Verschiedene Typen von Ladegeräten auf einer EU-Fahne
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EU

Neuer Anlauf für einheitliches Ladekabel

Vor mehr als einem Jahrzehnt hat die EU-Kommission ein einheitliches Ladegerät für alle Mobiltelefone angekündigt. Getan hat sich seither jedoch wenig. Verhindert soll das vor allem Apple haben. Am Montag will das EU-Parlament einen neuen Anlauf starten.

Auf der Agenda für die Plenarsitzung in Straßburg steht so einiges: Green Deal, Schutz der weltweiten Biodiversität, Debatte zu den wachsenden Spannungen im Nahen Osten, Brexit, Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles und als letzter Punkt ein einheitliches Ladegerät für alle Mobiltelefone.

„Der Elektronikschrott soll weniger und das Leben der Verbraucher leichter werden. Deshalb verlangen die Abgeordneten Ladegeräte, die für alle Mobiltelefone und andere tragbare Geräte wie Tablets oder E-Book-Lesegeräte passen“, ist auf der Website des EU-Parlaments zu lesen. Schätzungen der EU-Kommission zufolge würden alte Ladegeräte jährlich mehr als 51.000 Tonnen Elektroschrott verursachen.

Universalstecker statt Kabelsalat: Debatte seit 2009

Die Debatte über ein einheitliches Ladegerät ist allerdings keine neue. Begonnen hat alles, als Günter Verheugen, der damalige EU-Kommissar für Unternehmen und Industrie, vor mehr als zehn Jahren erstmals eine Vereinheitlichung forderte. Europa könnte dabei eine internationale Vorreiterrolle einnehmen, hieß es damals. Für die Kampagne wurde sogar ein eigenes Werbevideo produziert.

Laut einem Bericht der Onlinezeitung EUobserver gab es zu der Zeit rund 30 verschiedene Ladegeräte für Mobiltelefone. Im Juni 2009 unterschrieben dann tatsächlich zehn führende Tech-Unternehmen, unter anderem Nokia, Samsung und Apple, eine Absichtserklärung. Mit dieser verpflichteten sie sich dazu, die Standards ihrer Geräte zu vereinheitlichen und universale Ladegeräte auf Basis eines Micro-USB-Steckers zur Verfügung zu stellen.

iPhone-Ladekabel
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Ein einheitlicher Ladestecker für alle Geräte – das soll in Brüssel vor allem von Apple verhindert worden sein

Bericht: Apple nutzt Schlupfloch

Doch Apple nutze bis heute ein Schlupfloch, das es dem Unternehmen erlaube, seine eigenen Ladegeräte zu behalten, so der EUobserver. Solange Apple einen Adapter anbiete, werde die (freiwillige) Selbstverpflichtung, den aktuellen einheitlichen Ladestandard USB-C zu verwenden, nicht verletzt – selbst wenn dieser kostenpflichtig ist.

USB vs. Lightning

Der USB-C-Anschluss hat bei neuen Geräten den Micro-USB schon fast vollständig verdrängt. Apple hingegen setzt seit 2012 auf den proprietären „Lightning“-Anschluss.

Der Preis für dieses Schlupfloch sei jedoch hoch – rund eine Million Euro investiere Apple dafür jährlich in Lobbying-Arbeit, so ein Bericht der deutschsprachigen Nachrichtenwebsite Netzpolitik.org.

Apple argumentiert etwa damit, dass iPhones zu dünn seien, um einen USB-C-Stecker integrieren zu können. Zudem würde eine EU-Vorgabe „Innovation blockieren, der Umwelt schaden und den Kunden große Unannehmlichkeiten bereiten“, heißt es in einer Aussendung von Jänner vergangenen Jahres. Schließlich müssten dann mit jedem Gerät „unnötige Kabel und Adapter“ mitgeliefert werden. Zudem würden bestehende Geräte obsolet werden und zu einer Unmenge an Elektroschrott führen.

Innovation „nicht behindern“

Und die EU-Kommission? Diese setzte, so Netzpolitik.org, von Anfang an auf Freiwilligkeit: Die Kommission wolle Innovation nicht behindern, indem sie Firmen genaue Vorschriften über Stecker macht, sagte ein Beamter, der seit Jahren an dem Thema arbeitet und anonym bleiben will, vergangenes Jahr gegenüber Netzpolitik.org.

Dabei wäre es für das EU-Parlament seit der Einführung der Funkgeräterichtlinie „2014/53/EU Radio Equipment Directive“ vor mehr als fünf Jahren ein Einfaches, die Vereinheitlichung der Ladegeräte gesetzlich vorzuschreiben.

Entschließungsantrag geplant

Die Funkgeräterichtlinie enthält zwar die Forderung zur Entwicklung eines einheitlichen Ladegeräts, doch der Ansatz, die Industrie freiwillig zur Entwicklung eines solchen zu ermuntern, „blieb hinter den Zielen des Gesetzgebers zurück“, wie nun auf der Website des EU-Parlaments zu lesen ist. Die freiwilligen Vereinbarungen zwischen den verschiedenen Akteuren der Branche hätten nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt.

Daher soll nach der Plendardebatte am Montag auf einer der nächsten Tagungen eine Entschließung zum Thema verabschiedet werden. „Die EU-Kommission soll dies (die Entwicklung eines einheitlichen Ladegeräts, Anm.) durch einen delegierten Rechtsakt umsetzen“, so zumindest steht es auf der Website des EU-Parlaments.

Lösung auf internationaler Ebene

Ähnlich sieht das Frederico Silva vom Europäische Verbraucherverband BEUC: „So traurig es ist, aber manchmal braucht es einfach verpflichtende Vorschreibungen, um eine wahre Veränderung erreichen zu können“, so Silva gegenüber dem EU-Observer.

Netzpolitik.org zitiert den britischen EU-Abgeordneten Dinesh Dhamija. Er erinnert daran, dass Ladegeräte für große Firmen wie Apple ein eigener Geschäftszweig seien. Daher müsse eine Lösung auf internationaler Ebene gefunden werden. Dhamija sprach von einer „gemeinsamen Lösung“ von großen Wirtschaftsräumen wie der EU und den USA, sonst gehe das „Katz-und-Maus-Spiel“ mit den Herstellern weiter.