Tasse Kaffee am Ausklapptisch im Flugzeug
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Mit Kaffee verbrüht

Verschärfte Haftung für Airlines

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rechte von Flugpassagieren gestärkt und die Haftung von Airlines prinzipiell ausgeweitet. Anlass ist ein Vorfall auf einem Niki-Flug, bei dem ein Mädchen von einem umgekippten heißen Kaffee verbrüht wurde. Darüber hinaus fällte der EuGH kurz vor Weihnachten eine Reihe weiterer Urteile.

Der Fall war vom Obersten Gerichtshof (OGH) in Wien an den EuGH verwiesen worden. Ein sechsjähriges Mädchen hatte auf einem Niki-Flug von Mallorca nach Wien Verbrühungen erlitten und Schadenersatz gefordert. Der Kaffee, der dem danebensitzenden Vater serviert wurde, kippte aus ungeklärten Gründen auf das Mädchen. Die Airline lehnte eine Schadenersatzzahlung ab und berief sich auf das Übereinkommen von Montreal, das die Haftung von Airlines für den Fall eines flugspezifischen Risikos regelt.

Der OGH bat den EuGH um eine Klärung. Der EuGH betonte, dass im konkreten Fall die Verschuldensfrage nicht geklärt werden könne. Der EuGH stellte nun klar, dass vom Begriff „Unfall“ jeder an Bord eines Flugzeugs vorfallende Sachverhalt erfasst sei, in dem ein bei der Fluggastbetreuung eingesetzter Gegenstand eine körperliche Verletzung eines Reisenden verursacht habe, „ohne dass ermittelt werden müsste, ob der Sachverhalt auf ein luftfahrtspezifisches Risiko zurückgeht“.

Verweis auf Möglichkeiten der Airlines

Der Begriff „Unfall“ bezeichne für gewöhnlich aber ein unvorhergesehenes, unbeabsichtigtes Ereignis, bei dem ein Schaden verursacht werde. Außerdem sei es Ziel des Montreal-Überkommens, für einen „gerechten Interessenausgleich“ zu sorgen.

Der EuGH erinnerte zudem daran, dass nach dem Übereinkommen von Montreal die Haftung von Airlines ausgeschlossen oder beschränkt werden kann. Eine Fluglinie könne sich nämlich ganz oder teilweise von ihrer Haftung befreien, „indem sie nachweist, dass der Reisende den Schaden selbst verursacht oder dazu beigetragen hat“.

Airbnb braucht keine Maklerlizenz

Ein weiteres für Konsumentinnen und Konsumenten wichtiges Urteil fällte der EuGH bei Airbnb: Die Firma Airbnb als Betreiber einer Plattform zur Vermittlung von Unterkünften braucht laut EuGH keine Maklerlizenz. Airbnb sei als Dienst der Informationsgesellschaft einzustufen und falle damit unter die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, entschied der EuGH am Donnerstag.

Französische Klage

Von Airbnb war in Frankreich verlangt worden, eine Immobilienmaklerlizenz zu erwerben. Für das Geschäft von Airbnb und ähnlicher Plattformen ist das Urteil eine wichtige Klarstellung.

Die Richterinnen und Richter betonten, die Plattform sei im Wesentlichen ein Instrument für die Präsentation von Unterkünften und zur Suche danach. Daher könne der Service nicht als eine bloße Ergänzung einer Gesamtdienstleistung der Beherbergung angesehen werden. Zudem sei ein solcher Vermittlungsdienst nicht unverzichtbar, da Mietern und Vermietern hierzu zahlreiche andere Kontaktwege offenstünden. Darüber hinaus gebe es keine Hinweise darauf, dass Airbnb die Preise festlege oder deckele.

Gebrauchte E-Books dürfen nicht weiterverkauft werden

Gelesene E-Books dürfen nicht ohne Weiteres als „gebrauchte“ Exemplare über eine Internetseite weiterverkauft werden. Nach EU-Recht handele es sich dabei um eine „öffentliche Wiedergabe“, für die es die Erlaubnis des Urhebers bedürfe, urteilten die Luxemburger Richter am Donnerstag.

Hintergrund ist der Fall eines niederländischen Unternehmens, das im Rahmen eines „Leseklubs“ einen Onlinemarktplatz für „gebrauchte“ E-Books führt. Kunden, die hier ein Buch gekauft haben, werden von Tom Kabinet dazu aufgefordert, es nach der Lektüre an das Unternehmen zurück zu verkaufen und das eigene Exemplar zu löschen. Im Gegenzug erhalten sie eine Gutschrift. Zwei niederländische Verlegerverbände hatten dagegen geklagt.

Konsumenten bei Lebensversicherungen gestärkt

Die Rechte von Verbrauchern gegenüber Anbietern von Lebensversicherungen wiederum wurden vom EuGH am Donnerstag gestärkt. Wenn Kunden keine Informationen über ihr Rücktrittsrecht erhalten hätten oder die mitgeteilten Informationen sehr fehlerhaft seien, beginne die Rücktrittsfrist nicht zu laufen, erklärten die Luxemburger Richter. Das gelte auch dann, wenn Verbraucher auf anderen Wegen Aufschluss über ihr Rücktrittsrecht erlangt hätten.

Hintergrund des Urteils war eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten in Österreich zwischen Versicherungsunternehmen und Kunden. Gerichte in Salzburg und Wien hatten die obersten EU-Richter um Rat gefragt, wie geltendes europäisches Recht auszulegen sei.

EuGH schließt Zwangshaft nicht aus

Im Streit von Umweltschützern mit dem bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder wiederum schloss der Europäische Gerichtshof Zwangshaft wegen Verstößen gegen EU-Recht nicht grundsätzlich aus. Er baute allerdings hohe Hürden auf.

Zwei Voraussetzungen nannten die EU-Richter am Donnerstag in einem Grundsatzurteil in Luxemburg: In Deutschland müsste es eine Rechtsgrundlage geben, und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müsste gewahrt bleiben. Die Entscheidung darüber soll der mit dem Fall befasste Bayerische Verwaltungsgerichtshof treffen.

Zwangshaft beantragt

Die Deutsche Umwelthilfe hatte Zwangshaft gegen den bayrischen Umweltminister oder hilfsweise den Ministerpräsidenten beantragt, weil Bayern ein rechtsgültiges Urteil des Verwaltungsgerichts München von 2012 zur Luftreinhaltung in der Landeshauptstadt nicht umgesetzt habe. EU-Grenzwerte wurden dort immer wieder überschritten.

Fahrverbote für Dieselfahrzeuge sollen aus Sicht des Umweltverbands helfen, die Belastung mit Stickoxiden unter gültige EU-Grenzwerte zu drücken. Söder und die bayrische Staatsregierung lehnen Fahrverbote jedoch als unverhältnismäßig ab.