„Gelbwesten“-Demo in Paris
Reuters/Benoit Tessier
Weiter Streiks und Proteste

Frankreich kommt nicht zur Ruhe

In Frankreich sind die Streiks und Proteste gegen die geplante Pensionsreform am dritten Tag in Folge weitergegangen. Der Bahnverkehr war am Samstag erneut im gesamten Land stark gestört, in Paris wurde die Metro wieder bestreikt. Eine Ende der Proteste ist nicht in Sicht – ganz im Gegenteil kündigten Frankreichs Gewerkschaften am Samstag eine Ausweitung der Streiks an.

In Paris, Marseille und anderen Städten des Landes versammelten sich unterdessen erneut zahlreiche Demonstranten. In der Hauptstadt demonstrierten Gewerkschaftsanhänger gegen Arbeitslosigkeit und soziale Unsicherheit. Auf dem Bahnhof in Marseille kamen Menschen zu einem Protest zusammen, zu dem Linksaußenpolitiker Jean-Luc Melenchon aufgerufen hatte. In Paris und anderen Städten protestierten außerdem „Gelbwesten“. Mitglieder der Bewegung, die gegen die Politik von Präsident Emmanuel Macron demonstriert hatten, hatten sich dem Massenprotest angeschlossen.

Am Donnerstag protestierten nach Behördenangaben mehr als 800.000 Demonstranten, die Gewerkschaft CGT zählte 1,5 Millionen Teilnehmer. Zugleich legte ein Generalstreik das öffentliche Leben weitgehend lahm. Es handelte sich um einen der größten Proteste seit Jahren. Gewerkschaften hatten zu branchenübergreifenden Streiks aufgerufen. „Wir fordern, dass die Bewegung an diesem Wochenende fortgesetzt und ab Montag verstärkt wird“, sagte am Samstag Lauren Brun von der Gewerkschaft CGT. Am Dienstag ist eine weitere Massendemonstration in Paris geplant.

Polizisten vor einer „Gelbwesten“-Demo in Paris
APA/AFP/Philippe Lopez
Auch am Samstag gingen Tausende gegen die Reformpläne der Regierung auf die Straßen

Neun Metrolinien in Paris geschlossen

Wegen anhaltender Proteste gegen die französische Regierung müssen Reisende weiterhin mit erheblichen Einschränkungen rechnen. Die staatliche Bahngesellschaft SNCF teilte mit, nur 15 Prozent der Pariser Vorortzüge und jeder sechste TGV würden zirkulieren. Laut der Pariser Nahverkehrsgesellschaft RATP blieben zudem neun Metrolinien geschlossen. Auch für Sonntag wurden erhebliche Beeinträchtigungen im Zugsverkehr erwartet.

Für die Tourismusbranche und den Handel sind die Streiks hingegen ein großes Problem. Gerade an einem Wochenende, an dem die Leute mit dem Weihnachtseinkauf beginnen würden, sei alles blockiert, kritisierte Laurent Duc vom französischen Verband der Hotelindustrie. „Wenn man die Feiertage verpasst, ist es schrecklich“, sagte er dem Sender Franceinfo über das Geschäft in der Branche.

Mehrere Autobahnen blockiert

Im ganzen Land wurden auch zahlreiche Autobahnen blockiert. Der Grund ist, dass ein Steuervorteil für Kraftstoff 2020 auslaufen soll. Sollte diese Steuererhöhung beibehalten werden, wäre das ein schwerer Schlag für die 40.000 Gütertransportunternehmen, hieß es in einer Mitteilung der Gewerkschaft OTRE.

LKWs blockieren die französiche Autobahn A63 zwischen Castets und Lesperon
APA/AFP/Gaizka Iroz
Lkw-Fahrer blockierten mehrere Autobahnabschnitte

Betroffen waren etwa die A4 und der Autobahnring A104 östlich von Paris, die A7 bei Lyon und die A8 im Süden des Landes. Mehrere hundert Lastkraftwagen begannen mit den Blockaden Samstagfrüh. Sie ließen zum Teil Autos auf der rechten Spur durchfahren, blockierten aber ausländische Lastwagen, wie der Sender Franceinfo berichtete.

Bereits in den vergangenen Wochen hatten Bau- und Landwirtschaftsfahrzeuge aus Protest gegen die Pläne der Regierung Ölraffinerien im Land blockiert. Zwischenzeitlich gab es die Sorge, dass das Benzin knapp werden könnte.

Verhärtete Fronten

Die Fronten zwischen Regierung und Gewerkschaften sind verhärtet. Premierminister Edouard Philippe will die konkreten Reformpläne für das Pensionssystem am Mittwoch vorstellen. Am Freitag verteidigte er die Reform mit deutlichen Worten. Mit der Reform will die Mitte-Regierung Privilegien für bestimmte Berufsgruppen wie beispielsweise Eisenbahner auf längere Sicht beenden und ein universelles System schaffen, das für alle gilt. Außerdem will die Regierung Anreize geben, länger zu arbeiten.

„Es ist eine Bewegung, die nicht enden wird, bis die Regierung den Rückzug von der Reform angekündigt hat“, drohte Eric Meyer von der Eisenbahnergewerkschaft SUD Rail. Gerechtigkeit würde es mit einem universellem System nicht geben, sagte er dem Sender BFMTV.