Werner Kogler am Samstag, 17. November 2018, im Rahmen eines Bundeskongresses der Grünen mit Wahl des Bundessprechers und neuen Parteivorstands in Wien.
APA/Georg Hochmuth
Letzte Hürde für ÖVP-Grüne

„Fünfzig Prozent und eine Stimme reichen“

Nach der einstimmigen Empfehlung des Pakts durch den Parteivorstand der Grünen ist der Weg für die türkis-grüne Koalition so gut wie frei. Doch gibt es noch eine parteiinterne Hürde: Am Samstag tritt der Bundeskongress der Grünen in Salzburg zusammen. Die Mehrheit der 275 Delegierten muss dort ihr Ja zum Vorschlag geben. Die Chancen für Zustimmung stehen gut, spannend wird, wie hoch sie ausfällt.

„Es ist psychologisch eine schwierige Frage, in alle (Delegierten, Anm.) hineinzuschauen, aber ich glaube, die ganze Empfehlung über das Team ist einstimmig ausgefallen, und das ist ein gewisser Hinweis“, so Bundessprecher Werner Kogler am Vorabend nach dem Erweiterten Bundesvorstand. Mit einer Zweidrittelmehrheit wäre man „super unterwegs“, so Kogler, der sich aber auf keine Prozentspekulationen einlassen wollte: „Fünfzig Prozent und eine Stimme reichen auch.“

Insbesondere aufgrund der Bedeutung der Entscheidung übte sich Kogler im Vorfeld in Zuversicht, alle Delegierten sollten sich „der Verantwortung für Österreich bewusst sein“. Die Wahl von Alexander Van der Bellen zum Bundespräsidenten sei bereits „ein Fingerzeig“ gewesen. „Wir halten es für notwendig, dass die Rechten und Rechtsextremen ferngehalten werden“, so Kogler – der auch deswegen eine Zustimmung zu dem Pakt einmahnte.

Beschlüsse für Nachmittag erwartet

Am Vormittag wird der Bundeskongress nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sein – wohl auch, um hitzigere Diskussionen zu ermöglichen. Ab dem frühen Nachmittag wird die Veranstaltung medienöffentlich ausgetragen. Angesetzt ist auch eine Rede von Kogler – dann folgt die Präsentation des Pakts durch die Verhandler und nach einer Debatte die Abstimmung darüber. Auch der Rest des Regierungsteams darf sich dann präsentieren, bevor sich alle fünf ebenfalls dem Votum der Delegierten stellen. Erwartet werden die Beschlüsse für den Nachmittag.

Der Kongress, der entscheidet

Der Bundeskongress ist nicht „die“ grüne Basis – es sind die grünen Delegierten, die nach einem bestimmten Schlüssel in diesen Kongress entsandt werden. Es werde ein hartes Stück Arbeit, den Bundeskongress zu überzeugen – so hört man es seit der Vorstellung des Regierungsprogramms unter Journalistinnen und Journalisten. Und man liest teils erregte Kommentare zum Programm in den Sozialen Netzwerken. Allerdings: Nicht alle, die sich im Vorfeld artikulierten, sind Teil des Bundeskongresses.

Das höchste Gremium

Mindestens einmal im Jahr muss dieses, wie es bei den Grünen heißt, „höchste entscheidungs- und willensbildende Organ der Bundespartei“ zusammentreten. Nur dieses Gremium kann entscheidende Beschlüsse des Erweiterten Bundesvorstands der Grünen durch Abstimmung absegnen und von Personallisten bis Programmausrichtungen damit entscheidende Weichen für die Partei stellen.

Screenshot Cover deutsche Tageszeitung taz vom 3.1.2020
Screenshot/taz.de
Cover der deutschen Tageszeitung „taz“ am Freitag: Möglicherweise bringt die sarkastische Headline für manche Grüne den Pakt auch so auf den Punkt

Die grünen Delegationen aus den Ländern sind ja nach Größe der Bundesländer aufgestellt. Insgesamt sind es aber sieben Gruppen, die die Zusammensetzung des Bundeskongresses, kurz „BuKo“, bilden.

Die Zusammensetzung des „BuKo“

  • Delegierte aller Landesorganisationen (nach Landesgröße)
  • Delegierte einer Organisation für ethnische Minderheiten
  • Abgeordnete aus dem Europaparlament
  • Abgeordnete aus dem Nationalrat und dem Bundesrat
  • Alle Landtagsabgeordneten
  • Alle grünen Regierungsmitglieder auf Länder- bzw. Bundesebene
  • Die Mitglieder des Bundesvorstands der Grünen
  • Die Mitglieder des Bundesvorstands der Grünen Bildungswerkstatt

„Ihr habt die Möglichkeit“

„Ihr habt die Möglichkeit, dieses Übereinkommen zu diskutieren und den Schritt, erstmals in der Geschichte in eine Bundesregierung einzutreten, mitzutragen oder abzulehnen“, mit diesen Worten lud der Generalsekretär der Grünen, Thimo Fiesel, die Delegierten der Partei Ende des Vorjahres zum Bundeskongress ein.

In seiner Einladung hatte Fiesel die zentralen Punkte des grünen Beitrags zum Programm festgehalten: Umwelt- und Klimaschutz, Soziales und Transparenz. „Wir haben große Schritte im Umwelt- und Klimaschutz erkämpft – im Einklang mit sinnvollen Investitionen in die Wirtschaft. Wir haben Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Ärmsten in diesem Land sozial abzusichern. Und wir machen die Arbeit dieser Republik, dank Informationsfreiheit, endlich transparent für ihre Bürgerinnen und Bürger“, stand in Fiesels Schreiben zu lesen.

Diskutieren wird der grüne Kongress aber wohl eher über die Punkte, bei denen sich die ÖVP durchgesetzt hat: Sicherheit, Migration, Wirtschaft und Schule. Bei der Präsentation des Regierungsprogramms hatte Kogler noch erklärt, dem Bundeskongress recht gelassen entgegenzusehen. „Was erwarte ich mir? Mein Gott, wenn es Ihnen so gegangen ist wie den Grünen in den letzten zwei Jahren, dann ist man so mittelentspannt“, so Kogler. Er erwarte jedenfalls kein „nordkoreanisches Ergebnis“.