ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Bundessprecher der Grünen Werner Kogler
APA/Georg Hochmuth
ÖVP – Grüne

Neue Dynamik bei Koalitionsverhandlungen

Die Koalitionsverhandlungen haben am Sonntag etwas an Dynamik gewonnen. Während ÖVP-Chef Sebastian Kurz öffentlich auf einen raschen Abschluss drängte, plädierte Grünen-Chef Werner Kogler für „cooles“ Weiterverhandeln ohne Zeitdruck und pochte auf grüne Kernpunkte: „Sonst sind wir halt nicht dabei.“

Kurz hatte zuvor in mehreren Zeitungsinterviews für einen raschen Abschluss der Koalitionsverhandlungen nach Jahreswechsel plädiert: „Mein Ziel ist, dass wir bis Anfang oder Mitte Jänner eine stabile, handlungsfähige Regierung haben“, sagte er gegenüber „Österreich“. „Im Jänner gibt es eine Regierung“, verkündete er im „Kurier“. Und auch die „Kronen Zeitung“ ließ er wissen, dass er „Anfang Jänner“ fertig sein wolle.

Für Aufregung in Sozialen Netzwerken sorgte vor allem die via „Kurier“ gestreute Aussage, die Verhandlungen würden sich schwierig gestalten – und hier insbesondere der Bericht, die Grünen hätten gefordert, dass in Fußballstadien nach 20.00 oder 21.00 Uhr das Licht abgedreht werden müsse, damit die Scheinwerfer die Insekten nicht irritierten.

ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Bundessprecher der Grünen Werner Kogler bei Sondierungsgesprächen
APA/Georg Hochmuth
Derzeit verhandeln die Teams bereits über den Text eines möglichen Regierungsübereinkommens – Kurz will Tempo, Kogler Ruhe

Kogler: „Keep cool“

Während Grünen-Generalsekretär Thimo Fiesel nach den Interviews via Kurznachrichtendienst Twitter von einem „Foul“ sprach, das er allerdings „sportlich“ nehme, plädierte Grünen-Chef Werner Kogler im APA-Interview für ruhiges Weiterverhandeln: „Keep cool. Es kommt früher oder später noch genug Hitze in die Küche.“

Die Insektengeschichte wies er belustigt zurück: „Das ist ja ein völliger Unsinn.“ Die Forderung könne schon alleine deshalb nicht von den Grünen kommen, da ja bekannt sei, dass gerade er es pflege, „um diese Uhrzeit selbst im Stadion zu sitzen“. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass mir die grünen Verhandler das Licht abdrehen sollen. Jedenfalls noch nicht.“

Keine neuen Vermögenssteuern unter Kurz

Zu den von Kurz in den Interviews aufgestellten inhaltlichen Forderungen verwies Kogler auf die laufenden Verhandlungen. Einige der Kapitel, etwa das Europathema, seien ja noch überhaupt nicht besprochen worden, sagte er.

Kurz hatte in den Interviews u. a. erklärt, für ihn unumgänglich sei ein Nulldefizit, neue Vermögenssteuern dürfe es nicht geben, und er wolle auch weiterhin eine „konsequente Linie im Kampf gegen die illegale Migration“. Auch wolle er von Prestigeprojekten der Vorgängerregierung wie den Kürzungen bei der Sozialhilfe (Mindestsicherung neu) nicht abweichen.

Arbeit am Regierungsabkommen

Kogler erklärte dazu am Sonntagnachmittag, zwar sei der Zeitplan, im Jänner abzuschließen, durchaus realistisch, „es kann aber auch länger dauern“. Irritiert sei er über die Interviews von Kurz nicht gewesen, betonte er. Allerdings warnte der Grünen-Chef davor, sich einem zu großen Zeitdruck auszusetzen: Bei den Verhandlungen müssten die Grundsätze „so schnell wie möglich, aber schon so lange wie notwendig“ und „Qualität vor Geschwindigkeit“ gelten. „Besser zwei bis drei Wochen länger verhandelt und dann zwei bis drei Jahren länger regiert“, so Kogler.

Zum aktuellen Stand der Verhandlungen sagte Kogler, dass er in der Runde am Samstag mit Kurz in die „genaueren Verhandlungen über den Text eines möglichen Regierungsübereinkommens erst richtig eingestiegen“ sei. Zwar werde schon länger an dem Text gearbeitet, aber nicht primär von den beiden Parteichefs.

„Ökologisch nachhaltig und ökonomisch vernünftig“

Zum Thema Sozialhilfe merkte Kogler an, es sei ihm vor allem die Frage des Zurückdrängens der Kinderarmut „ein persönliches Anliegen“. Zur Steuerreform sagte er, er sei „sehr dafür“, alle arbeitenden Menschen – Arbeitende, Angestellte und Selbstständige – zu entlasten. „Das kostet dann natürlich auch etwas. Wir müssen schauen, wie wir das gegenfinanzieren.“

Alle internationalen Studien würden darauf hinweisen, dass Österreich bei den Ökosteuern hinterherhinke, aber auch bei den vermögensbezogenen Steuern. „Irgendwo wird da etwas passieren müssen.“ Es gehe darum, „ökologisch nachhaltig, ökonomisch vernünftig und sozial gerecht“ vorzugehen – bei den Steuern, beim Budget, bei den Investitionen und beim Wirtschaften insgesamt.

Klimaschutz „essenziell“

„Ich glaube, da geht die Reise hin. Sonst sind wir halt nicht dabei. Eine Reise rückwärts geht sich mit den Grünen nicht aus.“ Gerade Investitionen in den Klimaschutz seien ja auch essenziell für die Wirtschaft und damit für die Arbeitsplätze. Er glaube, dass man mit der ÖVP hier Übereinstimmung erzielen könnte, so Kogler.

Dezenten Spott hatte der Grüne Vorarlberger Landesrat Johannes Rauch auf Twitter für die ÖVP übrig: „Man kann natürlich kurz den Chef raushängen lassen in #regierungsverhandlungen, mit Insekten und so (wenn man’s für die Eigenen braucht).“ Am Ende zähle aber immer, was an „Substanz“ rauskomme: „Wir verhandeln in der fachlichen und zeitlichen Struktur wie wir uns das vorstellen. Läuft gut!“, schrieb er.