Vulkan mit Rauchsäule
AP/Auckland Rescue Helicopter Trust
Tödlicher Vulkanausbruch

Neuseeländische Behörden ermitteln

Nach dem Vulkanausbruch 50 Kilometer vor Neuseeland am Montag bleibt die Touristeninsel White Island wegen der Gefahr neuer Eruptionen weiterhin komplett gesperrt. Die Zahl der bestätigten Todesopfer ist mittlerweile auf sechs gestiegen. Acht Menschen werden vermisst, die Chance, sie noch lebend zu finden, wird von den Behörden gegen null geschätzt.

Zudem wird befürchtet, dass von den 30 Verletzten nicht alle überleben. Mehrere von ihnen erlitten schwerste Verbrennungen. Die Gesundheitsbehörden beschrieben ihren Zustand als „kritisch“. Nach Angaben der Polizei kam der Großteil der Inselbesucher, insgesamt 24, aus Australien. Neun sind aus den USA, fünf aus Neuseeland, jeweils zwei aus Großbritannien und China sowie eine Person aus Malaysia.

Die neuseeländische Polizei leitete genauere Ermittlungen zum Hergang der Katastrophe ein. Dabei geht es auch um die Frage, ob Todesfälle und Verletzungen hätten vermieden werden können. Der Vulkan war seit einiger Zeit wieder verstärkt aktiv. Trotzdem fuhren immer wieder Boote mit Ausflüglern dorthin. Die Insel ist seit 80 Jahren in Privatbesitz. Der Zutritt war nur mit ausgebildeten Führern erlaubt, aber auch in den vergangenen Tagen nicht verboten.

Vulkan am Tag nach dem Ausbruch mit kleinen Rauchschwaden
APA/AFP/Marty Melville
White Island blieb auch am Dienstag gesperrt – das Risiko eines erneuten Ausbruchs wird auf 50 Prozent geschätzt

Inselbesucher meist Ausflügler von Kreuzfahrtschiffen

Chef-Ermittler John Tims sagte, die Polizei wolle herausfinden, „ob jemand für Tode und Verletzungen kriminell verantwortlich ist“. Unter den Todesopfern sind nach Medienberichten auch zwei ausgebildete Führer, die die beiden Gruppen am Montag auf die Insel begleiteten. Die meisten Ausflügler kamen von einem Kreuzfahrtschiff und waren auf einer Tagestour.

Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern sprach von einer „verheerenden Katastrophe“. Zur Debatte, ob sie nicht hätte verhindert werden können, meinte sie: „Wir wissen, dass es größere Fragen geben wird. Diese Fragen müssen gestellt und beantwortet werden.“ Der Vulkanologe Raymond Cas sagte: „Auf diese Katastrophe konnte man warten.“

Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern mit Neuseelands Polizei-Superinendent Bruce Bird
APA/AFP/Marty Melville
Neuseelands Premierin Jacinda Ardern reiste umgehend nach der Katastrophe in die Küstenstadt Whakatane

Hohes Wiederausbruchsrisiko

Aus Sorge vor weiteren Eruptionen hielten sich die Rettungskräfte von White Island zunächst fern. Ihre Boote blieben etwa einen Kilometer auf Abstand. Das geologische Überwachungszentrum GeoNet bezifferte das Risiko eines baldigen neuen Ausbruchs auf 50 Prozent. Deshalb verzichtete man auch darauf, mit Hubschraubern über die Insel zu fliegen oder Drohnen starten zu lassen. Der Polizei zufolge gab es dort schon am Montag keinerlei Lebenszeichen mehr. Tims sagte: „Ich würde sehr stark annehmen, dass auf der Insel niemand überlebt hat.“

Mehrere der Verletzten wurden in Kliniken geflogen, die speziell für Brandopfer eingerichtet sind. Der Arzt Pete Watson sagte, bei 27 Patienten seien mehr als 30 Prozent der Körperfläche verbrannt. Die meisten müssten wegen Lungenschäden durch die eingeatmeten heißen Dämpfe auch künstlich beatmet werden. Einer der Kreuzfahrtpassagiere, Geoff Hopkins, berichtete gegenüber der neuseeländischen Tageszeitung „New Zealand Herald“ von „schrecklichen Verbrennungen“. Dem Blatt zufolge sind bei manchen Verletzten sogar 90 Prozent der Körperfläche verbrannt.

Erdbeben einen Tag nach Vulkanausbruch

Nur einen Tag nach dem Vulkanausbruch wurde die Ostküste von Neuseelands Nordinsel zudem von einem Erdbeben erschüttert. Das Beben der Stärke 5,3 traf die Nordinsel des Pazifikstaats am Dienstag gegen 13.00 Uhr Ortszeit (1.00 Uhr MEZ). Größere Sachschäden oder Verletzte gab es nicht. Neuseeland liegt auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring, der geologisch aktivsten Zone der Erde.