Präsentation des FPÖ-Historikerberichts
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Spät, aber doch

FPÖ stellte 668-Seiten-Historikerbericht vor

Mehrmals ist die Präsentation des FPÖ-Historikerberichts verschoben worden. Die letzte Verschiebung wurde damit begründet, dass eine größer angelegte Diskussionsrunde aufgrund von Absagen möglicher Teilnehmer und Teilnehmerinnen nicht zustande gekommen sei. Nun wurde das Setting einer Pressekonferenz gewählt. Am Montag stellte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker den 668-seitigen Bericht vor.

Begleitet wurde er von Andreas Mölzer, dem Koordinator der von der FPÖ eingesetzten Historikerkommission und dem Historiker Thomas Grischany. Grischany ist Koautor des Berichts und früherer Kabinettsmitarbeiter von Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache.

Eigentlich war der Bericht laut FPÖ-Parteichef Norbert Hofer bereits seit dem 14. Oktober fertig. Er solle „bald“ veröffentlicht werden, teilte Hofer am 15. Oktober mit. Er wolle aber selbst noch einmal durch den Bericht genau durchgehen, so Hofer. Mehr als zwei Monate nach Fertigstellung wurde der Bericht nun am Tag vor Weihnachten präsentiert.

Hofer legte Termin fest

Entsprechend waren auch die Reaktionen auf die Vorstellung der Untersuchung. „Der Bericht soll offenbar über Weihnachten in der Versenkung verschwinden“, kritisierte Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch. Die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz sprach von einem „durchschaubaren Manöver“. Sie kritisierte auch die fehlende Aufarbeitung der Verbindungen der FPÖ zu Burschenschaften und Identitären. Der Politberater Thomas Hofer ortete einen „PR-Trick“. Es gehe darum, „eine kritische Diskussion darüber möglichst geräuschlos vor Weihnachten zu versenken“.

Präsentation des FPÖ-Historikerberichts
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Hafenecker betonte die Seriosität der Untersuchung der FPÖ-Vergangenheit

Das dementierte Generalsekretär Hafenecker bei der Pressekonferenz entschieden: Der gewählte Termin sei „kein taktisches Manöver“, sondern eine Entscheidung von FPÖ-Chef Hofer gewesen, noch in diesem Jahr den Bericht vorzustellen. Der Bericht wurde unter dem damaligen FPÖ-Chef Strache Anfang 2018 in Auftrag gegeben als Folge der NS-Liederbuchaffäre um die Burschenschaft des niederösterreichischen FPÖ-Politikers Udo Landbauer. Die Untersuchung sollte die „braunen Flecken“ der von früheren Nationalsozialisten mitbegründeten Partei untersuchen. Mölzer sieht darin auch eine historische Rückschau auf das freiheitliche Lager.

FPÖ legt Bericht der Historikerkommission vor

Die FPÖ hat am Montag den bereits mehrmals verschobenen Bericht der Historikerkommission zur Aufarbeitung der Partei vorgelegt.

Aufarbeitung „ernsthaft und wissenschaftlich“

Die Aufarbeitung sei „sehr ernsthaft und sehr wissenschaftlich angelegt“ gewesen. Es seien zahlreiche Themenfelder aufzuarbeiten gewesen, entsprechend umfangreich sei auch das Projekt geworden, so Hafenecker. Damit entgegnete er Kritikern und Kritikerinnen, die die Wissenschaftlichkeit des Projekts infrage gestellt hatten. Auch Mölzer betonte die Beteiligung mehrerer habilitierter Universitätsprofessoren.

FPÖ-Historikerkommission
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Die Historikerkommission stellte eine erste Zusammenfassung im Sommer vor

Schon ein erster zusammenfassender Rohbericht auf 32 Seiten, der Anfang August veröffentlicht worden war, hatte Kritik von Experten ausgelöst. Der Leiter der Historikerkommission, der frühere FPÖ-Politiker Wilhelm Brauneder, bezeichnete die FPÖ dabei als „eine Partei wie nahezu jede andere“.

Koautoren gingen auf Distanz

Viele Beobachter stellten aber eine ernsthafte Beschäftigung der FPÖ mit ihrer Vergangenheit infrage. Der Zeithistoriker Oliver Rathkolb ortete wissenschaftliche Mängel und den Versuch der Reinwaschung. Die Historikerin Margit Reiter vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien bezeichnete die Präsentation damals gegenüber ORF.at als „bemerkenswertes Schauspiel“ und „Farce“. Die Koautoren Michael Wladika und der frühere SPÖ-Politiker Kurt Scholz distanzierten sich im Sommer von dem Bericht. Sie sahen ihre Beiträge aus dem Zusammenhang gerissen und verkürzt dargestellt.

Robert Zikmund (ORF) zum Bericht der FPÖ-Historikerkommission

ORF-Reporter Robert Zikmund erklärt, warum der Historikerbericht der FPÖ gerade jetzt vorgestellt wurde. Thematisiert wird auch, ob die Langfassung die Kritik an der im Sommer vorgelegten Kurzfassung ausräumen konnte.

Grischany stellte nun die einzelnen Kapitel von der Gründung der VdU bis zur Geschichte der Verbindungen vor. Fertigzustellen sei noch die Untersuchung der NSDAP-Mitgliedschaften. Es gebe aber bereits eine Auflistung von Einzelfällen und die Folgen daraus. Es sei schon mehrfach darüber geschrieben worden, dass das freiheitliche Lager eine Nähe zum Nationalsozialismus habe. Nun sei das auch von der von der FPÖ kommissionierten Gruppe benannt worden. Man könne jedoch trotz personeller Verflechtungen der FPÖ nicht sagen, dass die FPÖ ein „bloßer Wurmfortsatz“ des Sammelbeckens von Ehemaligen sei. Heute drücke sich das Nationale vor allem im „Österreich-Patriotismus“ aus.