US-Demokraten-Team um Nancy Pelosi
Reuters/Jonathan Ernst
Amtsmissbrauch

Demokraten stellen Trump-Anklage vor

Die US-Demokraten werden Präsident Donald Trump in der Ukraine-Affäre wegen Amtsmissbrauchs und Behinderung des Kongresses anklagen. Der Vorsitzende des Justizausschusses des Repräsentantenhauses, Jerry Nadler, gab am Dienstag die Anklagepunkte für ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten bekannt. Trump bezeichnete die Vorwürfe in einer ersten Reaktion als „lächerlich“.

„Eines ist klar: Niemand, auch nicht der Präsident, steht über dem Gesetz“, sagte Nadler. Gegen Verhalten wie das von Trump sehe die Verfassung ein Mittel vor: „Das ist die Macht des Impeachments.“ Der Justizausschuss werde sich noch diese Woche formell mit den Anklagepunkten befassen, sagte Nadler. Im Anschluss kann es im Plenum des Repräsentantenhauses zur eigentlichen Abstimmung über die Anklagepunkte kommen. Dem Vernehmen nach soll auch das noch vor Weihnachten geschehen.

Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses, Adam Schiff, betonte, die Beweise für ein Fehlverhalten des Präsidenten seien „überwältigend und unbestritten“. „Wir stehen heute hier, weil der anhaltende Machtmissbrauch des Präsidenten uns keine Wahl lässt.“ Jetzt nicht zu handeln würde bedeuten, zum „Komplizen“ Trumps zu werden.

US-Demokraten-Team um Nancy Pelosi
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Die Demokraten werfen Trump Amtsmissbrauch und Kongressbehinderung vor

Verurteilung im Senat gilt als unwahrscheinlich

Weil die Demokraten im Repräsentantenhaus eine klare Mehrheit haben, ist die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens sehr wahrscheinlich. Trump wäre erst der vierte Präsident in der US-Geschichte, gegen den das Repräsentantenhaus ein Impeachment-Verfahren beginnt.

Nach dem Repräsentantenhaus geht das Verfahren im Senat weiter, wo Trumps Republikaner eine komfortable Mehrheit haben. Dort könnte es im Jänner zu einem Verfahren gegen den Präsidenten kommen. Eine Verurteilung und Amtsenthebung durch den Senat, für die es eine Zweidrittelmehrheit braucht, gilt aber derzeit als unwahrscheinlich. Dafür müssten 20 republikanische Senatoren das Lager wechseln.

Grafik zum Impeachment-Verfahren
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Die Demokraten im Repräsentantenhaus beschuldigen Trump, seinen ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenski unter Druck gesetzt zu haben, um Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen von den Demokraten, Joe Biden, und dessen Sohn Hunter zu erreichen. Sie beschuldigen Trump, unter anderem US-Militärhilfe an Kiew als Druckmittel eingesetzt zu haben. Später soll Trump in „beispielloser“ Weise die Kongressuntersuchung zur Ukraine-Affäre behindert haben.

US-Präsident Trump
Reuters/Tom Brenner
Trump übte an dem Vorhaben der Demokraten scharfe Kritik

Trump wird Anschuldigungen im Senat ansprechen

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Stephanie Grisham, teilte am Dienstag mit: „Der Präsident wird diese falschen Anschuldigungen im Senat ansprechen und erwartet, dass er vollständig entlastet wird, weil er nichts falsch gemacht hat.“ Grisham nannte das Impeachment-Verfahren einen „erbärmlichen Versuch, die Trump-Regierung zu stürzen“. Die Demokraten wollten damit die Stimmen der 63 Millionen Amerikaner ungültig machen, die 2016 für Trump gestimmt haben. Grund für das Impeachment sei, dass die Demokraten Trump bei der Wahl im November kommenden Jahres nicht besiegen könnten.

Trump: „Schierer politischer Wahnsinn“

Nach der Pressekonferenz der Demokraten bezeichnete Trump das Vorgehen erneut als „Hexenjagd“. Der Vorwurf, er habe von der Ukraine eine Einmischung in die Präsidentschaftswahl 2020 gefordert, sei „lächerlich“. Bisher stehen Trumps Republikaner hinter ihm – und auch seine Kernwähler scheinen unbeeindruckt von den Vorwürfen. Unklar sind deswegen die Auswirkungen der Affäre auf die Präsidentschaftswahl in elf Monaten, bei der Trump für eine zweite Amtszeit antreten will.

In einem weiteren Tweet bezeichnete Trump die von den Demokraten vorangetriebene Amtsenthebung als „schieren politischen Wahnsinn“. Seine bisherige Amtszeit sei eine der „erfolgreichsten Präsidentschaften“, der Wirtschaft gehe es blendend, und er habe sich absolut nichts zuschulden kommen lassen, schrieb Trump am Dienstag auf Twitter.

Bei einer Anhörung im Justizausschuss am Montag hatten die Demokraten erneut schwere Vorwürfe erhoben und von „überwältigenden Beweisen“ gegen Trump gesprochen. „Präsident Trump hat sich selbst über sein Land gestellt“, sagte der Ausschussvorsitzende Nadler zum Abschluss der Sitzung. Trump habe seinen Amtseid verletzt. „Die Tatsachen sind klar. Die Gefahr für unsere Demokratie ist klar. Und unsere Pflicht ist klar.“ Die Verfassung sehe ein Mittel gegen ein solches Verhalten vor. „Dieses Mittel ist Impeachment.“ Nadler kündigte an: „Dieser Ausschuss wird entsprechend voranschreiten.“