In Frankreich beteiligten sich am Samstag erneut mehr als 10.000 Menschen an Protesten gegen die geplante Pensionsreform. In der Hauptstadt Paris gingen nach Polizeiangaben am 24. Tag des Streiks 4.500 Menschen auf die Straße, unter ihnen 800 Angehörige der „Gelbwesten“-Protestbewegung.
Es war der mittlerweile 24. Streiktag, nächste Woche soll es weitergehen, besonders Zugsreisende müssten sich erneut auf Ausfälle einstellen, teilten die staatlichen Eisenbahnen SNCF mit. Die Protestwelle ist inzwischen die längste seit 1995, als unter dem damaligen Regierungschef Alain Juppe bzw. Staatspräsident Jacques Chirac im Winter Streiks das Land lahmgelegt hatten. Auch damals ging es unter anderem um das Thema Pensionen. Juppe musste schließlich nachgeben.
Patt möglicherweise noch für Wochen
Die mächtige Gewerkschaft Confederation generale du travail (CGT) verteidigt den Arbeitskampf. CGT-Chef Philippe Martinez sagte beim Besuch eines blockierten Busbahnhofs nahe Paris, die Streikbewegung sei immer noch „stark“ und werde von einer Mehrheit der Franzosen unterstützt. Sie werde weitermachen, bis die Regierung die Pensionsreform zurückziehe. Die Gewerkschaft Force Ouvriere (FO) erklärte, sie wolle nicht nachgeben, bis weitere Zugeständnisse gemacht würden. Gestreikt wird seit 5. Dezember.
Die Regierung unter Ministerpräsident Edouard Philippe hält bisher an ihrem Ziel fest, ihre Reformpläne am 22. Jänner im Kabinett zu verabschieden. Die Gewerkschaften hoffen dagegen, dass Präsident Emmanuel Macron in seiner traditionellen Fernsehansprache zum Jahreswechsel Abstriche von der Reform ankündigt. Die Kommunisten und andere linksgerichtete Parteien riefen Macron auf, den „Weg für eine Befriedung“ zu ebnen. Philippe hatte zuletzt für Jänner weitere Verhandlungen angekündigt.
Gestrandete Reisende
Zugsreisende waren auch zuletzt wieder am stärksten von den Streiks betroffen. Nach Angaben der SNCF fielen am Freitag 40 Prozent der TGV-Schnellzüge und 60 Prozent der Regionalverbindungen aus. Auch der Pariser Nahverkehr blieb stark beeinträchtigt, die meisten Metros (U-Bahnen) verkehrten nicht oder nur auf Teilstrecken. Mehrere Busbahnhöfe wurden von Mitarbeitern blockiert.
Bis ins neue Jahr hinein können Zugsreisende auch nicht wirklich auf Entspannung hoffen: Zwischen Montag und Donnerstag verkehrten im Schnitt nur zwischen 45 und 50 Prozent aller TGV-Schnellzüge, wie die SNCF mitteilte. Zu Neujahr fallen 65 Prozent aller Hochgeschwindigkeitszüge aus.
Trotzdem versprach die staatliche Bahngesellschaft, sich zu bemühen, möglichst viele Menschen aus dem Weihnachtsurlaub nach Hause zu bringen, mit Hauptaugenmerk auf viel befahrene Strecken wie Paris-Straßburg oder Paris-Marseille. Erwartet wurden für das gesamte Wochenende etwa 800.000 Passagiere.
Tourismus bangt um Silvestergeschäft
Vor allem der Tourismus und der Einzelhandel in Paris verzeichnen derzeit starke Einbußen, heißt es. Vielen Gästen sei das Risiko aktuell zu hoch, in das blockierte Paris zu kommen, heißt es aus der Hotellerie. Touristen würden in diesem Jahr zu Silvester bzw. Neujahr eher auf die britische Hauptstadt London oder die US-Metropole New York ausweichen.