Zug der ÖBB
ORF.at/Christian Öser
Lokführerzeugnisse

ÖBB weisen Fälschungsvorwurf von sich

Nach der Westbahn gibt es nun auch gegen die ÖBB Vorwürfe, Zeugnisse für Lokführer widerrechtlich ausgestellt zu haben. Gegenüber ORF.at hieß es allerdings von den Bundesbahnen, man „weise die erhobenen Anschuldigungen auf das Schärfste zurück“. Alle Prüfungen seien „klar dokumentiert und transparent nachvollziehbar“.

Ende November war bekanntgeworden, dass die Staatsanwaltschaft gegen die Westbahn ermittelt. Auslöser waren laut „Kurier“ Anzeigen von zwei Lokführern. Sie warfen dem Unternehmen Ungereimtheiten bei der Vergabe von Zeugnissen für Lokführer und Mängel bei Brandschutztüren vor. Einer der Lokführer habe eine 49 Seiten lange Dokumentation mit Verfehlungen vorgelegt, berichtete der „Kurier“. Aufgrund der Vorwürfe habe das Verkehrsministerium Anzeige bei der Justiz erstattet.

Soweit ist es bei den ÖBB noch nicht, doch auch hier scheint sich eine Affäre um mutmaßlich gefälschte Lokführerzeugnisse anzubahnen, wie der „Standard“ am Donnerstag berichtete. Dem Artikel zufolge würden sich die Vorwürfe aus einem offenen Brief eines ehemaligen Rechnungshof-Prüfers an Verkehrsminister Andreas Reichhardt erschließen. Wie bei der Westbahn sollen auch hier Prüfungen nicht ordnungsgemäß abgenommen worden bzw. das zuständige Prüforgan gar nicht anwesend gewesen sein. Außerdem sollen Prüfzeugnisse unbegrenzt ausgestellt worden sein – was entgegen den Vorschriften ist.

Zug der Westbahn
ORF.at/Christian Öser
Zuerst waren der Westbahn Mängel bei der Vergabe von Zeugnissen und vorgeworfen worden

Das wurde von ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder klar dementiert: „Zusatzbescheinigungen wie Typenprüfungen werden gemäß EU-Verordnung für einen Zeitraum von maximal zehn Jahren ausgestellt. Die jeweiligen Typenkenntnisse werden regelmäßig durch Checks kontrolliert und dokumentiert.“

Vorwürfe gegen Mordopfer

Ein Mord soll dem „Standard“-Artikel zufolge die Sache ins Rollen gebracht haben: Der für die fachliche Leitung und Ausbildung im ÖBB-Ausbildungszentrum in Niederösterreich zuständige Lehrer wurde am Nationalfeiertag in einem Hotel in St. Pölten vermutlich aus Eifersucht ermordet. Er sei deshalb, heißt es in der Anzeige gegen die ÖBB, nicht mehr dazu gekommen, die Prüfungsprotokolle des am 25. Oktober abgeschlossenen Ausbildungskurses nachträglich zu unterfertigen – denn selbst anwesend war er dort widerrechtlich nicht.

ÖBB weisen Fälschungsvorwurf von sich

Die Affäre um gefälschte Zeugnisse für Westbahn-Lokführer bekommt eine neue Dimension. Auch bei der Staatsbahn ÖBB sollen Protokolle falsch beurkundet worden sein. Die ÖBB dementieren.

Missstände sollen über Jahre hinweg bestanden haben, Prüfungen sollen von Einzelprüfern und nicht, wie vorgesehen, von einer dreiköpfigen Kommission abgenommen worden sein. Es würden sich die Anzeichen mehren, beschwor der „Standard“ ein Krisenszenario herauf, dass „alle Triebfahrzeugprüfungen für die Elektrotriebfahrzeuge des Typs ÖBB-Cityjet von Siemens hinfällig“ seien. „Der Verkehr mit rund hundert Schnell- und Regionalbahnzügen der ÖBB (…) müsste mangels qualifizierter Lokführer stillgelegt werden.“

Testfahrt des privaten Bahnanbieters „Westbahn“
APA/Herbert Neubauer
„Die durchgeführten Prüfungen sind in Einhaltung der rechtlichen Vorgaben abgelaufen“, heißt es von den ÖBB

Verkehrsministerium wird vorerst nicht tätig

Bei den ÖBB reagierte man mit Unverständnis: „Unser verstorbener Kollege war seit Jahren ein besonders engagierter Mitarbeiter, der sich an alle Vorgaben und Verhaltensstandards gehalten hat. Herr Werner H. war nur einer von mehreren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der für Lokführerzulassungsprüfungen zuständig war. Alle Ausbildungen laufen planmäßig unter den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen weiter, die anstehenden Prüfungen wurden auf die anderen Prüferinnen und Prüfer aufgeteilt.“

Das Verkehrsministerium sieht derzeit jedenfalls keinen Grund zum Handeln – die Anzeige weise einige Ungereimheiten auf. Eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft sei nicht erfolgt.