Justizministerin Alma Zadic
ORF.at/Roland Winkler
Hass im Netz

Zadic will nicht klein beigeben

Nie zuvor ist ein Mitglied der Bundesregierung mit einer vergleichbaren Hetzkampagne konfrontiert gewesen, wie die neue Justizministerin Alma Zadic (Grüne). Sie steht unter Polizeischutz, der neue Koalitionspartner ÖVP und Bundeskanzler Sebastian Kurz verurteilten die Hetze gegen sie. Diese sei nach ihrer Nominierung „explodiert“, sagte Zadic am Samstag. Klein beigeben will sie nicht.

Zadic nahm am Samstag zu der Welle an Hass, mit der sie spätestens seit ihrer Nominierung konfrontiert ist, Stellung. Damit umzugehen sei „nicht einfach“, sagte die Neo-Ministerin in der Ö1-Reihe „Journal zu Gast“. Seit sie politisch aktiv sei und folglich in der Öffentlichkeit stehe, werde sie „von bestimmten Gruppen“, vor allem wegen ihres Migrationshintergrundes, beschimpft und beleidigt. Nun sei die Sache „explodiert“.

Stichwort Migrationshintergrund: Der sei für viele Zuwanderer in ihrem Fall auch ein „großes Zeichen“, dass jemand, der wie sie nicht in Österreich geboren ist, Ministerin oder Minister werden könne, egal woher sie oder er stamme und welche Sprache man ursprünglich spreche. Sie erfahre auch viel Unterstützung, sagte Zadic im „Journal“, wenngleich auf der anderen Seite es eine "unglaubliche Hetzkampagne einer kleinen Gruppe, die „besonders laut ist“, gebe. Zadic wurde in Bosnien geboren.

Wie viel muss man aushalten?

Wie viel man in der Politik aushalten müsse? Dass man kritisiert werde, müsse man aushalten, sagte die neue Justizministerin. Etwas anderes seien rassistische Beschimpfungen, die nicht nur sie sich nicht bieten lassen müsse, sondern die niemand in Österreich verdient habe. Sie sieht sich damit auf keinen Fall alleine – Audio dazu in oe1.ORF.at.

In den Sozialen Netzwerken, von wo aus ihr die Hasswelle seit Tagen entgegenschwappt, wolle sie auf jeden Fall weiter aktiv sein und nicht klein beigeben, wie Zadic sagte. Sie sei „nach wie vor“ dort aktiv und werde, wenn sie das Gefühl habe, sie müsse gegen etwas „aufstehen“, das auch weiterhin tun, so die neue Ministerin.

Von der Bundesregierung und vom Koalitionspartner fühle sie sich „absolut“ gestärkt, betonte Zadic. Sie wolle in ihrem Ressort auch „entsprechende Maßnahmen“ gegen Hasspostings setzen, welche genau, konnte sie noch nicht konkret sagen.

Rückendeckung durch Regierung und Bundespräsidenten

Zuletzt stellten sich die eigene Partei und der neue Koalitionspartner, aber auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen hinter Zadic. Bundeskanzler Kurz und Integrations- und Frauenministerin Susanne Raab (beide ÖVP) forderten am Donnerstag ein Ende der gegen sie gerichteten Hetzkampagne. Die Ministerin selbst steht mittlerweile unter Polizeischutz und wird laut Medienberichten von Cobra-Beamten rund um die Uhr bewacht.

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Justizminister a. D. Clemens Jabloner
APA/Herbert Neubauer
Zadic bei der Übergabe des Ministeriums durch ihren Vorgänger Clemens Jabloner

Kurz sieht „widerliches Phänomen“

Ihre Ministerkollegin Raab erklärte nun zuletzt in einer schriftlichen Stellungnahme, „dass Hass im Netz und im Speziellen Hass gegen Frauen, die in Österreich gut integriert sind und sich für ein harmonisches Zusammenleben einsetzen, absolut keinen Platz hat“. Zadic habe ihre vollste Unterstützung, sie verurteile die gegen sie gerichteten Hasstiraden zutiefst, so Raab.

Bundeskanzler Kurz schrieb via Twitter: „#HassimNetz ist ein widerliches Phänomen unserer Zeit. So etwas darf bei uns keinen Platz haben!“ Und weiter: „Wir werden konsequent gegen Hass im Netz vorgehen – egal ob von links, islamistisch oder rechts“, so Kurz, der Zadic und allen anderen Betroffenen seine „volle Unterstützung“ zusicherte. Bundespräsident Van der Bellen stärkte Zadic ebenfalls den Rücken. Wenn sie nicht für ihr Amt qualifiziert sei, dann frage er sich jedenfalls, „wer qualifiziert ist“.

„Eine gefährliche Form von Dummheit“

Gegen Beschimpfungen von Politikern gebe es kein Patentrezept. „Die Politik insgesamt ist gefragt, einheitlich dagegen aufzutreten“, sagte Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) am Rande einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien. Was mit seiner Parteikollegin Zadic passiere, „ist eine gefährliche Form von Dummheit, die eine kleine Minderheit in diesem Land praktiziert“. Es sei eine kleine, aber laute Gruppe. Es gelte klarzustellen, wo Österreich stehe, nämlich „ganz woanders“, im Rahmen von Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde, sagte Anschober.

Jede Form von Hass im Netz sei zu verurteilen, schrieb Nationalratspräsient Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Samstag auf Facebook, wo er sich über die Seite des Parlaments in einem Video gegen Hetze wandte. „Egal, ob er gegen Politiker oder einzelne Bürger gerichtet ist. Diskussionen mit harten Argumenten zu führen ist legitim, sie dürfen aber nie untergriffig sein oder eine Drohung darstellen. Ein respektvoller Umgang miteinander ist wichtig und darf auch im virtuellen Raum nicht verloren gehen“, so Sobotka.

Scharfe Kritik auch an „linker Hetze“ gegen Kurz

Integrationsministerin Raab wandte sich nicht nur gegen die Hetze gegen Zadic, sondern auch gegen Beflegelungen von Kurz. Wörtlich schrieb sie von „linker Hetze“. Den Bundeskanzler als „Baby-Hitler“ darzustellen sei ebenso „zu 100 Prozent zu verurteilen“. Kurz war vergangenes Wochenende so von der deutschen Seenotrettungsorganisation Lifeline genannt worden – in Anlehnung an einen „Titanic“-Artikel. Das deutsche Satiremagazin hatte im Herbst 2017 ein Bild mit Kurz samt Zielscheibe veröffentlicht und getitelt: „Endlich möglich: Baby-Hitler töten!“ Rechtliche Konsequenzen gab es für das Magazin nicht, die Ermittlungen wurden eingestellt.