handle es sich um einen polnischen Koch namens Luckasz, der in der Fishmonger’s Hall arbeitet.

Richter warnte vor Attentäter

Bei den beiden Getöteten handle es sich um einen Mann und eine Frau, hieß es von der Polizei. Die drei Verletzten – ein Mann und zwei Frauen – seien noch im Krankenhaus. Der Nationale Gesundheitsdienst (NHS England) teilte mit, der Zustand eines der Verletzten sei kritisch, aber stabil.

London-Attentäter war verurteilter Terrorist

Bei dem Attentäter, der auf der London Bridge am Freitag zwei Passanten getötet und drei verletzt hat, handelt es sich um einen verurteilten Terroristen mit Verbindungen zu islamistischen Gruppen.

Laut „Guardian“ wurde K. 2012 schuldig gesprochen, weil er Terrortaten geplant und Gelder dafür gesammelt habe. Er habe eine militärische Ausbildungseinrichtung für Terroristen im Kaschmir einrichten wollen. Der Richter habe seine Pläne als „ernsthaftes, langfristiges Projekt“ bezeichnet und gewarnt, dass K. ein anhaltendes Risiko für die Öffentlichkeit darstellen könnte.

Nicht mehr als Bedrohung angesehen

K. habe auch einen Angriff auf die Londoner Börse 2010 geplant. Er habe zu einer Gruppe von neun Extremisten gehört, die auch deswegen 2012 verurteilt worden seien, hieß es in dem Bericht weiter. K. sei mit damals 19 Jahren der jüngste in der Gruppe gewesen. Der Richter habe gesagt, K. und zwei weitere seien „ernstzunehmendere Dschihadisten“ als die anderen. Ursprünglich sollte K. nicht wieder freigelassen werden, es sei denn, er werde nicht mehr als Bedrohung angesehen. Diese Bedingung sei später aufgehoben worden.

Im Juni 2017 starben in der britischen Hauptstadt acht Menschen, nachdem Terroristen mit einem Transporter erst drei Menschen auf der London Bridge umgefahren und anschließend fünf weitere am Borough Market erstochen hatten. Polizisten erschossen die drei Täter. Im März desselben Jahres fuhr ein Angreifer mit einem Auto auf der Westminster Bridge in mehrere Fußgänger, vier Passanten starben. Der Mann erstach zudem einen Polizisten, ehe er von der Polizei erschossen wurde.

Am Samstag reklamierte die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) die Messerattacke für sich reklamiert. Der Täter gehöre „zu den Kämpfern des IS“ und sei Aufrufen zu Angriffen auf Bewohner jener Länder gefolgt, die der internationalen Anti-IS-Koalition angehören, erklärte der IS im Messengerdienst Telegram.

Panik in Den Haag

Auch in den Niederlanden ereignete sich am Freitag eine Attacke. Bei einem Stichwaffenangriff in einem Kaufhaus in Den Haag wurden nach Angaben der Polizei drei Jugendliche verletzt. Am Samstagabend wurde ein Verdächtiger verhaftet. Die Hintergründe der Tat blieben laut Polizei zunächst offen, es sei aber noch „zu früh“ für eine Einschätzung, ob die Tat auf terroristische Motive zurückzuführen sei.

Die Verletzten wurden bereits aus dem Krankenhaus entlassen. Die Zeitung „De Telegraaf“ berichtete unter Berufung auf eine gut informierte Quelle, es habe den Anschein gehabt, dass die Opfer zufällig ausgesucht worden seien. Eine Augenzeugin berichtete, in der Einkaufsstraße sei eine große Panik ausgebrochen. Niemand habe gewusst, was passiert sei. Zuerst sei gesagt worden, es sei geschossen worden.

In der Einkaufsgegend waren zum Zeitpunkt der Messerattacke am Abend laut Medienberichten immer noch viele Menschen wegen der „Black Friday“-Verkaufsaktionen unterwegs. Sie liegt nur 500 Meter vom Regierungssitz und dem Parlament entfernt.