Bis eine Nachfolge für den Parteivorsitz der regierenden Arbeiterpartei (PL) gefunden sei, werde er im Amt bleiben, kündigte Muscat an. Die Regierungspartei solle am 12. Jänner ein Verfahren zur Wahl eines neuen Vorsitzenden einleiten, sagte er. Eine Verbindung zum Mord an der Journalistin wollte er nicht herstellen und sagte, sein Rücktritt sei „das, was getan werden muss“. Kritiker und die Familie der Verstorbenen hatten einen sofortigen Abgang des Premiers gefordert.
Muscat weiter: „Wir haben nicht nur drei Menschen, denen dieser Mord vorgeworfen wird, sondern auch jemanden, der beschuldigt wird, die Hauptperson hinter diesem Mord zu sein.“ Die Festnahmen seien „nur wegen unseres Willens möglich“, Gerechtigkeit für diesen schockierenden Mord zu finden. „Ich war nicht perfekt. Ich habe meine Fehler, und dafür entschuldige ich mich, auch wenn für diese Mängel jemand anderes verantwortlich war“, sagte er weiter.
Proteste gegen Maltas Regierung
In Maltas Hauptstadt Valletta protestierten am Wochenende Tausende Menschen gegen die Regierung, der sie Korruption und Vertuschung vorwerfen.
Nach einer Dringlichkeitssitzung Sonntagnachmittag hatten Abgeordnete und Minister der PL Muscat ihre „einhellige Unterstützung“ versichert. Das Gremium habe es Muscat überlassen, wann er sich zurückziehen wolle, hieß es nach der mehrstündigen Sitzung aus Parteikreisen. Bis zur Neuwahl des Parteivorstands am 18. Jänner „bleibt er Parteichef und Ministerpräsident“, hieß es. Das gelte für alle Entscheidungen, die er treffen wolle. Muscat ist seit 2013 Regierungschef.
Wirtschaftsminister wieder im Amt
Zudem sei Wirtschaftsminister Chris Cardona wieder in sein Amt eingesetzt worden, hieß es weiter. Dieser hatte am Dienstag sein Amt zunächst niedergelegt, nachdem sein Name in den Mordermittlungen genannt worden war.
Wütende Demonstranten gingen unterdessen auch am Sonntag bei den größten Protesten seit Wochen gegen die Regierung auf die Straße. Sie riefen „Mörder“ und „weg mit Euch“ und warfen der Führung des Landes Korruption und Vertuschung in Zusammenhang mit dem Mord an Caruana Galizia vor. Oppositionsführer Adrian Delia twitterte, der verzögerte Rücktritt sei ein Rückschlag für die Gerechtigkeit. Am Dienstag wird eine parteiübergreifende Gruppe von Europaabgeordneten in Valletta eintreffen, um sich über den Mordfall zu informieren.
Stabschef wieder auf freiem Fuß
Maltas Regierung war in den vergangenen Tagen angesichts von Ermittlungen zu der zwei Jahre zurückliegenden Tat stark unter Druck geraten. Caruana Galizia war bei der Explosion einer Autobombe im Oktober 2017 getötet worden. Sie hatte vor ihrem Tod die Existenz einer verborgenen Offshore-Firma aufgedeckt. Der Mordfall hat Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit auf der Mittelmeer-Insel geschürt.
Der Vorwurf gegen Muscat lautet, dass er seinen früheren Stabschef Keith Schembri gedeckt habe, der in die Tat verwickelt sein soll. Schembri war diese Woche für zwei Tage von der Polizei befragt, dann aber freigelassen worden. Er bestreitet ebenso wie Wirtschaftsminister Cardona jede Verwicklung in den Mord.
Der Unternehmer Yorgen Fenech wurde am Samstag hingegen wegen Mitschuld an dem Mord angeklagt. Er soll auch Kontakte zur Regierung gehabt haben. Caruana Galizias Familie hält Fenech für einen der Auftraggeber des Mordes. Ein Mittelsmann soll ihn im Austausch gegen Immunität belastet haben. Fenech weist jede Schuld von sich und plädierte auf unschuldig. Bei einem Schuldspruch droht ihm lebenslange Haft.
Verwicklung über geheime Offshore-Gesellschaft
Fenech ist Direktor eines Konsortiums, das 2013 von der Regierung den Auftrag erhalten hatte, ein Gaskraftwerk zu bauen. 2018 kam heraus, dass ihm auch eine geheime Offshore-Gesellschaft namens 17 Black gehörte. Caruana Galizia hatte Monate vor ihrem Tod über 17 Black und die maltesische Regierung geschrieben.
Unter anderem warf sie Schembri und dem damaligen Energieminister Konrad Mizzi vor, sie würden Briefkastenfirmen in Panama unterhalten. In der Folge wurden Schembri und Mizzi verdächtigt, Gelder von 17 Black Gelder erhalten zu haben. Ein internationales Rechercheteam wies später nach, dass die in Dubai ansässige Firma Fenech gehörte, dem Mitbesitzer des mächtigen Familienkonzerns Tumas.
Fenech will Straffreiheit gegen Aussage
Der bekannte Unternehmer Fenech war am 20. November auf seiner Jacht vor der Küste Maltas festgenommen worden, als er versuchte zu flüchten. Nach Angaben aus Ermittlerkreisen beschuldigte er Schembri, den Mord an Caruana Galizia in Auftrag gegeben zu haben. Fenech soll im Zuge der jüngsten Ermittlungen angeboten haben, Informationen zu dem Mordfall zu liefern. Im Gegenzug soll er Straffreiheit gefordert haben. Das wurde ihm verwehrt.
Am Montag dürfte das Gericht über einen Antrag Fenechs entscheiden, Chefermittler Keith Arnaud von dem Fall abzuziehen. Ihm werden ebenfalls enge Verbindungen zu Muscat und dessen langjährigem Büroleiter nachgesagt. Sowohl Schembri als auch Mizzi, mittlerweile Tourismusminister, wiesen alle Vorwürfe zurück. Sie legten aber diese Woche ihre Ämter ohne öffentliche Angabe von Gründen nieder.
Schembri wurde kurz darauf festgenommen, kam aber zwei Tage später überraschenderweise wieder frei. Zuvor hatte Muscat noch ausgeschlossen, dass Schembri und Mizzi in den Fall Caruana Galizia verwickelt sein könnten. Dafür gebe es „gegenwärtig“ keine Anhaltspunkte, so Muscat zu Beginn der Woche.