Harrier-Jet auf einem Flugzeugträger
Reuters/Ints Kalnins
Iran, IS und Trump

Die NATO und der Nahe Osten

Nach der Aufforderung von US-Präsident Donald Trump will die NATO prüfen, wie sie zusätzlich zur Stabilität im Nahen Osten und dem Kampf gegen Terrorismus beitragen kann. Und auch die Auseinandersetzung zwischen den USA und dem Iran beschäftigt das Militärbündnis. Die europäischen Verbündeten haben bisher immer dafür gesorgt, dass Kampfeinsätze des Militärbündnisses in der Region vermieden wurden.

Vergangene Woche hatten die USA den iranischen Topgeneral Kassem Soleimani gezielt getötet, in der Nacht zum Mittwoch reagierte der Iran mit Vergeltung und griff zwei von den USA genutzte Militärbasen im Irak an. Die NATO habe aber das Potenzial, stabilisierend im Nahen Osten zu wirken, sagte der Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag in Brüssel. „Und wir prüfen, was wir zusätzlich tun können.“ Auch auf mehrfache Nachfrage wollte er nicht sagen, wie dieser Beitrag konkret aussehen könne.

Bei einem Telefonat mit Trump habe Stoltenberg dem US-Präsidenten bereits gesagt, dass die NATO einen größeren Beitrag zur „regionalen Stabilität“ im Nahen Osten und zum „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“ leisten sollte, teilte die NATO mit.

NATO-Chef Jens Stoltenberg
APA/AFP/Kenzo Tribouillard
NATO-Chef Stoltenberg reagiert auf US-Präsident Trump

Keine NATO-Ausbildung mehr für irakische Soldaten

Nachdem die Spannungen in der Region nun deutlich gewachsen waren, hatte Trump die NATO am Mittwoch zu einem stärkeren Engagement im Nahen Osten aufgefordert. Die NATO setzte zuletzt ihre Ausbildungsmission im Irak aus und verlegte Teile ihrer Truppen an andere Orte innerhalb des Landes sowie ins Ausland.

Der Einsatz soll die irakischen Streitkräfte eigentlich in die Lage versetzen, ein Wiedererstarken der Terrormiliz IS zu verhindern. Dazu schulen mehrere hundert Ausbilder irakische Militärausbilder und helfen beim Aufbau von Militärschulen. Die Alliierten fühlten sich der derzeit ausgesetzten Ausbildungsmission im Irak gegen den IS weiter verpflichtet, so Stoltenberg.

„Lage bleibt unberechenbar“

Stoltenberg betonte weiter, dass die NATO schon jetzt eine wichtige Rolle in der erweiterten Region spiele. Er nannte etwa eben die Ausbildungsmissionen im Irak und in Afghanistan als Beispiel. Für mehr Engagement brauche es im Bündnis Einigkeit. Zudem würde das nur gemeinsam mit den betroffenen Ländern der Region entschieden werden. „Und das wird einige Zeit dauern.“

Ungeachtet der jüngsten Entspannungssignale in dem Konflikt zwischen den USA und dem Iran sagte Stoltenberg, die Lage bleibe unberechenbar. „Es ist in niemandes Interesse, einen neuen Konflikt zu haben.“ Die NATO hatte zuvor den Vergeltungsakt des Iran gegen die USA verurteilt. „Ich verurteile den iranischen Raketenangriff auf US- und Koalitionsstreitkräfte im Irak“, schrieb Stoltenberg am Mittwoch nach einer regulären Sitzung des Nordatlantikrats auf Twitter. Die NATO rufe den Iran dazu auf, von weiterer Gewalt abzusehen.

Aufklärungsarbeit im Anti-IS-Kampf

Die NATO ist Mitglied der internationalen Koalition gegen den IS. Das Anti-IS-Bündnis mit 81 Mitgliedern war bereits Ende 2014 von den USA gegründet worden, um die Terrormiliz in Syrien und im Irak zu bekämpfen. Die meisten NATO-Staaten gehörten von Anfang an der Anti-IS-Koalition an, erst im Mai 2017 trat die NATO auf Druck Trumps auch selbst bei. Zuvor war im Bündnis regelmäßig auf Vorbehalte arabischer Länder gegen ein direktes Engagement der westlichen Militärallianz verwiesen worden.

Im Rahmen der Anti-IS-Koalition stellt die NATO ihre AWACS-Aufklärungsflugzeuge zur Verfügung. Diese sind in der Türkei stationiert. Sie sorgen mit ihrem starken Radar durch Flüge über der Türkei und dem Mittelmeer für verbesserte Lagebilder zum Luftraum über Syrien und dem Irak. Nicht genutzt wird die Möglichkeit, die Maschinen als „fliegende Gefechtsstände“ einzusetzen, die Kampfflugzeuge zu ihren Angriffszielen leiten.