Wahlplakat der FPÖ mit dem KOnterfei von HC Strache als „Ö“
ORF.at/Carina Kainz
Strache-Ausschluss

Eine Frage der Statuten

Nichts ist fix: weder, dass Ex-FPÖ-Bundesobmann Heinz-Christian Strache aus der Partei ausgeschlossen wird, noch, wann darüber entschieden wird. Es müsse korrekt ablaufen, betonte die FPÖ Wien, deren Mitglied Strache ist. In der FPÖ-Spitze will man den früheren Parteichef loswerden, besser zu früh als zu spät. Doch am Ende entscheidet nicht sie.

Es ist schon mehr als zwei Monate her, als Strache von FPÖ-Obmann Norbert Hofer suspendiert wurde. Wenige Tage zuvor hatte sich Hofer am Parteitag noch ein Durchgriffsrecht absegnen lassen, wonach er als FPÖ-Chef Supendierungen bei „Gefahr im Verzug“ vornehmen kann. So war es im Fall Strache auch geschehen, mit der Anmerkung, dass auch ein Parteiausschluss möglich sei. Dafür sprachen sich zuletzt immer mehr Freiheitliche aus. Die Entscheidung obliegt aber der Wiener FPÖ, die Ende November dafür ein Schiedsgericht eingesetzt hat.

Hofer rechnete mit einer Entscheidung im Laufe der Woche, FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl hatte am Samstag gesagt, dass die FPÖ das Kapitel Strache nicht in Wochen oder Tagen schließen werde, sondern in Stunden. „Niemand hat Verständnis dafür, dass man herumzögert“, so Kickl. Allerdings will die FPÖ Wien ihren Ex-Parteichef vor das Schiedsgericht zitieren. Er müsse persönlich aussagen, berichtete die Tageszeitung „Österreich“ am Dienstag. Derzeit befinde sich Strache auf Urlaub – was eine Entscheidung deshalb erneut verzögere.

Instanzenzug der Freiheitlichen

Eine Ladung werde demnächst abgeschickt, so Michael Stumpf, FPÖ-Landesparteisekretär. „Österreich“ berichtete zuvor unter Berufung auf eine Quelle aus dem Inneren der Wiener Landesgruppe, dass Strache die Ladung bereits diese Woche erhalten soll. Ein Termin für die Aussage vor dem Parteigericht könnte nächste Woche stattfinden. Wann eine Entscheidung feststeht, wird damit aber nicht beantwortet. Bereits vor einer Woche hatte der designierte Landesparteichef Dominik Nepp gesagt, dass Eile nicht das Kriterium sei: „Wichtig ist, dass alles statutenkonform passiert.“

Strache selbst erklärte sich schon Ende November „selbstverständlich“ bereit, sich einer Befragung durch das Landesparteigericht zu stellen. Die Entscheidung der Wiener Landesgruppe werde er akzeptieren, egal wie sie ausfalle. Gemäß Satzung der Wiener FPÖ ist ein Ausschluss möglich, wenn ein Mitglied das Ansehen der Partei schädigt, den Zielen „Abbruch“ tut oder den Zusammenhalt gefährdet. Allerdings wurde das Parteigericht einberufen. Zunächst wird also entschieden, ob Strache tatsächlich der Partei schaden könnte. Wenn diese Instanz den Ex-FPÖ-Chef „schuldig“ spricht, „kann“ der Wiener Landesparteivorstand laut Satzung Strache ausschließen, Funktionen entheben oder verwarnen.

Dass das Landesparteigericht eingesetzt wurde, wirkt sich auch auf Strache aus. Denn der Ex-FPÖ-Chef kann nach einem Verfahren nicht mehr gegen den Entschluss auf Landesebene vorgehen. Allerdings ist es möglich, dass er sich an das Bundesparteigericht wendet. Dort soll dann endgültig entschieden werden, was mit Strache passiert – oder auch nicht: Denn laut Parteistatut kann das Bundesparteigericht die „bekämpfte Entscheidung“ zu einer „neuerlichen Entscheidung an das satzungsgemäß zuständige Organ“ verweisen: die Landespartei.

Ausschluss doch durch Nepp noch diese Woche?

Fraglich ist allerdings, ob die Bundes-FPÖ dem langen Treiben viel länger zusehen will. Der „Kurier“ berichtete, Hofer und Kickl hätten für das Verhalten der Wiener FPÖ kein Verständnis und keine Geduld mehr. Unter diesem Druck werde Nepp Strache noch diese Woche aus der Partei ausschließen, also ohne Entscheidung des Schiedsgerichts und ohne Vorstand, der auf Basis der Empfehlung des Schiedsgerichts eine Entscheidung trifft, so die Zeitung.

Das entspreche den Statuten, weil man „Gefahr in Verzug“ sehe. Grund dafür seien die Postings von Strache auf Facebook seit seinem offiziellen Rückzug am 1. Oktober und die Berichte über die Spesenabrechnungen, beides werde als „parteischädigendes Verhalten“ gesehen.

