Russische U-Boote
Reuters/Yuri Maltsev
Erinnerungen an Kalten Krieg

Russlands U-Boot-Aktivität beunruhigt NATO

Die NATO hat nach eigenen Angaben in diesem Jahr die meisten Aktivitäten russischer U-Boote seit Ende des Kalten Kriegs beobachtet. Russland verstärke kontinuierlich seine Operationen unter Wasser, sagte NATO-Sprecherin Oana Lungescu dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Montag.

Allein bei einer Operation rund um Norwegen im Oktober habe das westliche Bündnis bis zu zehn russische U-Boote gleichzeitig beobachtet. Die NATO werde darauf reagieren, zitierte das RND die Sprecherin weiter. Das westliche Bündnis plane unter anderem mehr Patrouillen im Nordatlantik. Zudem werde man in moderne U-Boot-Bekämpfung aus der Luft investieren.

Der Nordatlantik sei wegen militärischer Nachschubrouten, ziviler Handelswege und Kommunikationskanälen „von vitaler Bedeutung für die Sicherheit Europas“, sagte die Sprecherin. Zu den bei der NATO kursierenden Szenarien gehöre auch, dass russische U-Boote die Unterseekabel zwischen den USA und Europa kappen könnten. Durch diese Kabel fließt der größte Teil der Internetkommunikation. Attacken dieser Art könnten Teil einer hybriden Kriegsführung sein, also einer Mischung offener und verdeckter Kriegshandlungen. „Seabed Warfare“ (Krieg auf dem Meeresgrund) gilt als großes kommendes Thema der westlichen Allianz.

Rakete wird abgefeuert
APA/AFP/US Airforce
Die USA testeten vorige Woche eine bodengestützte ballistische Rakete

Russland holt technologisch rasant auf

Laut RND blicken westliche Militärs mit wachsender Sorge auf die jüngsten technologischen Fortschritte Russlands. Die U-Boote seien neuerdings sehr viel leiser, Russlands Raketen zugleich sehr viel schneller als bisher. In diesen Tagen teste Russland gerade ein schwer aufzuspürendes Upgrade der U-Boote der Borei-Klasse. Die Schiffe sollen im Laufe des Jahres 2020 Überschallraketen des Typs Zirkon bekommen – von denen noch nicht genau feststehe, ob gegenwärtige westliche Abfangsysteme sie überhaupt aufhalten könnten.

Auch US-Raketentest schürt Furcht

Unterdessen wächst die Furcht vor einem neuen Wettrüsten. Die USA testeten eine bodengestützte ballistische Rakete. Sie sei am Donnerstag von der Luftwaffenbasis Vandenberg an der Pazifikküste zwischen San Francisco und Los Angeles abgefeuert worden, bestätigte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums gegenüber der dpa. Die Ergebnisse des Tests würden derzeit ausgewertet, hieß es.

Nach Informationen der dpa aus NATO-Kreisen hätte der Erprobungsflug noch vor Kurzem gegen Abrüstungsvereinbarungen mit Russland verstoßen. Er sei nur möglich geworden, weil die USA zum 2. August den sogenannten INF-Vertrag zum Verzicht auf landgestützte Mittelstreckensysteme aufgekündigt hätten.

Streit mit Moskau über Reichweite

Grund für diesen Schritt war die Annahme, dass Russland das Abkommen seit Jahren mit einem System namens SSC-8 (Russisch: 9M729) verletzte. Dieses soll in der Lage sein, Marschflugkörper abzufeuern, die sich mit Atomsprengköpfen bestücken lassen und mehr als 2.000 Kilometer weit fliegen können.

Moskau weist das zurück und gibt die Reichweite des Systems mit unter 500 Kilometern an. Der INF-Vertrag untersagte beiden Seiten Produktion, Tests und Besitz von bodengestützten ballistischen Raketen und Marschflugkörpern mit Reichweiten zwischen 500 und 5.500 Kilometern. Ballistische Raketen können mit konventionellen, chemischen, biologischen oder atomaren Sprengköpfen bestückt werden. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums handelte es sich bei der getesteten Rakete um eine „konventionell konfigurierte“.

China steigt ins Wettrüsten ein

Die USA hatten bereits im August einen Marschflugkörper getestet, was unter dem INF-Vertrag ebenfalls verboten gewesen wäre. Russland und China hatten daraufhin vor einem neuen Wettrüsten gewarnt und eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates beantragt.

Hoffnungen auf neue wirksame Absprachen zur Rüstungskontrolle gibt es derzeit kaum. Als Grund für die Kündigung des Vertrags durch die USA gilt nämlich auch die Tatsache, dass der INF-Vertrag nur Amerikaner und Russen band, nicht aber aufstrebende Militärmächte wie China. China soll mittlerweile über knapp 2.000 ballistische Raketen und Marschflugkörper verfügen, die unter das Abkommen fallen würden.