COP25 in Madrid
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UNO-Klimakonferenz

Enttäuschung und Wut nach Gipfeleinigung

Nach einem komplizierten Verhandlungsmarathon ist der zweiwöchige Weltklimagipfel in Madrid ohne nennenswerte Fortschritte im Kampf gegen die Erderwärmung zu Ende gegangen. Kritik am Kompromiss kam von Umweltschutzverbänden, für Österreichs Umweltministerium war das Ergebnis „mehr als erwartet“. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres reagierte enttäuscht.

In dem Beschluss, der am Sonntag im Abschlussplenum gefasst wurde und äußerst vage formuliert ist, werden alle Staaten „ermutigt“, 2020 auf Grundlage der Wissenschaft „die höchstmögliche Ambition als Reaktion auf die Dringlichkeit“ des Kampfs gegen den Klimawandel zu zeigen. Damit soll die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens noch gelingen. Es sieht vor, die Erderwärmung auf ein beherrschbares Maß von deutlich unter zwei Grad, möglichst aber 1,5 Grad zu begrenzen.

Selbst wenn die Staaten des Abkommens ihre Zusagen vollständig umsetzen, steuert die Welt auf eine gefährliche Erwärmung von mindestens drei Grad zu. Daher wurde in dem Konferenzbeschluss mit „ernster Sorge“ auf die „Kluft“ zwischen den tatsächlichen Klimaschutzanstrengungen und den notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung der Paris-Ziele hingewiesen.

Guterres: „Dürfen nicht aufgeben“

Die internationale Gemeinschaft habe eine wichtige Gelegenheit verstreichen lassen, mehr Ehrgeiz im Kampf gegen die Klimakrise zu zeigen, schrieb UNO-Generalsekretär Guterres am Sonntag auf Twitter. „Aber wir dürfen nicht aufgeben. Und ich werde nicht aufgeben.“ Er sei entschlossener denn je, dafür zu arbeiten, dass sich 2020 alle Staaten dazu bekennen, das von der Wissenschaft als notwendig Erachtete zu tun: den weltweiten Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen und bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen.

Schlafender Teilnehmer der COP25
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Ein Konferenzteilnehmer nach nächtelangen Dauerverhandlungen – das Ergebnis ist äußerst bescheiden

Das Umweltministerium zog nach der Präsentation der Gipfelerklärung eine nicht allzu negative Bilanz. „Das Ergebnis dieser COP25 lässt sich kurz zusammenfassen: Weniger als erhofft, mehr als erwartet“, sagte Umweltministerin Maria Patek am Sonntag. Es sei gut und richtig, dass die EU beim Thema Marktmechanismen standhaft geblieben sei – „besser kein Deal als ein schlechter Deal“, so die Ressortchefin.

„Wichtig ist und bleibt auch für die Zukunft, dass die Weltgemeinschaft im Rahmen dieser Konferenz an einen Tisch kommt. Denn wir können nur gemeinsam dem Klimawandel entgegenwirken“, resümierte die Umweltministerin. Außerdem sei von Anfang an klar gewesen, dass „die Klimakonferenz in Madrid eine sehr technische ist. Große politische Entscheidungen standen nicht auf der Agenda“, so Patek. Es sei nach einer chaotischen Performance schlussendlich doch mehr herausgekommen als erwartet.

Kritik von Umweltverbänden

Umweltverbände sowie Entwicklungshelfer und Aktivistinnen reagierten kritischer und tief enttäuscht. Die internationale Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan erklärte zornig: „Die Regierungen müssen sich komplett neu aufstellen, denn das Ergebnis der COP25 ist völlig inakzeptabel.“ WWF Österreich reagierte ähnlich. Man scheitere sogar an Minimalkompromissen.

UNO-Klimagipfel einigt sich auf Kompromiss

Zwischenzeitlich hat es so ausgesehen, als könnte die Weltklimakonferenz in Madrid scheitern. Nach einer Marathonsitzung verkündete das Plenum nun, dass man einen Kompromiss errungen habe.

Die Hilfsorganisation Brot für die Welt machte insbesondere den Industriestaaten schwere Vorwürfe. „Es ist extrem verantwortungslos, egoistisch und kurzsichtig, dass sie Finanzzusagen gegenüber den ärmsten Staaten für die Bewältigung von Klimaschäden verwehren“, bilanzierte die Organisation.

Von Greenpeace Österreich hieß es: „Der unüberhörbare moralische Appell einer ganzen Generation wurde heute von den Mächtigen der Welt ignoriert. Eine lebenswerte Zukunft für uns alle wurde zur Verhandlungsmasse zwischen Konzerninteressen und politischen Machtfantasien alter, weißer Männer degradiert.“

Stundenlange Verhandlungen um Gipfelerklärung

Beobachter und Beobachterinnen hatten in den vergangenen Tagen immer wieder gemahnt, einige Staaten, allen voran Brasilien, Australien, Saudi-Arabien und die USA, hätten Entscheidungen immer wieder blockiert. Vor dem Beschluss war das Abschlussplenum immer wieder verschoben worden. Eigentlich sollte die UNO-Konferenz schon am Freitagabend vorbei sein. Noch nie zuvor hatte ein Weltklimagipfel so lange überzogen.

Erst 40 Stunden nach dem geplanten Ende besiegelte die Konferenzpräsidentin und chilenische Umweltministerin Carolina Schmidt die Einigung auf die Abschlusserklärung mit einem Hammerschlag. Die Konferenz scheiterte mit ihrem zentralen Vorhaben, den globalen Handel mit Klimaschutzgutschriften zu regeln. Nun wird eine Einigung im kommenden Jahr in Glasgow angestrebt.

Die Idee: Wenn ein Land seine Ziele beim Einsparen klimaschädlicher Treibhausgase übererfüllt, soll es Gutschriften verkaufen können. Es gab aber bis zuletzt heftigen Streit, wie genau angerechnet werden soll – auch, damit nicht doppelt gezählt wird. Die Position vieler Staaten war, lieber keinen Kompromiss zu akzeptieren als einen schlechten.

Folgen der Zielverfehlung nicht abschätzbar

Gipfelpräsidentin Schmidt lobte immerhin, dass sich inzwischen 120 Staaten zum Ziel der Klimaneutralität bis 2050 bekannt hätten. Die Zahl der Staaten in der Climate Ambition Alliance habe sich damit verdoppelt. Zuvor hatte der Beschluss des „Green Deal“ durch den EU-Gipfel, mit dem Ziel, bis 2050 als erster Kontinent „klimaneutral“ zu werden, für positive Reaktionen gesorgt.

Konferenzleiterin Carolina Schmidt
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Konferenzleiterin Carolina Schmidt musste nach Kritik neue Beschlusstexte vorlegen

Dennoch, die derzeitige Entwicklung ist düster: Schon jetzt hat sich die Erde nach Befunden des Weltklimarats um rund ein Grad aufgeheizt. Und die vergangenen vier Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Zu den Folgen zählen mehr extreme Wetterereignisse, also je nach Region mehr Hitzewellen, Dürren und Waldbrände, aber auch Hurrikans, Überflutungen und Starkregen.

Geht es so weiter wie bisher, läge der Temperaturanstieg Ende des Jahrhunderts bei 3,4 bis 3,9 Grad. Angestrebt werden aber maximal 1,5 Grad, um die gefährlichsten Kipppunkte im Ökosystem zu meiden. Wissenschaftler hatten bei der Konferenz eindringlich erläutert, dass nicht abzuschätzen sei, welche Folgen eine Temperaturerhöhung auf über 1,5 Grad für den Planeten und seine Bewohner haben könnte.