Vizekanzler Werner Kogler und Finanzminister Gernot Blümel beim Ministerrat
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Erster Ministerrat

Verweis auf „ausgezeichnete Stimmung“

Einen Tag nach der Angelobung ist die neue Koalition aus ÖVP und Grünen am Mittwoch zu ihrer ersten – konstituierenden – Ministerratssitzung zusammengetroffen. Angesetzt für eine halbe Stunde, dauerte diese rund eineinhalb Stunden – deutlich später als ursprünglich angekündigt traten auch die beiden Regierungskoordinatoren, Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), im Anschluss vor die Presse.

Angesprochen auf die Verhandlungsatmosphäre sprach Blümel von einer „ausgezeichneten Stimmung“. Wie in den Koalitionsverhandlungen habe sich diese nun auch beim ersten Ministerrat durchgezogen. Kogler bestätigte mit den Worten: „No words needed“ (Es bedarf keiner Worte). Nun gelte es, den „Regierungsmotor gemeinsam am Laufen zu halten“, sagte Blümel in diesem Zusammenhang und mit Verweis auf seine Aufgabe als Regierungskoordinator.

Was den Fahrplan der neuen Regierung betrifft, wartet mit dem Budget 2021 ein erstes großes Projekt auf die schnelle Umsetzung. Bereits am 18. März sei Blümel zufolge die Budgetrede im Parlament geplant. Es gelte einen straffen Zeitplan einzuhalten, so Kogler: Für die Grünen sei auch wichtig, sich rasch einzuarbeiten, baue man doch erst „seit gestern Nachmittag die Kabinette auf“.

Erster Ministerrat der neuen Regierung

Beim ersten Ministerrat der neuen Koalition aus ÖVP und Grünen sind die ersten großen Regierungsprojekte – allen voran das künftige Budget – im Fokus gestanden.

„Sofort mit Arbeit starten“

Die Regierung wird laut Blümel „sofort mit der Arbeit für Österreich starten“ und das Budget 2020 vorbereiten. Ein Doppelbudget bis inklusive 2021 soll es – anders als nach Wahlen zuletzt üblich – nicht geben. Dafür sei die Zeit zu knapp. Als Ziele nannte er, keine neuen Schulden zu machen, Gestaltungsspielräume zu schaffen und die Schulden in Richtung der auf EU-Ebene vorgegebenen Grenze von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken.

Alle neuen Minister an einem Tisch beim Ministerrat
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Am Tag nach der Angelobung stand für ÖVP-Grün der erste Ministerrat auf der Agenda

Auch Kogler bekannte sich zum im Regierungsprogramm vereinbarten ausgeglichenen Haushalt über den Konjunkturzyklus. Gleichzeitig werde man Investitionsmöglichkeiten schaffen. Sollte es eine größere Krise geben, werde man gegensteuern, wie Kogler zudem versicherte.

„Schwerpunktsetzungen“ und „Umsteuerungen“

2021 soll schließlich auch die erste Etappe der Steuerreform in Kraft treten. Allerdings wollte sich weder Blümel noch Kogler im Detail darauf festlegen, welche der im Regierungsprogramm angekündigten Maßnahmen im ersten Schritt enthalten sein sollen.

Das sei Gegenstand der Gespräche, so Blümel. Kogler wies darauf hin, dass beiden Parteien die Entlastung der unteren Lohn- und Einkommensteuertarife wichtig sei. Hier gebe es daher „eine gewisse Verdachtslage“, dass das schneller kommen werde als die Entlastung der mittleren und höheren Stufen.

Auch ob und welche Spielräume für grüne Projekte es im Budget 2020 schon geben kann, wollte Kogler nicht beurteilen. „Schwerpunktsetzungen“ seien schon jetzt möglich. Aber die geplanten „Umsteuerungen“ in der Klimapolitik und andere „größere Räder, die wir drehen“, würden mehr Zeit in Anspruch nehmen.

Hacklerregelung wird repariert

Auch um die im Raum stehenden Änderungen bei der ausgedehnten Hacklerregelung werde man sich Kogler zufolge im Laufe des Jahres kümmern. „Es gibt auch Hacklerinnen“ und „eine Regelung nur für Männer, da sträubt sich was in mir“: Auch der Grünen-Chef äußerte Bedenken. Blümel plädierte dafür, sich einmal in Ruhe anzusehen, welche budgetären Effekte die Hacklerregelung neu auslöse. Kurz hatte am Vortag eine „Reparatur“ der als „unfair“ bezeichneten Regelung angekündigt.

Erstes Pressefoyer: Ingrid Thurnher analysiert

ORF-III-Chefredakteurin Ingrid Thurnher analysiert, wie sich die Regierung den Medienvertretern beim ersten Pressefoyer präsentiert hat.

Scharfe Kritik kam von SPÖ und FPÖ. Die beiden Oppositionsparteien sahen in der Ankündigung einen „Anschlag“ auf die Arbeitnehmer. NEOS zeigte sich indes darüber erleichtert, dass die ÖVP den „selbst beschlossenen Fehler“ nun reparieren will.

„Sehr gut gefunden“

Einen Einblick in die künftige Koalitionsarbeit gab es von der Regierungsspitze indes bereits am Dienstagabend im ZIB-Spezial-Interview. Sowohl Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) als auch Kogler waren darum bemüht, die Koalition als die pragmatisch beste Lösung zu präsentieren. Freilich zeigte sich einmal mehr, wie unterschiedlich die beiden Regierungspartner sind – aber auch, wie sehr sie auf Einigkeit bedacht sind.

Dass sich der größere gegenüber dem kleineren Partner durchgesetzt habe, ließen beide nicht gelten. Kurz wies allerdings sehr wohl darauf hin, dass die ÖVP 37 Prozent der Stimmen bekommen habe, die Grünen 14 Prozent. Es handle sich bei den beiden Koalitionspartnern also um „zwei unterschiedlich große Parteien, die sich aber sehr gut gefunden haben“.

Regierungserklärung am Freitag

Nach dem ersten Ministerrat wird das Kabinett am Freitag erstmals im Nationalrat vorstellig. Nach Angaben der Parlamentskorrespondenz werden Kurz und Kogler den Abgeordneten das Regierungsprogramm und das neue Regierungsteam präsentieren.

Dazu sind auch zwei von ÖVP und Grünen bereits im Vorjahr auf den Weg gebrachte Gesetze zu behandeln. Bei einem davon handelt es sich um das Bundesministeriengesetz, mit dem den Ressortleiterinnen und -leitern ihre Aufgaben zugeteilt werden. So ändern sich ja beispielsweise die Kompetenzen des Infrastrukturministeriums stark, das mit Leonore Gewessler (Grüne) die Umweltagenden bekommt. Dafür verliert Rudolf Anschober (Grüne) als Sozialminister die Arbeit, die bei Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) ressortiert.

Zweiter Beschluss ist schließlich das Budgetprovisorium, das quasi den Haushalt von 2019 fortschreibt. Beratungen darüber gab es bereits am Mittwoch in einer außerplanmäßigen Sitzung des parlamentarischen Budgetausschusses.