Test einer ballistischen Raketen auf See
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UNO-Botschafter

Atomare Abrüstung für Nordkorea vom Tisch

Ein Schritt nach vor, zwei zurück – die diplomatische Beziehung zwischen Nordkorea und den USA scheint sich trotz aller Versuche kaum zu verbessern. Am Samstag erteilte der UNO-Botschafter des kommunistischen Regimes Gesprächen über Denuklearisierung eine Absage. Kurz danach vermeldete das Regime in Pjöngjang einen Test an seiner Raketenanlage in Sohae.

Die Stellungnahme der nordkoreanischen UNO-Vertretung, die am Samstag in New York veröffentlicht wurde, glich einem Rundumschlag. „Längere Gespräche“ mit den USA seien derzeit nicht nötig, und eine Denuklearisierung, also die atomare Abrüstung Nordkoreas, sei vom Verhandlungstisch. Die USA, so der Vorwurf aus Pjöngjang, nutzten die Gespräche nur für innenpolitische Zwecke.

Zugleich attackierte UNO-Botschafter Kim Song die europäischen Gesprächspartner. Sechs EU-Staaten hätten Nordkorea vor wenigen Tagen in einem gemeinsamen Statement auf bösartige Weise verurteilt, hieß es in der Stellungnahme. Dass sie vollkommen legitime Schritte Nordkoreas derart kritisierten, sei eine „ernsthafte Provokation“, „dumm“ und Ausdruck ihrer „Paranoia“. Diese EU-Staaten spielten den „Schoßhund“ für die USA. Ihre Anbiederung an die USA sei „jämmerlich“.

Am Mittwoch hatten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Polen und Estland gemeinsam nach einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrats in New York Besorgnis über „provokante Handlungen“ Nordkoreas bekräftigt. Die fortdauernden Tests ballistischer Raketen sowie die Fortsetzung des nordkoreanischen Atomprogramms wurden dabei scharf kritisiert.

Test „von großer Bedeutung“

Der Gesprächsabsage an die USA ließ Pjöngjang demonstrativ Taten folgen. Ein Test „von großer Bedeutung“ auf der Raketen- und Satellitenanlage in Sohae sei erfolgreich gewesen, berichteten nordkoreanische Staatsmedien am Sonntag, ohne dass jedoch Details genannt wurden. Die Testergebnisse werden den Angaben Pjöngjangs zufolge „einen großen Einfluss darauf haben, die strategische Position der Demokratischen Volksrepublik Korea in naher Zukunft einmal mehr zu verändern“. Ein Bericht darüber werde dem Zentralkomitee der Arbeiterpartei vorgelegt.

In Südkorea wurde spekuliert, dass Nordkorea einen Raketenantrieb auf der Anlage an der Westküste getestet haben könnte. Der Generalstab der südkoreanischen Streitkräfte habe keine Hinweise darüber, dass von der Rampe etwas abgefeuert worden sei, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap. Nordkorea hatte in den vergangenen Jahren unter anderem mehrfach Weltraumraketen, darunter auch aus Sohae, gestartet und behauptet, diese hätten Satelliten ins All gebracht. Die Weltgemeinschaft ging hingegen von verdeckten Tests für Langstreckenraketen aus, die Atomwaffen tragen könnten.

Ton zwischen USA und Nordkorea wieder rauer

US-Präsident Donald Trump gab sich am Samstag betont gelassen. Er habe ein sehr gutes Verhältnis zu Kim Jong Un. „Ich wäre überrascht, wenn Nordkorea feindselig handeln würde.“ Allerdings hatte sich zuletzt der Ton zwischen Washington und Pjöngjang wieder verschärft. Die nordkoreanische Vizeaußenministerin Choe Son Hui bezeichnete Trump am Donnerstagabend als „senil“, nachdem dieser am Dienstag beim NATO-Gipfel in Großbritannien ein militärisches Vorgehen gegen Nordkorea erneut nicht ausgeschlossen hatte.

Handshake zwischen Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump
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Treffen an der Demarkationslinie. Heute sieht Trump eine gute Beziehung zu Kim, aber auch „gewisse Feindseligkeit“.

Hatte sich das Verhältnis zwischen Trump und Nordkoreas Machthaber Kim anfangs nur durch gegenseitige Beleidigungen ausgezeichnet, herrschte mitunter auch Tauwetter. So trafen die beiden mehrfach aufeinander, bei einem Gipfel in Singapur 2018, ein Jahr später auch an der innerkoreanischen Grenzlinie. Seit ihrem gescheiterten Gipfel im Februar in Vietnam kamen die Verhandlungen aber nicht mehr weiter. Pjöngjang setzte schließlich einseitig eine Frist bis zum Jahresende. Bis dahin solle Washington neue Vorschläge vorlegen. Es gibt in Südkorea die Befürchtung, Nordkorea könnte sein Moratorium für Atomversuche und Tests von Langstreckenraketen aufheben.

Nordkorea stieß zuletzt auch mehr oder weniger verdeckte Warnungen in Richtung USA aus. Es sei „ganz den USA überlassen, zu wählen, welches Weihnachtsgeschenk sie erhalten“. Nordkorea habe es nicht mehr nötig, „zu verbergen, was es von nun an tun wird“, wurde der für USA-Fragen zuständige Vizeaußenminister Ri Thae Song zitiert.

Trump will weiter Dialog

Beide Seiten konnten sich nicht über den Abbau der nordkoreanischen Atomwaffen einigen. Pjöngjang verlangt eine Aufhebung der Sanktionen. Die US-Regierung will die Sanktionen jedoch bisher beibehalten, solange das mit dem nordkoreanischen Atomprogramm verbundene Risiko nicht gebannt ist.

Angesichts der fehlenden Fortschritte hatte sich Trump am Freitag auch telefonisch mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In beraten, wie das Weiße Haus mitteilte. Beide seien in ihrem 30-minütigen Gespräch zu dem Schluss gekommen, dass die Lage „ernst“ sei, der „Impuls zum Dialog“ müsse erhalten bleiben. Am Samstag sagte Trump nach der Mitteilung von UNO-Botschafter Kim Song: „Wir werden sehen.“ Kim wolle wohl sehen, dass etwa geschehe, so Trump. „Die Beziehung ist sehr gut, aber es gibt eine gewisse Feindseligkeit, keine Frage.“