US-Präsident Donald Trump
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Impeachment

Anklagepunkte gegen Trump abgesegnet

Der Justizausschuss im US-Repräsentantenhaus hat sich für die Einleitung eines offiziellen Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Donald Trump ausgesprochen. Das Gremium nahm am Freitag (Ortszeit) mit der Mehrheit der Demokraten beide Anklagepunkte für ein mögliches Impeachment des Präsidenten an. Trump soll sich wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen des Kongresses verantworten.

Damit rückt das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ein Stück näher. Nun muss noch das Plenum des Repräsentantenhauses die Anklagepunkte absegnen. Die Abstimmung wird für kommende Woche erwartet. Wegen der demokratischen Mehrheit in der Kongresskammer dürfte Trump der dritte Präsident der US-Geschichte werden, gegen den ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wird.

Der Prozess selbst findet dann aber im Senat statt. Weil dort Trumps Republikaner die Mehrheit haben, gilt eine Amtsenthebung des Präsidenten als höchst unwahrscheinlich. Für eine Amtsenthebung wäre eine Zweidrittelmehrheit in der Kammer notwendig, die Republikaner haben aber eine Mehrheit von 53 der 100 Sitze. Mindestens 20 republikanische Senatoren und Senatorinnen müssten sich auf die Seite der Demokraten schlagen, damit Trump des Amtes enthoben würde. Es könnte bereits im Jänner zu dem Verfahren kommen.

Grafik zum Impeachment-Verfahren
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Die Demokraten werfen Trump vor, den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenski zu Ermittlungen gegen den früheren US-Vizepräsidenten Joe Biden gedrängt zu haben, der ihn bei der Präsidentschaftswahl 2020 als Kandidat der Demokraten herausfordern könnte. Trump soll als Druckmittel unter anderem eine Militärhilfe an Kiew in Millionenhöhe zurückgehalten haben. Später soll Trump in „beispielloser“ Weise die Kongressuntersuchung zur Ukraine-Affäre behindert haben.

Marathonsitzung mit Vertagung

Der Justizausschuss beriet in einer hitzigen Marathonsitzung über die Vorwürfe gegen Trump. Die Abgeordneten hatten bereits am Mittwoch bis in die Nacht getagt. Am Donnerstagmorgen (Ortszeit) waren sie wieder zusammengekommen, hatten 14 Stunden lang bis in die Nacht beraten, dann erneut unterbrochen und die Abstimmung schließlich für Freitag angesetzt.

Bei den Debatten tauschten sie überwiegend bereits bekannte Positionen aus. Die Republikaner warfen den Demokraten einen Rachefeldzug gegen Trump vor, während diese schwere Verfehlungen des Präsidenten anprangerten. Der Vorsitzende des Justizausschusses, Jerry Nadler, sagte: „Egal wie beliebt er sein mag, egal wie gut oder schlecht die Ergebnisse seiner Politik sein mögen: Kein Präsident soll ein Diktator in den Vereinigten Staaten sein.“

„Willen des Volkes nie akzeptiert“

Die Republikaner werfen den Demokraten vor, den Wahlsieg Trumps 2016 rückgängig machen und dessen Wiederwahl im nächsten Jahr verhindern zu wollen. „Die Demokraten haben den Willen des amerikanischen Volkes nie akzeptiert“, kritisierte der republikanische Abgeordnete Jim Jordan. Sein Parteifreund Louie Gohmert meinte: „So ist es unter Stalin gelaufen.“ Trump selbst sprach wiederholt von einer Hexenjagd.

Das Weiße Haus bezeichnete den Beschluss als „verzweifelte Farce“. Der Präsident sehe jetzt einem fairen Prozess im Senat entgegen, erklärte Trumps Sprecherin Stephanie Grisham am Freitag. Das Repräsentantenhaus verweigere dem Präsidenten eine faire Behandlung.

Trump wäre nach Andrew Johnson (1868) und Bill Clinton (1998) der dritte US-Präsident, der sich einem Amtsenthebungsprozess stellen müsste. Richard Nixon war 1974 durch seinen Rücktritt einem Impeachment wegen des Watergate-Skandals entgangen. Der Justizausschuss hatte bereits für Anklagepunkte gestimmt, das gesamte Repräsentantenhaus aber noch nicht. Anders als 1974 bei Nixon scheinen die meisten Republikaner und auch Trumps Kernwähler bisher hinter Trump zu stehen.