Szene aus „Vienna Blood“
ORF/MR Film/Endor Productions/Petro Domenigg
„Vienna Blood“

Mörderjagd im düsteren Wien

Wien, 1906: Der Mord an einer Geisterbeschwörerin bringt einen ruppigen Kriminalisten und einen englischen Mediziner und Schüler Sigmund Freuds zusammen. In „Vienna Blood“ leuchtet Regisseur Robert Dornhelm die düsteren Abgründe einer glitzernden Metropole aus. Am Freitag ist der erste Teil der international gefeierten Miniserie in ORF2 zu sehen.

Im Zentrum der Geschichte steht der Kriminalbeamte Oskar Rheinhardt (Juergen Maurer), der einen mysteriösen Mord an einer jungen Frau, die als Medium gearbeitet hat, aufklären soll. Bei seinen Ermittlungen wird er – sehr zu seinem Missfallen – von dem englischen Mediziner Max Liebermann (Matthew Beard) begleitet. Der Sohn einer jüdischen Familie kam in jungen Jahren nach Wien, wo er bei Freud studierte und nun die Psychologie des Verbrechens erkunden will.

Ein um die Jahrhundertwende völlig neuer Ansatz, an den sich alle Beteiligten erst gewöhnen müssen. Die Geschichte von „Vienna Blood“ basiert auf den „Liebermann“-Romanen von Frank Tallis, die nun für den Dreiteiler von Steve Thompson adaptiert wurden. Dornhelm führte in der ersten Folge Regie. Die Teile zwei und drei, die kommendes Jahr im ORF zu sehen sind, stammen aus der Hand von Umut Dag („CopStories“).

Szene aus „Vienna Blood“
ORF/MR Film/Endor Productions/Petro Domenigg
Analytischer Feingeist gegen rauen Kriminalisten: Liebermann (Beard, li.) und Reinhardt (Maurer) müssen sich anfangs erst aneinander gewöhnen

Grenzüberschreitender Krimi

„Vienna Blood – Die letzte Seance“ ist eine Produktion von MR FILM und Endor Productions in Koproduktion mit ORF, ZDF und Red Arrow Studios. Gedreht wurde auf Englisch, um ein internationales Publikum zu erreichen. Die Dreharbeiten gingen von Herbst 2018 bis Frühjahr 2019 in Wien und Umgebung über die Bühne. Als Kulisse für den ersten Teil dienten etwa das Riesenrad, das Hotel Sacher, die Kirche am Steinhof, der Wiener Zentralfriedhof und das Wiener Konzerthaus.

Szene aus „Vienna Blood“
ORF/MR Film/Endor Productions/Hubert Mican
Überirdische Hilfe bei den Ermittlungen? Polizist Reinhardt (re.) nimmt an einer Geisterbeschwörung teil

„Die Idee von Film ist ja, dass er Grenzen überschreiten soll“, so Dornhelm. Mit mehrsprachigen Sets kennt sich der Regisseur von multinational besetzten Filmen wie „Krieg und Frieden“ und „Maria Theresia“ schließlich aus. Im vorliegenden Fall wurde ausschließlich die englische Familie Max Liebermanns, den der junge Brite Matthew Beard gibt, mit Britinnen und Briten besetzt – darunter der aus „Game of Thrones“ bekannte Conleth Hill als Max’ Vater Mendel Liebermann.

TV-Hinweis

„Vienna Blood – Die letzte Seance“ ist am Freitag um 20.15 Uhr in ORF2 zu sehen.

Die „echten“ Wiener werden neben Maurer unter anderem von Roland Koch, Ursula Strauss, Petra Morze, Erni Mangold und Maria Bill gespielt. „Es ist wirklich besonders charmant, weil die Österreicher einen leichten Akzent haben“, schwärmte Dornhelm vom englischen Original. Im ORF wird der historische Krimi im Zweikanalton ausgestrahlt. Das TV-Publikum hat damit die Möglichkeit, dem britischen Ensemble sowie heimischen Publikumslieblingen wie Maurer und Strauss im englischen Originalton (Tonspur2) zu begleiten.

„Mysteriöse, unverständliche Zeit“

Einen besonderen Reiz an dem Stoff von „Vienna Blood“ hatte sowohl für Dornhelm als auch für Maurer die „besondere Zeit“ kurz vor dem Ersten Weltkrieg ausgemacht. „Es ist eine mysteriöse, für mich unverständliche Zeit, in der etwa unsere Helden, die Literaten, für einen Krieg warben. Eine Zeit, in die die tollsten Errungenschaften in Architektur, Literatur, Musik und Bildende Kunst fallen und zugleich dieser dämliche Nationalismus entsteht“, so Dornhelm: „Das hat mich interessiert.“

 Jürgen Maurer, Matthew Beard, Regisseur Robert Dornhelm.
ORF/Hubert Mican
Liebermann-Darsteller Beard, Maurer und Regisseur Dornhelm (v. li.): „Vienna Blood“ war bereits international erfolgreich

Einen ähnlichen Zugang hat auch Beard, der bei Wien um 1900 vor allem an Gustav Klimt, Oskar Kokoschka und Egon Schiele dachte. „Natürlich wusste ich nichts über Karl Lueger oder die spezifische politische Situation. Ich wusste allerdings, dass Hitler in die Kunstschule wollte.“

Viele Menschen hätten eine sehr romantisierte Vorstellung von Wien, sagte Beard. „Aber was der Film macht, ist, die dunklere Seite herauszubringen, die politischen Verhältnisse, den Nationalismus, den Antisemitismus. Ich hoffe, es gibt eine gute Balance zwischen der klassisch unterhaltsamen Detektivgeschichte und den relevanten politischen Themen, die im Film mitschwingen.“

Erfolg bei BBC-Premiere

Einen internationalen Erfolg konnte die Serie bereits vor seiner ORF-Premiere verbuchen. So erreichte man mit der BBC-Premiere Ende November durchschnittlich 1,8 Millionen Zuseherinnen und Zuseher, was einem Marktanteil von neun Prozent entsprach. Das nährt bei Fans die Hoffnung, dass auch die drei verbleibenden Liebermann-Krimis verfilmt werden.