Einsatzkräfte am Tatort
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Gewalt gegen Frauen

Nationalrat fordert mehr Geld

Am Mittwoch haben die Abgeordneten im Nationalrat für einen stärken Schutz von Frauen vor Gewalt appelliert. Frauenministerin Ines Stilling erwähnte, dass das Frauenbudget seit zehn Jahren nicht erhöht wurde. Alle Klubs forderten ein höheres Budget für den Gewaltschutz. Heftige Kritik kam allerdings von der SPÖ: Sie ortete „Verzögerungen“.

Die Aktuellen Stunde „Stopp der Gewalt an Frauen!“ wurde von der SPÖ beantragt. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner verwies in ihrer Rede auf die Statistik, wonach 92 Prozent der Frauenmorde im engsten familiären Umfeld geschehen. „Es sind gezielte Morde an Frauen und Mädchen“, so Rendi-Wagner. Wichtig seien Präventionsmaßnahmen im frauenpolitischen Bereich, Frauen- und Gewaltschutzeinrichtungen müssten höher budgetiert werden, sagte die SPÖ-Chefin.

Stilling sagte, dass jede fünfte Frau in ihrem Leben Gewalt erlitten habe. An die betroffenen Frauen und Mädchen gerichtet: „Sie sind nicht alleine mit dieser Erfahrung, Sie sind nicht schuld an dieser Erfahrung und Sie brauchen sich dafür auch nicht schämen.“ Eine Budgeterhöhung sei „zwingend“ notwendig, um die Gewaltschutzeinrichtungen und Beratungen aufrechtzuerhalten. Sie forderte zudem eine bundesweite Informationskampagne, da viele Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, nicht wüssten, dass es Hilfe gibt.

Frauenministerin Ines Stilling
ORF.at/Roland Winkler
Frauenministerin Ines Stilling sprach am Mittwoch im Nationalrat über Gewalt an Frauen

Scharfe Kritik von Heinisch-Hosek

Die ÖVP-Abgeordnete und ehemalige Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß erinnerte daran, dass 2018 in Österreich 41 Frauen ermordet wurden und dieses Jahr 34. „Was mich sehr betroffen macht, ist, dass ein Frauenmord oft in den Medien nur noch eine kleine Randnotiz ist, oft auch als Familiendrama bezeichnet“, so die ÖVP-Mandatarin. Es sei Aufgabe der Politik, Frauen und Mädchen aus der „Gewaltspirale“ herauszuholen. Am besten wäre, wenn sie gar keine Gewalt erfahren.

Kritisch äußerte sich jedoch die ehemalige Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Zwar lobte sie, dass alle Fraktionen im Herbst mehr Geld für Gewaltschutz beschlossen haben. „Wir könnten schon längst diese Themen in zuständigen Ausschüssen besprechen. Es war bisher nicht möglich, dass die Ausschüsse, die Gewaltschutz betreffen, zu tagen begonnen haben, weil sie noch nicht konstituiert wurden“, so die SPÖ-Frauensprecherin.

Die „Verzögerungen“ würden diese Entscheidungen „verhindern und behindern und dadurch das Leben von Frauen unter Umständen auch nicht besser machen“, sagte Heinisch-Hosek. Die SPÖ-Politikerin hatte am Dienstag scharfe Kritik an den andauernden Koalitionsgesprächen geübt. Grüne und ÖVP würden Maßnahmen durch die Verzögerung behindern. „Ausschüsse müssen Entscheidungen für Frauen treffen können. Wir müssen Frauen Existenzängste nehmen können.“

Gabriele Heinisch-Hosek übt Kritik an ÖVP und Grünen

SPÖ-Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek hat am Mittwoch erneut die andauernden Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen kritisiert. Diese würden Maßnahmen verzögern.

Kickl legte Fokus auf Täter

Der Struktur der Täter widmete sich FPÖ-Klubchef Herbert Kickl und zählte dabei auf, wie viele davon Migrationshintergrund haben. Es handle sich bei Delikten gegen Frauen „zu einem großen Teil um importierte Gewalt“. Wichtig wäre, dass man den Asylstatus leichter verlieren könne. „Ich sage nicht, dass Österreicher keine Verbrechen begehen. Aber das ist eine ganz andere Dimension. 50 Prozent der Täter bei den Fällen, die in einer Screeninggruppe untersucht wurden, sind keine österreichischen Staatsbürger“, so Kickl.

Hilfe für Betroffene

Meri Disoski (Grüne) wies die Behauptung von Heinisch-Hosek zurück, dass die Regierungsverhandlungen die Konstituierung von Ausschüssen behinderten. Es sei so mit allen Klubs akkordiert, so Disoski. Dann wandte sie sich an Kickl. „Gewalt an Frauen wird nicht importiert. Männer verletzen und töten Frauen.“ Auch von höheren Strafen, wie sie die letzte Regierung beschlossen hatte, hält sie nichts. „Unsere Maßnahmen müssen darauf abzielen, frauenfeindliche Strukturen aufzubrechen“, sagte die grüne Mandatarin.

„Erschossen, erstochen, erstickt“

NEOS-Frauensprecherin Henrike Brandstötter sieht in Österreich eine Spezialsituation, sei doch in keinem europäischen Land der Anteil weiblicher Opfer so hoch wie hierzulande. „Alle zehn Tage stirbt eine Frau durch die Hand jenes Mannes, der vorgibt, sie zu lieben. Diese Frauen werden erschossen, erstochen, erstickt, angezündet und totgeprügelt, und das am für Frauen gefährlichsten Ort der Welt: in ihrem eigenen Zuhause.“ Brandstötter sprach sich für eine einfachere Struktur bei der Finanzierung der Gewaltschutzeinrichtungen aus.

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) will auch über Gewalt an Buben sprechen, „Gewalt an Kindern“. Wie ihr Klubchef sagte die FPÖ-Mandatarin, dass man die Gewalt „hereingelassen“ habe. „Jeder Täter ist einer zu viel, aber jene, die ich mir hereinhole – dann muss ich meine Politik hinterfragen“, sagte Belakowitsch. Laut ihren Aussagen seien die finanziellen Zuwendungen für Frauenberatungsstellen in den letzten Jahren gestiegen, trotzdem sei die Gewalt gestiegen.

Familienministerin Stilling zu Gewalt gegen Frauen

Stilling wandte sich am Mittwoch an Frauen und Mädchen, die Gewalt erfahren haben: „Sie sind mit dieser Erfahrung nicht alleine.“ Sie forderte ein höheres Frauenbudget.

Stiling nahm zu dieser Äußerung von Belakowitsch Stellung. „Aufgrund der budgetären Rahmenbedingungen war es in den vergangenen Jahren nicht möglich, die Förderungen für Frauen- und Mädchenberatungsstellen zu erhöhen. Diese sind seit vielen Jahren zumindest auf Bundesseite gleich geblieben, daher keine Budgeterhöhung, obwohl sie dringend notwendig gewesen wäre.“