Grünen-Chef Werner Kogler
ORF.at/Christian Öser
Werner Kogler

Urgestein als Vizekanzler

Vom grünen Urgestein zum Vizekanzler: Dass die Grünen, die vor einigen Monaten nicht einmal im Parlament saßen, nun sogar auf der Regierungsbank sitzen, haben sie vor allem einem zu verdanken: Werner Kogler. Als sich 2017 nach dem Abflug der Grünen aus dem Nationalrat alle wegduckten, blieb er über, verzichtete temporär auf ein Gehalt und bemühte sich um den Wiederaufbau der Partei.

Beflügelt von der Klimadebatte, fuhr er im September einen Wahlerfolg ein, zuvor hatte er aber die strukturkonservativen Grünen durchlüftet und im Frühling nicht nur sich, sondern mit der Köchin Sarah Wiener einen waschechten Promi ins Rennen um die EU-Mandate geschickt.

Der in dem Ausmaß überraschende Erfolg brachte die Grünen wieder in die Bahn. Kogler saß so fest im Sattel, dass er es sich leisten konnte, für die Nationalratswahl Quereinsteiger um Quereinsteiger auf wählbare Listenplätze hieven zu lassen. Selbst eine Parteiwechslerin wie Alma Zadic wurde von der Basis ohne Murren durchgewinkt.

Makelloser Wahlkampf

Ohne Heinz-Christian Straches verhängnisvolle „Ibiza-Affäre“ hätte man noch drei Jahre auf der Oppositionsbank Platz nehmen müssen, Kogler hätte wie angekündigt auch an der Spitze der Partei eine Verjüngung durchgezogen, und vielleicht hätten 2022 schon ganz andere Themen Konjunktur gehabt, die den Grünen weniger in die Karten gespielt hätten.

Es kam jedoch bekanntlich anders, Kogler setzte seine grüne Brille auf und ging gleich wieder als Frontmann ins Rennen. Koglers Wahlkampf war annähernd fehlerlos, weder die linken noch die bürgerlichen Wähler wurden mit der Konzentration auf Öko- und Kontrollthemen verschreckt. Selbst scharfe Kritik an der ÖVP und ihren Obmann Sebastian Kurz im Wahlkampf konnte nicht verhindern, dass die beiden Parteien nun eine Koalition eingehen.

Keine leichte Aufgabe

Mittlerweile kann man ganz gut miteinander, gefallen lässt sich Kogler deswegen aber nichts, der Wunsch nach einem Weihnachtspaket prallte an ihm ab, möglichst klar ausformuliert wollte der Bundessprecher das Koalitionsprogramm, schließlich saß der studierte Volkswirt 18 Jahre vor allem als U-Ausschuss- und Budgetexperte im Nationalrat und kennt die ÖVP.

Koglers Meisterprüfung wird in den kommenden Monaten und Jahren darin bestehen, einen Interessenausgleich zwischen eigener Basis und Koalitionspartner zu schaffen. Schon in seinen ersten Worten nach der Einigung in der Regierung deutete Kogler seinen Kurs an: Man müsse nicht alles am Regierungspartner gut finden, es gehe um einen pragmatischen Dialog – der auch Vorbild für die Gesellschaft sein solle.

Inhaltlich wird Kogler als Minister für Sport, öffentlichen Dienst und Kunst und Kultur zuständig sein. Für letzteren Bereich erhält er seine Parteifreundin Ulrike Lunacek als Staatssekretärin beigestellt. Damit verantwortet Kogler somit ziemlich genau jenen Ressortbereich, den unter ÖVP-FPÖ der damalige FPÖ-Chef Strache übernommen hatte.