Der lange Weg zum Ausschluss

Der Ausschluss Straches aus der FPÖ ist nun bereits eine lange Hängepartie. Am 22. Mai, nur wenige Tage nachdem Strache seine politischen Funktionen wegen der „Ibiza-Affäre“ zurückgelegt hatte, sagte etwa Hofer im Interview mit der „Kleinen Zeitung“, dass ein Ausschluss derzeit kein Thema sei. Auch eine Rückkehr Straches in die Politik schloss Hofer, der damals den Posten von Strache übernommen hatte, aus. Auch nachdem der Ex-FPÖ-Chef bei der EU-Wahl via Vorzugsstimmen ein Mandat erzielt hatte, sprach man sich gegen einen Ausschluss aus. Strache verzichtete auf den Sitz in Brüssel.

Erst als die Spesenaffäre aufkam, wurden die ersten Rufe nach einem Ausschluss oder eine Suspendierung lauter. Nur einen Tag nach der Nationalratswahl am 29. September kündigte Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner gegenüber den „Oberösterreichischen Nachrichten“ die Suspendierung Straches an. Dieser kam der Partei aber zuvor und stellte seine Mitgliedschaft „ruhend“ – was am Ende dann doch in einer Suspendierung gipfelte.

Knapp zwei Monate später – Strache ist noch suspendiert – musste die FPÖ Steiermark schwere Verluste bei der Landtagswahl hinnehmen. FPÖ-Parteigrande Andreas Mölzer sah Spitzenkandidat Mario Kunasek als „Opfer der Bundespolitik“. Die steirische FPÖ habe im Wahlkampf nicht viel falsch gemacht, so Mölzer. Die Partei müsse „schauen, dass sie aus der Negativspirale personell und thematisch herauskommt“. Das sei aber schwer, so Mölzer im „Kurier“-Interview: „Das Handy von Strache bietet noch Stoff für die nächsten zehn Jahre – leider.“

Strache will gegen „Vernichtungszug“ vorgehen

Unterdessen kündigte Strache am Wochenende an, dass er sich wegen des „Vernichtungszugs“ gegen seine Person an die Zivilgerichte wenden werde. Er werde „die an Kriminalität nicht zu überbietenden Angriffe“ nicht länger hinnehmen. Der frühere FPÖ-Chef bezieht sich auf Berichte, wonach er Privatausgaben in dienstliche Rechnungen umwandeln habe lassen, womit sie dann auch von der FPÖ bezahlt wurden. Entsprechende Angaben hatte seine Assistentin laut „profil“ gemacht. Ähnliches soll auch einer seiner ehemaligen Mitarbeiter vor den Ermittlungsbehörden ausgesagt haben.

Strache und die FPÖ: Trennung auf Raten

Auch wenn viele FPÖ-Spitzenfunktionäre das Kapitel Heinz-Christian Strache endgültig abschließen wollen, stockt dieser Trennungsprozess.

Es handle „sich nämlich nicht um Behauptungen von unbelasteten und daher glaubwürdigen Zeugen, sondern um Behauptungen von Personen, die selbst beschuldigt sind und die in ihrer Vernehmung versuchen, sich selbst zu entlasten, indem sie mich belasten“, schrieb Strache. Die Vorwürfe bezeichnete er als haltlos. Er werde beweisen, dass die FPÖ beruflich veranlasste bzw. genehmigte Ausgaben übernommen habe, während private Ausgaben von ihm selbst getragen oder jedenfalls von ihm erstattet worden seien.

Strache setzte sich für Pokercasino-Betreiber ein

Am Dienstag bestätigte der Ex-FPÖ-Chef zudem, dass er sich im Interesse des Pokercasino-Betreibers Peter Zanoni dafür eingesetzt hatte, das Pokerspiel steuerlich wie Sportwetten zu behandeln. Davon hätte Zanoni profitiert, aber auch Strache hätte als Sportminister die Einnahmen für sein Ressort reklamieren können. Ungewöhnlich ist Lobbying freilich nicht.

Interessant wird die Sache allerdings, wenn man sie im Lichte der Causa Casinos Austria betrachtet, deren auf Betreiben der FPÖ eingesetzter Finanzvorstand Peter Sidlo am Montag abberufen wurde. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt, ob der Novomatic im Gegenzug Glücksspiellizenzen versprochen wurden. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Darüber hinaus haben auch die Ermittlungen in Zusammenhang mit der „Ibiza-Affäre“ nun das Umfeld Zanonis erfasst: Die Mitarbeiterin eines früheren Geschäftspartners von Zanoni war früher mit dem „Ibiza-Detektiv“ J. H. liiert, der auch auf dem „Ibiza-Video“ zu sehen ist, berichten „Presse“ und „Standard“.