Donald Trump
Reuters/Kevin Lamarque
Historisches Votum

Trump-Impeachment offiziell eingeleitet

Als dritter Präsident in der Geschichte der USA muss sich Donald Trump einem Amtsenthebungsverfahren im US-Senat stellen. Das US-Repräsentantenhaus stimmte am Mittwochabend (Ortszeit) für die offizielle Eröffnung eines Impeachment-Verfahrens. Mit der Mehrheit der Demokraten votierte die Kammer dafür, dass sich Trump wegen Machtmissbrauchs im Senat verantworten muss.

In einer weiteren Abstimmung war auch der zweite Anklagepunkt – Behinderung der Ermittlungen des Kongresses – von der Mehrheit der Abgeordneten angenommen worden. Dem historischen Votum war eine mehr als elfstündige Sitzung vorausgegangen, in der einander demokratische und republikanische Abgeordnete einen heftigen Schlagabtausch lieferten. Die Demokraten begründeten die Eröffnung des Verfahrens gegen Trump mit der Verpflichtung, die Verfassung zu schützen. Die Republikaner warfen den Demokraten dagegen vor, aus parteipolitischen Motiven zu handeln.

Trotz des Votums im Repräsentantenhaus droht Trump nach jetzigem Stand kein baldiger Auszug aus dem Weißen Haus: Das eigentliche Impeachment-Verfahren wird – wohl im Jänner – im Senat stattfinden, der dann die Rolle eines Gerichts einnimmt. Dort haben Trumps Republikaner die Mehrheit. Mindestens 20 republikanische Senatoren müssten sich auf die Seite der Demokraten schlagen, um die für eine Amtsenthebung nötige Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Das ist derzeit nicht in Sicht.

Pelosi: „Er hat uns keine Wahl gelassen“

Die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hatte die Debatte vor dem Votum mit einem Appell an das Gewissen der Abgeordneten eröffnet. Die Abgeordneten hätten geschworen, die Verfassung vor ausländischen und inländischen Feinden zu schützen. „Wenn wir jetzt nicht handeln, geben wir unsere Pflicht auf“, mahnte sie. „Er hat uns keine Wahl gelassen.“ Der Präsident habe sein Amt zu seinem persönlichen Vorteil missbraucht und sei eine fortdauernde Bedrohung für die Demokratie und die nationale Sicherheit des Landes.

Nancy Pelosi und Debbie Dingell
AP/J. Scott Applewhite
Pelosi (Mitte): „Wenn wir jetzt nicht handeln, geben wir unsere Pflicht auf“

Republikaner mit Jesus-Vergleich

Der ranghöchste Republikaner im Justizausschuss, Doug Collins, warf den Demokraten dagegen vor, das Verfahren nur anzustreben, weil sie Trump nicht bei den Wahlen schlagen könnten. Andere Republikaner warfen den Demokraten Besessenheit vor und nannten das Vorgehen zutiefst unfair.

Der republikanische Kongressabgeordnete Barry Loudermilk bemühte gar einen Vergleich mit Jesus Christus: „Bevor Sie heute – eine Woche vor Weihnachten – diese historische Abstimmung vornehmen, möchte ich, dass Sie das beachten: Als Jesus fälschlicherweise des Verrats beschuldigt wurde, gab Pontius Pilatus Jesus die Gelegenheit, sich seinen Anklägern zu stellen. Während dieses Scheinprozesses gewährte Pontius Pilatus Jesus mehr Rechte, als Demokraten diesem Präsidenten in diesem Prozess gewährt haben.“

Trump: „Haben Unterstützung der Republikanischen Partei“

Trump selbst trat kurz vor Beginn der Abstimmung im Repräsentantenhaus auf einer Wahlkampfveranstaltung in Battle Creek, Michigan, auf, wo er von Tausenden Fans gefeiert wurde. Trump sagte unter Applaus und Jubelrufen seiner Anhängerinnen und Anhänger, es fühle sich nicht so an, als werde ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eröffnet. „Wir haben nichts falsch gemacht und wir haben enorme Unterstützung in der Republikanischen Partei.“ 2016 hatte Trump den Bundesstaat mit hauchdünner Mehrheit für sich entschieden. Zwischen ihm und seiner demokratischen Herausforderin Hillary Clinton lagen damals nur rund 10.000 Stimmen.

Schiff: „Trump hat nationale Sicherheit geopfert“

In der Debatte hatte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, der Demokrat Adam Schiff, die Vorwürfe gegen Trump noch einmal zusammengefasst. Trump habe sein Amt missbraucht, indem er die Ukraine zu Ermittlungen gegen seinen innenpolitischen Rivalen Joe Biden gedrängt habe, sagte der Demokrat. „Trump hat unsere nationale Sicherheit geopfert, um bei der nächsten Wahl zu schummeln“, sagte Schiff, der bei der parlamentarischen Untersuchung zur Ukraine-Affäre eine zentrale Rolle gespielt hatte. „Dafür, und für seine anhaltenden Bemühungen um eine ausländische Einmischung in unsere Wahl, muss ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump eingeleitet werden.“

Adam Schiff
AP/House Television
Demokrat Schiff sieht Trump durch „unwiderlegbare“ Beweise belastet

Die Beweise gegen den Präsidenten seien „unwiderlegbar“, sagte Schiff. Trump habe einen Empfang des ukrainischen Staatschefs Wolodymyr Selenski im Weißen Haus sowie eine Militärhilfe an Kiew in Höhe von Hunderten von Millionen Dollar an die Bedingung geknüpft, dass die Ukraine Ermittlungen gegen Biden ankündige.

Schiff verwies dabei auf das bekanntgewordene Telefonat von Trump mit Selenski, auf Zeugenaussagen ranghoher Diplomaten und auf Äußerungen von Trumps Stabschef Mick Mulvaney. Trump interessiere sich weder für das Schicksal der Ukraine, noch für die nationale Sicherheit der USA, sagte der Ausschussvorsitzende. „Dem Präsidenten ist nur wichtig, was ihn persönlich betrifft: Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen und eine Möglichkeit, bei der nächsten Wahl zu schummeln.“

Drittes Impeachment-Verfahren in US-Geschichte

Bisher gab es in der US-Geschichte erst zwei Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidenten: Das erste wurde 1868 gegen Andrew Johnson eingeleitet, das zweite 1998 gegen Bill Clinton. Beide Verfahren scheiterten im US-Senat. Richard Nixon kam einem Impeachment in der Watergate-Affäre 1974 durch seinen Rücktritt zuvor.