Die Generalstaatsanwältin der Amerikanischen Jungferninseln, Denise George, brachte am Montag eine Zivilklage gegen die Nachlassverwalter des 66-jährigen US-Millionärs ein. George verlangt Entschädigungen aus dem Epstein-Erbe für mutmaßlich von dem Millionär in dem US-Außenterritorium begangene Verbrechen in den Jahren 2001 bis 2018. Epstein besaß in dem Karibik-Gebiet zwei Privatinseln.
Die vor dem Tod Epsteins von der US-Justiz gegen ihn erhobene Anklage – Vergewaltigung und sexueller Missbrauch von Frauen und minderjährigen Mädchen in New York und Florida – hatte sich nur auf den Zeitraum 2002 bis 2005 bezogen. Damit weitet die aktuelle Klage die Dimension der Epstein vorgeworfenen Straftaten erheblich aus. Epstein selbst und seine Anwälte hatten die bis zum Tod des Beschuldigten eingebrachten Vorwürfe heftig bestritten. Epsteins Anwälte hatten zudem betont, dieser habe seit einer Verurteilung 2008 nicht mehr gegen Gesetze verstoßen.
Anklägerin: Dutzende Mädchen vergewaltigt
In der neuen Klage heißt es nun, der Millionär habe auf seiner Insel Little Saint James Dutzende minderjährige Mädchen vergewaltigt und gefangen gehalten. Es wird unter anderem der Fall einer 15-Jährigen beschrieben, die von Epstein missbraucht worden sei und anschließend vergeblich versucht habe, schwimmend von der Insel zu fliehen. Sie sei aufgegriffen und gefangen genommen worden.

„Umfassendes System des Menschenhandels“
Epstein habe auf den Amerikanischen Jungferninseln ein „umfassendes System des Menschenhandels und des sexuellen Missbrauchs junger Frauen“ betrieben, sagte George. Nach ihren Angaben wurden Mädchen im Alter zwischen elf und 17 Jahren mit dem Schiff, Hubschrauber und Flugzeug zu Epsteins Luxusanwesen Little Saint James auf den Jungferninseln gebracht. Epstein hatte laut George auch eine Datenbank angelegt, um die Verfügbarkeit und die Bewegungen von Frauen und Mädchen nachverfolgen zu können.
In der Klage fordert George die Beschlagnahmung von Epsteins zwei Anwesen – Little Saint James und Great Saint James – und die Auflösung zahlreicher Briefkastenfirmen auf den Jungferninseln. Diese sollen als Scheinfirmen fungiert haben, um Epsteins Menschenhandel abzuwickeln. Es ist laut „New York Times“ die erste Zivilklage einer Behörde gegen Epsteins Nachlassverwalter. Es sind aber bereits zahlreiche private Entschädigungsklagen von Opfern bei Gericht anhängig.
Drehscheibe für Menschenhandelsring
Die Regierung der Jungferninseln könnte dann das sichergestellte Vermögen verwenden, um Epsteins Opfer, die von den Jungferninseln stammen, zu entschädigen, so George. Die Anklägerin beruft sich bei ihren Vorwürfen auf eigene Ermittlungen und Dokumente aus Verfahren, die vor anderen Gerichten anhängig sind. Sie kommt in ihrer Klage zum Schluss, dass Epstein jahrzehntelang einen Menschenhandelsring zur Vermittlung Minderjähriger betrieb, wofür die Jungferninseln als zentrale Drehscheibe dienten.
Epstein hätte bei einer Verurteilung eine Haftstrafe von bis zu 45 Jahren gedroht. Eine Reihe von Frauen in den USA erheben Vorwürfe, wonach der Millionär sie auch als „Sexsklavinnen“ an Freunde und Bekannte weitervermittelt habe. Epstein unterhielt gute Kontakte zu zahlreichen Politikern und Prominenten, unter anderen zu US-Präsident Donald Trump und dem britischen Prinzen Andrew.
Im August hatte sich Epstein in einer Haftanstalt in New York erhängt. Gefängniswärter hatten in der Nacht seines Todes stundenlang seine Zelle nicht kontrolliert. Die Umstände seines Todes sind derzeit Gegenstand mehrerer Ermittlungsverfahren.