US-Präsident Donald Trump
AP/Evan Vucci
Impeachment

Anklage als möglicher Hattrick für Trump

Für US-Präsident Donald Trump hat sich schon des Öfteren Angriff als die beste Verteidigung herausgestellt. Auch nach dem Beschluss der Anklage gegen ihn könnte sich diese Taktik als erfolgreich erweisen. Die Demokraten haben Aussicht darauf, dass das mühsam erkämpfte Impeachment für sie ein Debakel auf ganzer Linie wird, gerade in Hinblick auf die Wahl nächstes Jahr.

Das Repräsentantenhaus, in dem die Demokraten über die Mehrheit verfügen, beschloss am Mittwoch nach einem langen und harten Schlagabtausch, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einzuleiten. Der Prozess selbst soll im Jänner im Senat beginnen. Dort haben Trumps Republikaner eine Mehrheit von 53 der 100 Sitze. Für eine tatsächliche Amtsenthebung wäre eine Zweidrittelmehrheit in der Kammer notwendig, es müssten also mindestens 20 Republikaner gegen Trump stimmen, zusammen mit allen demokratischen Senatoren.

Somit könnte sich bewahrheiten, was viele Demokraten von Beginn an befürchteten, dass das Impeachment Trump nützt und ihnen schadet. Auch die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, hatte sich noch im März gegen ein Amtsenthebungsverfahren ausgesprochen – außer, es gebe zwingende Gründe und überparteiliche Unterstützung dafür. Nach der Ukraine-Affäre leitete Pelosi im September dann doch Ermittlungen gegen Trump ein. „Es ist tragisch, dass das rücksichtslose Handeln des Präsidenten ein Impeachment notwendig macht. Er hat uns keine Wahl gelassen“, sagte sie am Mittwoch.

Nancy Pelosi, Vorsitzende des Repräsentantenhauses, spricht zur Presse
Reuters/Joshua Roberts
Nancy Pelosi brachte das Impeachment durch das Repräsentantenhaus. Von Trump wird sie der „Hexenjagd“ bezichtigt.

Ein Verfahren zur Amtsenthebung eines US-Präsidenten ist vom Grundsatz her eine Hypothek für einen Amtsinhaber, der noch dazu eine Wahl zu schlagen hat. Für Trump scheint das nicht unbedingt zu gelten. Für ihn könnte sich die vermeintliche Schande, so historisch sie auch sein möge, am Ende als dreifacher Erfolg herausstellen. Zunächst wird der republikanische Senat das Verfahren deutlich abschmettern, es gibt keinerlei überparteiliche Unterstützung.

Keine Chance auf republikanische Unterstützung

Vorwürfe gegen Trump

Die Demokraten werfen Trump Machtmissbrauch und Behinderung von Ermittlungen vor. Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden gedrängt zu haben. Trump weist die Vorwürfe gegen sich vehement zurück.

Mitch McConnell, der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, wird den Ablauf kontrollieren. Er sagte von sich selbst: „Ich bin kein unparteiischer Geschworener“, zudem kündigte er bereits „vollständige Koordination“ mit dem Weißen Haus an. „Das ist ein politisches Verfahren“, so McConnell. Es gebe keine Chance, dass der Senat Trump aus dem Amt heben wird. Auch der Rest der Partei steht zu ihrem Präsidenten: Kein einziger Republikaner hat mit den Demokraten für das Impeachment gestimmt. Die Demokraten ihrerseits mussten hingegen Abweichler in ihren Reihen verbuchen.

Diesen Triumph im Senat wird Trump für den Wahlkampf für die Präsidentschaftswahl im November 2020 nutzen. Die Stammwähler halten ohnehin zu Trump. Der Rest der US-Amerikaner ist gespalten wie nie. In einer zu Wochenbeginn veröffentlichten Erhebung im Auftrag des Senders CNN sprachen sich 45 Prozent der Befragten dafür aus, Trump des Amtes zu entheben – 47 Prozent unterstützten das nicht. Beunruhigend für die Demokraten: Im Oktober und November hatte die Zahl der Befürworter noch bei 50 Prozent gelegen, die der Gegner bei 43 Prozent.

Verfahren gegen US-Präsident Trump

Donald Trump ist der dritte US-Präsident, der sich einem Impeachment-Verfahren stellen muss.

Trumps Zustimmungswerte sind niedrig, haben sich seit Beginn der Affäre aber auch nicht nennenswert verändert. So ist es nicht ausgeschlossen, dass Trump im November nicht nur wiedergewählt wird, sondern seine Republikaner auch den Senat halten und das Repräsentantenhaus zurückerobern.

„Das macht ihn stärker“

Ähnliches passierte 1998 während des Impeachment-Verfahrens gegen Bill Clinton. Seine Anhänger zog es wegen der Ermittlungen in so großer Zahl an die Urnen, dass die Demokraten fünf Sitze im Repräsentantenhaus gewinnen und den Senat halten konnten. Bereits am Mittwochabend kokettierte Trump bereits mit einem solchen Dreifachsieg.

„Ich denke, das macht ihn absolut stärker“, sagte ein anonymer Mitarbeiter im Weißen Haus gegenüber dem „Time“-Magazin. „Das ist der perfekte Moment für jemanden wie ihn“, sagte der Kommunikationsprofessor Rich Hanley gegenüber der AFP. Das sei wie ein „Erzählbogen für diese besondere Folge der Trump-Show“.

US-Präsident Donald Trump spricht vor Anhängern
APA/AFP/Getty Images/Scott Olson
Trump führte während der Abstimmung im Kongress Wahlkampf in Michigan. Dort gab er sich siegessicher.

Trump stellt sich als Opfer einer „Hexenjagd“ der Demokraten dar, die ihre Wahlniederlage 2016 nicht verkrafteten. So mobilisiert er die eigenen Wähler. Das Team des Präsidenten nutzt das Impeachment auch längst als Chance, um Spenden für den Wahlkampf einzusammeln. „Denkt daran, das ist Krieg, und Amerikas Zukunft hängt davon ab, dass wir gewinnen“, hieß es in einem Rundmail des Wahlkampfbüros während der Kongressdebatte am Mittwoch. Tausende Werbeeinschaltungen in den Sozialen Netzwerken in den vergangenen Wochen hätten zu einem merklichen Anstieg bei den Spenden geführt, so „Time“.

Trump im Wahlkampfmodus

Trump selbst ist ebenfalls im Wahlkampfmodus, zuletzt twitterte er rund um die Impeachment-Abstimmung eine Flut an Botschaften. Während der zwölfstündigen Sitzung im Kongress schrieb er, die Demokraten verbreiteten „grausame Lügen“. Das sei „ein Angriff auf Amerika“.

Bei einem gleichzeitigen Wahlkampfauftritt in Michigan, bei dem live die Auszählung der Abstimmung übertragen wurde, sagte er vor seinen Fans: „Heute Nacht versuchen die Demokraten im Repräsentantenhaus, die Stimmen von Dutzenden Millionen patriotischer Amerikaner zu annullieren.“ Sie sähen dabei aus „wie ein Haufen Narren“. Es werde aber anders kommen, so Trump: „Millionen Amerikaner werden nächstes Jahr auftauchen, um Pelosi verdammt noch mal aus dem Amt zu wählen.“ Trump hatte zuvor auch schon öffentlich betont, dass das Impeachment ihm nicht schaden werde. Die Untersuchung sei „eine sehr traurige Sache für unser Land. Aber politisch scheint sie sehr gut für mich zu sein.“