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ORF.at/Peter Pfeiffer
Kalte Progression

Löhne steigen weniger als Steuereinnahmen

Die Lohnsteuereinnahmen sind im Vorjahr deutlich stärker gewachsen als die Einkommen der Arbeitnehmer. Das zeigen von der Statistik Austria am Donnerstag veröffentlichte Zahlen. Ursache ist die kalte Progression.

Ungewöhnlich ist die Bilanz des Vorjahres daher nicht, denn rückläufig ist die Lohnsteuer nur in Jahren einer Steuerreform. Auch heuer deuten die vorläufigen Daten des Finanzministeriums auf ein deutliches Plus bei der Lohnsteuer hin.

Wie die Lohnsteuerstatistik 2018 zeigt, verdienten Arbeitnehmer und Pensionisten im Vorjahr in Summe 203,3 Mrd. Euro. Davon flossen 28,1 Mrd. Euro als Lohnsteuer an den Staat, weitere 26,3 Mrd. Euro waren Sozialversicherungsbeiträge. Die Lohnsteuereinnahmen stiegen im Vorjahr somit um 6,8 Prozent – und sie legten deutlich stärker zu als die Bruttobezüge (4,5 Prozent). Beim Lohnsteueraufkommen war somit beinahe wieder das Niveau von vor der Steuerreform 2016 (2015: 28,3 Mrd. Euro) erreicht.

Dauerstreit über kalte Progression

Den größten Anstieg verzeichneten die Lohnsteuereinnahmen im Jahr 2008 – also unmittelbar, bevor die Finanzkrise in Österreich ankam – mit 8,4 Prozent. Am stärksten nahmen sie 2016 mit minus 10,8 Prozent ab. Dass das Lohnsteueraufkommen grundsätzlich steigt, hat mit der kalten Progression zu tun, also dem Umstand, dass durch die Inflationsabgeltung Lohnbezieher in immer höhere Steuertarifstufen rutschen.

Denn die Tarifstufen sind starr und werden nicht an die Inflation angepasst. Im Wahlkampf 2017 hatten ÖVP und FPÖ mit dem Aus für die kalte Progression geworben. Bei der Präsentation der ÖVP-FPÖ-Steuerreformpläne im Frühjahr – vor dem Zerfall der Koalition – war die Abschaffung aber kein Thema mehr.

Grafik zum Lohnsteueraufkommen in Österreich
Grafik: ORF.at/APA; Quelle: Statistik Austria

Aber auch die SPÖ hatte eine automatische Anpassung der Steuertarife 2016 – noch in Koalition mit der ÖVP – abgelehnt. Beide, sowohl der damalige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Frühjahr als die SPÖ vor drei Jahren, argumentierten damit, dass ein Automatismus vor allem Besserverdienerinnen und -verdienern zugutekommen würde. Aus budgettechnischer Sicht ist die Zurückhaltung bei der Abschaffung durchaus verständlich: Neben den Umsatzsteuern ist die Lohnsteuer die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle.

47 Prozent Angestellte

Die größte Gruppe unter den 4,6 Mio. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bildeten die Angestellten (46,6 Prozent), knapp zwei Fünftel (38,5 Prozent) waren Arbeiterinnen und Arbeiter. Vertragsbedienstete kamen auf einen Anteil von 8,3 Prozent, Beamtinnen und Beamte auf 3,8 Prozent. 2,4 Prozent aller unselbstständig Erwerbstätigen waren Lehrlinge, 0,4 Prozent hatten sonstige Aktivbezüge vorzuweisen.

Anstieg entgegen Ankündigungen

Auch die anderen Steuern legten im Vorjahr deutlich zu. Laut OECD ist die Abgabenquote in Österreich nicht – wie von der heuer zerbrochenen ÖVP-FPÖ-Regierung eigentlich angekündigt – gesunken, sondern wieder gestiegen. Mit Steuern und Abgaben im Ausmaß von 42,2 Prozent der Wirtschaftsleistung lag Österreich im OECD-Vergleich auf dem sechsten Platz hinter Frankreich, Dänemark, Belgien, Schweden und Finnland. 2017 waren es noch 41,8 Prozent gewesen.

Auch heuer sind die Lohnsteuereinnahmen deutlich im Plus: Von Jänner bis Oktober stiegen die Einnahmen um 5,2 Prozent auf knapp 23 Mrd. Euro. Auch die anderen Steuereinnahmen sind in den ersten zehn Monaten im Plus – mit drei Prozent auf 73,2 Mrd. Euro.

Jeweils etwa die Hälfte der Lohnsteuerpflichtigen sind Männer (50,3 Prozent) und Frauen (49,7 Prozent). Allerdings kassierten die Männer im Jahr 2018 61,2 Prozent der Bruttobezüge und bezahlten 70,3 Prozent der einbehaltenen Lohnsteuer. Das spiegelt zum Teil die Gehaltsschere wider – ebenso sehr aber die Tatsache, dass viel mehr Frauen Teilzeit arbeiten als Männer.