COP25 in Madrid
AP/Bernat Armangue
UNO-Klimakonferenz

Das Streiten ist in der Verlängerung

Die 25. UNO-Klimakonferenz (COP25) in Madrid ist in die Verlängerung gegangen und zieht sich bis in den Samstag hinein. Die Abschlusserklärungen werden in den kommenden Stunden erwartet, könnten sich aber auch länger hinziehen, hieß es in den Morgenstunden. Am Samstagvormittag wurden neue Textentwürfe veröffentlicht, an denen Verhandler die Nacht über gearbeitet hatten.

Diese wurden allerdings als zu schwach kritisiert und wieder verworfen, wie es vonseiten von Umweltschützern am Samstagvormittag hieß. Die COP25 hätte am Freitag um 18.00 Uhr nach zwei Wochen enden sollen. Vertreter und Vertreterinnen verschiedener Umwelt- und Entwicklungsorganisationen warnten am Samstag zu Mittag vor einem kompletten Scheitern der Klimakonferenz. Die derzeit vorliegenden Beschlusstexte seien „völlig inakzeptabel“ und ein „Betrug an den Menschen in aller Welt“, sagte die Chefin von Greenpeace International, Jennifer Morgan, in Madrid.

Die chilenische Präsidentschaft der Weltklimakonferenz habe die Aufgabe, das Pariser Klimaabkommen „zu schützen und nicht zuzulassen, dass es durch Zynismus und Gier auseinandergerissen wird“. Stattdessen habe Chile „den Verschmutzern zugehört und nicht den Menschen“, kritisierte Morgan. Der Chef der Initiative Power Shift Africa, Mohamed Ado, bezeichnete die Beschlusstexte als „katastrophal“ – „die schlimmsten, die ich je gesehen habe“. Die dort enthaltenen Formulierungen würfen die Welt um Jahre zurück, statt auf die Herausforderungen des Klimawandels zu reagieren.

COP25 in Madrid
Reuters/Nacho Doce
Ein Blick ins Innere der Klimakonferenz

„Besorgt und beunruhigt“

Die EU sowie Vertreter von Entwicklungs- und Schwellenländern kritisierten, dass in den Texten nicht deutlich gemacht werde, dass die nationalen Klimaschutzziele zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens deutlich angehoben werden müssten. Der Feststellung der COP-Präsidentin und chilenischen Umweltministerin Carolina Schmidt, mit den neuen Beschlusstexten sei eine Lösung gelungen, „die für alle funktioniert“, wurde von allen Delegierten, die sich zu Wort meldeten, widersprochen. „Für die EU ist es unmöglich, diese COP zu verlassen ohne eine Botschaft für starke Ambition“, sagte eine Vertreterin der EU-Delegation im Plenum. Die Texte müssten daher überarbeitet werden.

Die Umweltministerin von Gastgeberland Spanien, Teresa Ribera, sagte, sie sei „besorgt, beunruhigt“ wegen des mangelnden Klimaschutzehrgeizes in den Texten. Der Vertreter des Karibik-Staates Belize, Carlos Fuller, der für das Bündnis der kleinen Inselstaaten (AOSIS) verhandelt, kritisierte, in den Texten seien alle Bezüge auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen abgeschwächt worden. Außerdem enthielten sie überhaupt keine Zusage einer Steigerung der Ambitionen.

Auch Vertreter der Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder (LDC), der Lateinamerika-Karibik-Gruppe AILAC sowie China kritisierten die fehlende Ambition. Die Klimagesandte der Marshall-Inseln, Tina Stege, bekräftigte die Forderung nach einem Bekenntnis zu ehrgeizigen Klimaschutzmaßnahmen mit den Worten: „Wir sind hier und wir werden kämpfen, und die Welt schaut uns zu“ – und erntete dafür Applaus vom Plenum.

Positionen weit auseinander

Das Streiten und Ringen um Positionen war auch in der Nacht weitergegangen. Besonders umstritten ist die Ausgestaltung von Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens. Er sieht vor, auch Marktmechanismen zur Steigerung und Umsetzung der nationalen Klimaschutzbeiträge, der NDCs, zu nutzen. So könnte etwa ein Land in Europa ein Solarkraftwerk in einem afrikanischen Land finanzieren, um die Nutzung fossiler Energieträger zu verringern, und sich diese Emissionseinsparung auf sein NDC anrechnen lassen.

Ein paar Länder wie Brasilien und Australien beharren darauf, dass unter dem Kyoto-Protokoll erworbene Verschmutzungsrechte unter dem Paris-Abkommen weiter gelten. Außerdem wird um Regelungen gerungen, um Doppelzählungen von Klimaschutzanstrengungen zu vermeiden und soziale und Menschenrechtsstandards für die unter Artikel 6 fallenden Projekte festzuschreiben.

Protest auf dem COP25 in Madrid
Reuters/Nacho Doce
NGOs und andere Gruppierungen protestieren für mehr Umweltschutz und gegen die Klimakrise

Wie soll überprüft werden?

Gestritten wird auch darüber, ob und wie die Überprüfung der nationalen Klimaschutzbeiträge bis zum Jahr 2020, die Pre-2020, in die Konferenzentscheidungen einfließt. Das Pariser Abkommen ist zwar bereits in Kraft getreten, seine Bestimmungen gelten offiziell aber erst ab 2020. Die Industriestaaten hatten aber zugesagt, schon vorher ihre Klimaschutzanstrengungen zu verstärken. Die Entwicklungsländer kritisieren, dass dennoch kaum etwas passiert sei und einige Länder wie Deutschland ihr 2020-Ziel verfehlten.

Weiter gerungen wird in Madrid zudem um die Klimafinanzierung. Da die Forderung von Entwicklungsländern, einen eigenen Fonds für die Kompensation klimabedingter Schäden und Verluste (Loss and Damage) einzurichten, derzeit keine Chance auf Umsetzung hat, wird diskutiert, den Grünen Klimafonds für diesen Aspekt zu öffnen. Dafür sind allerdings keine zusätzlichen Finanzmittel vorgesehen.

Debatte über Anhebung der Klimaziele

Ein weiterer zentraler Verhandlungspunkt ist die Frage, wie in der Dachentscheidung der Konferenz auf die Notwendigkeit eingegangen wird, dass zur Umsetzung des Pariser Abkommens alle Staaten ihre Klimaschutzziele anheben müssen. Das Thema Klimaschutzambition steht in Madrid offiziell nicht auf der Agenda. Erst kommendes Jahr bei der UNO-Klimakonferenz in Glasgow müssen die Staaten des Pariser Abkommens ihre neuen Klimaschutzzusagen vorlegen.

Angesichts der fortschreitenden und zunehmend spürbaren Erderwärmung drängen Umweltverbände und Aktivisten, etwa von der Bewegung „Fridays for Future“, aber darauf, die Klimaziele jetzt schon deutlich anzuheben oder das zumindest für 2020 fest zuzusagen.