Lehrlinge in einer Werkstätte arbeiten an einem Schraubstock
ORF.at/Carina Kainz
Nationalrat

Abschiebestopp für Asylwerber in Lehre fix

Asylwerberinnen und Asylwerber dürfen während ihrer Lehre nicht abgeschoben werden. Das entschied der Nationalrat am Mittwoch mit Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und der Grünen. Die FPÖ stimmte gegen die Gesetzesänderung. Ganz zufrieden waren aber auch SPÖ, NEOS und Grüne mit dem Abschiebestopp nicht.

Die Frist für die Ausreiseverpflichtung abgelehnter Asylwerberinnen und Asylwerber beginnt nun erst nach Abschluss der Lehre bzw. Lehrabschlussprüfung. Allerdings gilt die Regelung für maximal vier Jahre, nicht bei Straffälligkeit, und schafft kein Aufenthaltsrecht nach dem Lehrabschluss. Auch gilt sie nur für (nicht ganz 800) Altfälle, konkret all jene, die ihr Lehrverhältnis vor dem 12. September 2018 begonnen haben. Zuletzt wurde noch sichergestellt, dass die Duldung schon jetzt – vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung – gilt.

Also können auch Lehrlinge, deren Abschiebung kurz bevorstünde, ihre Ausbildung beenden – auch wenn das Gesetz noch nicht in Kraft getreten ist. Denn es muss nach dem Beschluss im Nationalrat noch im Bundesrat beschlossen und dann von Bundespräsident Alexander Van der Bellen beurkundet werden.

ÖVP für klare Trennung von Asyl und Zuwanderung

Die Debatte über die Gesetzesänderung spiegelte allerdings nicht die klare Zustimmung zu diesem wieder. SPÖ, NEOS und Grüne sprachen vor dem Beschluss von einer „Notlösung“. So beklagte etwa Stephanie Krisper (NEOS), dass ihr Antrag keine Mehrheit gefunden hat. Die Partei wollte eine Legalisierung des Aufenthalts und nicht nur einen Abschiebestopp. Von den Betrieben werden die „800 jungen, integrationswilligen, fleißigen Menschen“ gebraucht. Der Kompromiss sei aber immerhin „besser als nichts“.

NEOS-Politikerin Krisper: Abschiebestopp nur erster Schritt

Für NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper ist der Abschiebestopp für Asylwerber in der Lehre nur ein erster Schritt. Sie forderte am Mittwoch im Nationalrat eine Legalisierung des Bleiberechts.

Die Grünen-Abgeordnete Faika El-Nagashi zeigte sich mit dem nun erzielten Kompromiss zwar zufrieden, forderte aber ein Bleiberecht für Asylwerber und Asylwerberinnen, die eine Lehre abgeschlossen haben. Karl Mahrer von der ÖVP – er hatte den Abänderungsantrag eingebracht – betonte in seiner Rede, man wolle den „geraden Weg“ weitergehen. Er beharrte darauf, dass es um keinen neuen Aufenthaltstitel gehe. Die Lehrausbildung bringe den Personen Know-how, damit könnten sie „in ihrem Land für Aufbau zu sorgen“.

ÖVP-Mandatar Mahrer zufrieden mit Abschiebestopp

ÖVP-Mandatar Karl Mahrer zeigte sich in seiner Rede zufrieden mit der neuen Regelung zum Abschiebestopp für Asylwerber in der Lehre. Wichtig sei ihm die klare Trennung zwischen Asyl und Zuwanderung.

Für Kritik sorgte die Rede von FPÖ-Mandatar Hannes Amesbauer. Dieser sagte, dass die knapp 800 Asylwerberinnen und Asylwerber mit einer Lehrausbildung einem Österreicher bzw. einer Österreicherinnen einen Job wegnehmen. Josef Muchitsch von der SPÖ konterte: „So ein Unsinn, so ein Unsinn. Begreifen Sie und kapieren Sie es endlich, dass das Mangelberufe sind. Wir haben eine Mangelberufsliste mit 45 Berufen, und das AMS darf nur dorthin vermitteln, wo es nicht gelingt, einen österreichischen Jugendlichen auf diesen Lehrplatz zu bringen.“

Kickl warnt vor „Dauerzustand“

FPÖ-Klubchef Herbert Kickl holte gegen den Abschiebestopp aus. Mit der Regelung sei „die Büchse der Pandora“ geöffnet, so Kickl, der von einem dauerhaften Bleiberecht und dem Familiennachzug warnte. Ein Abschiebestopp für rechtskräftig negativ beschiedene Asylwerber in der Lehre sei ein Angriff auf den Rechtsstaat. Aus der „angeblichen Sonderregelung“ für 800 Personen werde nun ein „Dauerzustand“ für Tausende, sagte Kickl.

FPÖ-Klubchef Kickl warnt vor „Dauerzustand“

Herbert Kickl, Klubchef der FPÖ, warnte vor dem Beschluss des Abschiebestopps für Asylwerber in der Lehre vor einem „Dauerzustand“. Mit der Regelung habe man die „Büchse der Pandora“ geöffnet.

Zuvor hatte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer von einer „pragmatischen Lösung“ gesprochen. Ihm ging es aber auch um jene, die keinen Lehrberuf haben. „10.000, nicht 700, Asylberechtigte unter 25, 30.000 Asylberechtigte, die keine Arbeit haben. Da müssen wir ansetzen. Diese Menschen braucht die Wirtschaft“, sagte Nehammer, der den Erlass aus 2012, wonach Asylwerber eine Lehre beginnen dürfen, als „Fehler“ bezeichnete. Der Erlass gilt nicht mehr.

Für SPÖ-Politikerin Nurten Yilmaz ist die Gesetzesänderung nur eine „Notlösung“, die jetzt „gut so“ sei. „Liebe Kollegen, wir wissen, dass viele Lehrlinge in einigen Monaten ihre Berufsausbildung abschließen werden. Das sind Fachkräfte“, sagte Yilmaz. Man schiebe Leute ab, die ausgebildet sind und Deutsch können, fordere aber gleichzeitig mehr Fachkräfte. „Im Übrigen: Die Reden der FPÖ-Abgeordneten kann ich nur noch als milieubedingte Unmutsäußerung einstufen.“