Satellitenbild vom Clyde Mountain
Reuters/EU Copernicus Sentinel Data
Australien

Buschbrände mit enormen Dimensionen

Nach einer kurzen Zeit zum Durchschnaufen mit etwas niedrigeren Temperaturen und Regenfällen könnte sich in Australien die Lage mit der nächsten Gluthitze wieder zuspitzen. Der Regierungschef von Victoria, Daniel Andrews, warnte, sein Bundesstaat stehe erst am Anfang eines sehr schwierigen Sommers. Doch schon jetzt sind die Dimensionen der Buschbrände enorm.

In Teilen des Landes wurde der Katastrophenalarm verlängert. In den besonders betroffenen Gebieten wurden die Bewohner aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Die Maßnahme erlaubt Behörden und Helfern, zusätzliche Kräfte zu mobilisieren und Evakuierungen durchzusetzen. Erst am Freitag wurden in Victoria 240.000 Menschen per Notfallalarm zum Verlassen der betroffenen Gebiete aufgerufen. Zehntausende mussten in dem Bundesstaat bereits vergangene Woche ihre Häuser verlassen.

Bisher fielen laut Queensland Fire and Emergency Services Gebiete von 107.000 Quadratkilometern den Bränden anheim, das ist deutlich größer als die Fläche von Österreich. Zum Vergleich: Bei den im Sommer wütenden Bränden im Amazonas-Regenwald wurden schätzungsweise 906.000 Hektar Urwald verwüstet. Die verbrannte Fläche in Australien entspricht dem Zwölffachen davon – und dem rund Hundertfachen der Fläche, die 2019 in Kalifornien durch Waldbrände zerstört wurde.

So schlimm wie selten zuvor

Praktisch jedes Jahr kommt es in Australien zu gefährlichen und ausgedehnten Buschbränden, sie sind sogar ein beständiger Umweltfaktor im Land. Doch so schlimm wie heuer sei es selten zuvor gewesen, heißt es übereinstimmend von Forschern, Behörden und Feuerwehren. Diesmal sei so viel Land wie selten zuvor durch das Feuer zerstört worden. Zwar gab es in den vergangenen Jahrzehnten auch einige flächenmäßig noch größere Brände, diese betrafen aber vor allem Gegenden im Landesinneren.

Brandherde im Zeitraffer

Die Buschbrände in Australien von Anfang Oktober bis heute

Brände nahe Metropolen

Durch die weit geringere Vegetation dort waren dies aber vor allem Savannenfeuer – und das in sehr dünn besiedelten Gegenden. Der Südosten des Landes, wo nun die größten Feuer lodern, ist hingegen dicht besiedelt – mit den Metropolen Sydney, Brisbane und Melbourne in unmittelbarer Nähe. Dass es bisher „nur“ 25 Todesopfer gab, ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass nach den Black Saturday Buschfeuern von 2009 mit 171 Toten die Präventivmaßnahmen im Staat Victoria deutlich verstärkt wurden.

Vergleich des Gebiets südwestlich von Canberra, verbrannte Flächen in brauner Farbe

Phänomen im Indischen Ozean mitverantwortlich

Eine der Ursachen für die extreme Wettersituation ist der Indische-Ozean-Dipol. Während es im westlichen Indischen Ozean deutlich wärmer ist als im Durchschnitt, ist es im östlichen deutlich kühler. Das führt einerseits zu mehr Niederschlägen an der afrikanischen Ostküste und an der Südküste der arabischen Halbinsel und andererseits zu Trockenheit in Indonesien und Australien. Laut BBC ist der Temperaturunterschied heuer der größte in den vergangenen 60 Jahren Messgeschichte.

Folgen sind extrem hohe Temperaturen von bis zu 49,9 Grad und große Trockenheit durch fehlenden Niederschlag bereits seit dem Frühjahr. Zudem entstehen im Inneren des Kontinents starke Winde, die mit hoher Geschwindigkeit Richtung Küste strömen – und eine rasante Ausbreitung der Feuer zur Folge haben.

Zudem begünstigt die immense Intensität der Feuer ein seltenes Phänomen: sogenannte Pyrocumolonimbus-Wolken, auch Feuerwolken genannt. Aufsteigende Luft reißt Asche- und Rußpartikel mit nach oben. In großer Höhe bilden sich Wolken – mit Wind und Regen, vor allem aber neue Brände entfachenden Blitzen als Folge. Brandstiftung als Ursache, wie von einigen Medien fälschlicherweise behauptet, spielt laut Behörden keine Rolle.

2019 mit Rekordtemperaturen

2019 war das wärmste Jahr in Australien seit Beginn der Aufzeichnungen, teilte das Amt für Wetterkunde in seinem jährlichen Klimabericht am Donnerstag mit. Die nationale Durchschnittstemperatur sei 1,52 Grad über dem langjährigen Mittel gelegen. Bisher habe der Rekord bei 1,33 Grad über dem Durchschnitt gelegen, aufgestellt im Jahr 2013. Dabei reicht der Vergleichszeitraum bis 1910 zurück. Darüber hinaus sei 2019 „außergewöhnlich wenig Niederschlag“ gemessen worden, hieß es. Der nationale Durchschnitt betrug demnach 277 Millimeter – so wenig wie nie zuvor. Damit lag er 40 Prozent unter dem Durchschnitt – mehr dazu in science.ORF.at

Über eine Milliarde Tiere fanden den Tod

Mindestens eine Milliarde Tiere verendeten bisher. Alleine im Bundesstaat New South Wales an der Ostküste seien mehr als 800 Millionen Säugetiere wie Koalas und Kängurus sowie Reptilien und Vögel getötet worden, sagte Chris Dickman, Ökologe und Professor an der Universität Sydney. Nach Schätzungen des WWF Australien sind es sogar rund 1,25 Milliarden Tiere, die direkt oder indirekt durch die Feuer getötet wurden.

Satellitenbild von Kangaroo Island
Auch auf der Känguru-Insel sind die Waldbrände per Satellit erkennbar

Auf der Känguru-Insel, einem beliebten Urlaubsziel und Naturschutzgebiet im Süden des Landes, ist nach Schätzungen von Wildschützern die Hälfte der Tiere verendet oder wird es wohl noch. Die Hälfte der geschätzt 50.000 Koalas fiel den Flammen zum Opfer, wie der dortige Tierpark mitteilte. Einer Studie der University of Adelaide zufolge sind die Koalas auf der Känguru-Insel besonders wertvoll für den Fortbestand der Art, da sie als einzige nicht von Chlamydien befallen sind. Die Bakterien verursachen bei Koalas Blindheit und Unfruchtbarkeit, oft führen sie zum Tode.

Rauchfahnen erreichten Chile

Bereits am Dienstag hatten die Rauchfahne der Buschbrände sogar Chile und Argentinien erreicht. Der Rauch überquerte über 11.000 Kilometer den Pazifischen Ozean bis an die chilenische Küste. Der wolkenlose Himmel erschien in Zentralchile durch die Rauchpartikel ergraut. Auch in Argentinien war der Rauch vom südlichen Patagonien bis in die zentralen Provinzen Cordoba und Buenos Aires sichtbar, wie die argentinische Wetterwarte SNM berichtete.

Aschewolken über dem Pazifik, die von den Bränden in Australien in die Atmosphäre gewirbelt wurden

Schon zuvor hatten auch die Menschen in Neuseeland, das 2.000 Kilometer von Australien entfernt liegt, gesehen, welche Dimensionen die Brände haben. Der Himmel färbte sich gelb und orange. Auf den Schnee der Gletscher auf der Südinsel legte sich durch den Rauch ein gelblicher Film.