Silhouetten mehrerer Personen vor der Sonne
Reuters/Fabrizio Bensch
UNO-Klimakonferenz

Wärmstes Jahrzehnt seit Messbeginn

Mit größter Wahrscheinlichkeit war kein Jahrzehnt heißer als das jetzige: Die Durchschnittstemperatur war von 2010 bis 2019 wohl höher als je zuvor in einem Jahrzehnt seit Messbeginn. 2019 dürfte das zweit- oder drittwärmste Jahr werden, teilte die Weltwetterorganisation (WMO) am Dienstag bei der UNO-Weltklimakonferenz in Madrid in ihrem vorläufigen Klimastatusbericht mit.

Die Durchschnittstemperatur lag 2019 laut WMO etwa 1,1 Grad über dem Niveau der vorindustriellen Zeit (1850–1900). Die Einschränkung „mit größter Wahrscheinlichkeit“ ist nötig, weil das Jahr noch nicht zu Ende ist. Seit den 1980er Jahren sei jedes Jahrzehnt wärmer gewesen als das jeweilige davor, hieß es von der WMO.

Wie die Organisation schon zuvor berichtete, nahm die Konzentration klimaschädlicher Treibhausgase in der Atmosphäre weiter bedrohlich zu. Die CO2-Konzentration stieg binnen eines Jahres von 405,5 ppm (Teilchen pro Million Teilchen) auf einen Rekordwert von 407,8 ppm. Die Durchschnittstemperatur der Ozeane sei ebenfalls auf Rekordwert, und die Ozeane seien 26 Prozent saurer als zu Beginn der Industrialisierung. „Wenn wir nicht dringend etwas unternehmen, steuern wir auf einen Temperaturanstieg von mehr als drei Grad bis Ende des Jahrhunderts zu, mit immer schädlicheren Folgen für die Menschen“, sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas.

Grafik zu den globalen Temperaturen 2019
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: NOAA

Eisverlust laut Forschern „beispiellos“

Einen Appell zu verstärkten Anstrengungen bei der Beobachtung der antarktischen und arktischen Eisschilde sowie der Gletscher weltweit richteten 39 Wissenschaftler im Fachjournal „Nature“ an die Teilnehmer der Klimakonferenz. Die momentane Geschwindigkeit des Abschmelzens sei „beispiellos“, die Auswirkungen auf die Wasserversorgung und den Meeresspiegel voraussichtlich groß.

Gerade Massenveränderungen von Gletschern seien ein wichtiger Indikator für klimatische Veränderungen. Seit 1960 hat der Temperaturanstieg dafür gesorgt, dass Gletscher weltweit insgesamt rund 9.000 Gigatonnen Eis verloren haben, heißt es in dem von Michael Zemp von der Universität Zürich verfassten Artikel. Diese Eismasse würde ausreichen, um die Fläche von ganz Spanien unter einer 20 Meter dicken Eisschicht verschwinden zu lassen.

Damit ließ allein der Eisverlust der Gletscher den Meeresspiegel schon jetzt um rund drei Zentimeter steigen, heißt es in dem Schreiben, dem sich mit Andrea Fischer vom Institut für Interdiszplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und Rainer Prinz von der Universität Innsbruck auch zwei österreichische Forscher angeschlossen haben.

Gletscher könnten 2300 verschwunden sein

Geht das Tauen unvermindert weiter, würden bis zum Jahr 2300 voraussichtlich nahezu alle Gletscher weltweit Geschichte sein. „Die Gletscherschmelze wird die Verfügbarkeit von Trinkwasser erheblich beeinflussen und das Risiko für regionale Umweltkatastrophen erhöhen“, schreibt Zemp.

Weltklimakonferenz in Madrid

Mit eindringlichen Rufen nach mehr Klimaschutz hat in Madrid die Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen begonnen. Knapp 200 Staaten nehmen daran teil.

Nicht zuletzt werde der Anstieg des Meeresspiegels Millionen von Menschen in Küstenregionen ihres Lebensraumes berauben. Das werde Menschenleben kosten, die Lebensqualität vielerorts verringern und wichtige kulturelle Stätten verschwinden lassen. Es sei daher vor allem mit Blick auf künftige Generationen von größter Bedeutung, den Klimawandel einzudämmen.

Ringen um ehrgeizigere Klimaschutzpläne

Bei der UNO-Klimakonferenz mit Delegationen nehmen 196 Staaten teil. Dort sollen ehrgeizigere Klimaschutzpläne vorbereitet werden. Kommende Woche werden dort Minister aus vielen Ländern erwartet. Zum Auftakt wählte Generalsekretär Antonio Guterres am Montag eindringliche Worte, um das Ausmaß der Klimakrise deutlich zu machen und ein rasches Umsteuern einzufordern.

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres
Reuters/Sergio Perez
Guterres: „Krieg gegen die Natur beenden“

Warnung vor Millionen Klimaflüchtlingen

Vor Beginn der Konferenz hatte bereits eine Reihe von Hilfsorganisationen erneut Alarm geschlagen und unter anderem vor Millionen Flüchtlingen durch klimabedingte Katastrophen gewarnt. Bei der 25. Weltklimakonferenz werden rund 29.000 Teilnehmer aus fast 200 Ländern erwartet, darunter neben Ministern, Staats- und Regierungschefs auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg.

Zu den Knackpunkten der Verhandlungen gehören Hilfen für die Entwicklungsländer bei der Bewältigung klimabedingter Schäden sowie konkrete Regeln zur Einbeziehung von Marktmechanismen bei der Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens. Umweltorganisationen drängen darauf, dass in Madrid zumindest ein paar große Emittenten wie die EU eine Anhebung ihrer Klimaschutzziele fest zusagen.