Kapitol in Washington D.C.
Reuters/Joshua Roberts
Impeachment

Weg frei für Verfahren gegen Trump

Die US-Demokraten haben den Weg für die Eröffnung des Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Donald Trump freigemacht. Das von ihnen mehrheitlich kontrollierte Repräsentantenhaus stimmte am Mittwoch für die Übermittlung der Anklagepunkte an den Senat. Zudem stellte die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, ein siebenköpfiges Anklageteam vor.

Geleitet wird dieses von Trump-Widersacher Adam Schiff – er ist Vorsitzender des Geheimdienstausschusses. Die Anklage vertreten wird auch der Vorsitzende des Justizausschusses, Jerry Nadler. Schiff und Nadler hatten in den Ermittlungen des US-Repräsentantenhauses prominente Rollen gespielt. Weiters ernannt wurden Zoe Lofgren, Hakeem Jeffries, Sylvia Garcia, Val Demings und Jason Crow.

Das Verfahren ähnelt einem Gerichtsprozess. Der Senat entscheidet quasi als Gerichtsinstanz, ob Trump sein Amt aufgeben muss. Der Verfassungsrichter John Roberts leitet das Verfahren, er entscheidet es aber nicht. Das obliegt den 100 Senatoren und Senatorinnen.

Anklage an Senat übergeben

Nach der Übergabe der Anklage an den Senat – bei einer feierlichen Zeremonie brachten Vertreter des Repräsentantenhauses die Anklageschrift zum Oberhaus – wird mit einer ersten Sitzung am Donnerstag gerechnet. Dabei würden die Anklagevertreter der Kammer formell eingeladen werden, teilte der Kommunikationsdirektor des republikanischen Mehrheitsführers im Senat, Mitch McConnell, mit.

Nach Angaben von Senatsmitarbeitern wird gegen Mittag (Ortszeit) damit gerechnet, dass die Anklagevertreter des Repräsentantenhauses den Senatoren die Anklagepunkte präsentieren. Roberts und die Senatoren würden am Nachmittag (Ortszeit/20.00 Uhr MEZ) vereidigt.

Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und die sieben demokratischen Ankläger im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump
AP/Susan Walsh
Pelosi, flankiert von sieben Anklägern

Pelosi pocht auf Zulassung von Zeugen und Dokumenten

Pelosi bekräftigte bei der Pressekonferenz, beim Senatsprozess müssten Zeugen und relevante Dokumente zugelassen werden. Es gehe darum, „unsere Verfassung zu schützen und zu verteidigen und für die US-Bevölkerung nach der Wahrheit zu suchen“. In den vergangenen Monaten seien „neue Beweise“ bekanntgeworden. Erst zuletzt hatte Schiff Dokumente veröffentlicht, die die Vorwürfe gegen Trump erhärten sollen. Sie gehen auf den ukrainischstämmigen US-Bürger Lev Parnas zurück, der mit Trumps Anwalt Rudy Giuliani in der Ukraine-Affäre zusammengearbeitet haben soll.

Mehrköpfiges Verteidigerteam

US-Medienberichten zufolge dürften zu Trumps Verteidigerteam der Anwalt des Weißen Hauses, Pat Cipollone, und sein persönlicher Anwalt Jay Sekulow gehören. Für das Amtsenthebungsverfahren gegen den damaligen Präsidenten Bill Clinton waren 13 Ankläger benannt worden. Trump weist die Vorwürfe zurück und geißelt das Verfahren als parteipolitisch motivierte „Hexenjagd“. Die Ernennung der sieben Anklagevertreter kommentierte er via Twitter mit den Worten, es handle sich um einen neuen „Betrug“ der Demokraten.

Trump erwartet Entlastung von allen Vorwürfen

Nach Angaben des Weißen Hauses rechnet Trump mit einer vollständigen Entlastung von allen Vorwürfen. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Stephanie Grisham, teilte am Mittwoch mit, Trump erwarte, „dass er vollständig entlastet wird“. Er freue sich darauf, im Senat das Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren zu haben. Das sei ihm von den Demokraten im Repräsentantenhaus verwehrt worden. Grisham sprach von einem „illegitimen Amtsenthebungsverfahren“ und betonte: „Präsident Trump hat nichts falsch gemacht.“

Die Demokraten werfen Trump Amtsmissbrauch und eine Behinderung des Kongresses vor. Sie beschuldigen ihn, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski zu Ermittlungen gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden gedrängt zu haben, um die US-Präsidentschaftswahl im November 2020 zu beeinflussen. Sie sehen es als erwiesen an, dass von der Ankündigung solcher Ermittlungen ein Treffen mit Selenski im Weißen Haus und die Freigabe von Militärhilfe für Kiew abhängig gemacht worden sei.

Eine Amtsenthebung des Präsidenten gilt als ausgeschlossen, da seine Republikaner im Senat über die Mehrheit verfügen.

Anklagepunkte zurückgehalten

Das Repräsentantenhaus hatte die Vorermittlungen in dem Fall geführt. Das Abgeordnetenhaus hatte bereits vor vier Wochen die offizielle Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens beschlossen. Pelosi hielt die Anklagepunkte wegen Unstimmigkeiten zwischen den Republikanern und Demokraten über den genauen Verlauf des Verfahrens im Senat aber bisher zurück.

Die Demokraten fordern unter anderem, dass in der Kammer weitere Zeugen angehört werden sollen. Mit der Zurückhaltung der Anklagepunkte hatte Pelosi allerdings den Ärger der Republikaner auf sich gezogen. Diese weigern sich bisher, der Forderung nach Zeugenanhörungen nachzukommen.

Drittes Impeachment-Verfahren für US-Staatsoberhaupt

Trump ist neben Andrew Johnson und Bill Clinton erst der dritte US-Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten, der sich einem Amtsenthebungsverfahren im Senat stellen muss. Noch nie wurde ein US-Präsident in einem Impeachment-Verfahren am Ende des Amtes enthoben. Auch Richard Nixon blieb eine Amtsenthebung durch den Senat erspart – dieser trat im Zuge der Watergate-Affäre noch vor der Einleitung des in diesem Fall wohl erfolgreichen Impeachments als bisher einziger Präsident der USA zurück.